Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Noch ein Weckruf für Europa
Während draußen auf der Brienner Straße in München wie in jedem Jahr friedensbewegte Menschen gegen die Sicherheitskonferenz demonstrierten, waren auch die Besucher drinnen in höchster Sorge um den Weltfrieden – und zwar wegen der Aussagen von US-Vizepräsident Mike Pence zu Iran und den damit verbundenen Forderungen an Europa. Von russischer Seite kam fast zeitgleich die Klage, dass sich Europa in eine „sinnlose Rivalität“mit Moskau habe hineinziehen lassen. Und der iranische Vertreter in München rügte die Europäer einen Tag später wegen ihrer angeblich zu laxen Bemühungen um den Fortbestand des Atomabkommens.
Den Europäern wurde dabei klargemacht: Ihre Gemeinschaft, in der es bekanntlich nicht nur um wirtschaftliche Prosperität, sondern auch um gemeinsame Werte gehen sollte, wird von den verschiedensten Lagern unter Druck gesetzt und kann dem keine einheitliche Position entgegensetzen. Die Europäische Union verharrt außenpolitisch in einer Kleinstaaterei, die in Anbetracht der verqueren internationalen Konfliktlinien schon nahezu fahrlässig wirkt.
Der Krieg in Syrien ist zur Sache von Russland, Iran und der Türkei geworden. Vor der Not in vielen Ländern Afrikas, die junge Menschen Richtung Norden treibt, verschließen die meisten europäischen Länder einfach so lange die Augen, bis die Migranten an der EU-Außengrenze stehen. Die Dominanz Chinas auf dem Weltmarkt versucht Europa in Erinnerung an die Zeit eigener großer Erfindungen auszusitzen. Und dass US-Präsident Trump den Kontinent hinter dem großen Teich kaum noch wahrnimmt, wird als vorübergehende Störung der transatlantischen Beziehungen verklärt.
Die europäischen Länder müssen endlich aufwachen. Sie müssen endlich einsehen, dass nur ein geeintes Europa die Herausforderungen bewältigen kann, vor denen der Kontinent steht. Glückt dies nicht, droht Europa zerrieben zu werden in einer Welt der nationalen Egoismen, in der jeder nur bis zu seinem eigenen Tellerrand schaut.
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