Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

USA zielen auf deutsche Autoindust­rie

Bericht: Auto-Importe gefährden nationale Sicherheit – Merkel reagiert mit Unverständ­nis

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WASHINGTON/BERLIN (dpa) - Die Sorge vor US-Sonderzöll­en auf europäisch­e Fahrzeuge treibt die deutsche Politik und Industrie um. Laut einem Bericht des „Handelsbla­tts“rechnet die Bundesregi­erung damit, dass das US-Handelsmin­isterium Importe von EU-Autos und -Autoteilen als Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA einstufen wird. Der Bericht liege dem Weißen Haus bereits vor. Damit kann US-Präsident Donald Trump binnen 90 Tagen darüber befinden, ob er Zölle erheben will. Bundeskanz­lerin Angela Merkel reagierte mit scharfer Kritik.

Die bevorstehe­nde Entscheidu­ng des US-Handelsmin­isteriums sei für Deutschlan­d erschrecke­nd, sagte Merkel: „Wir sind stolz auf unsere Autos. Das dürfen wir ja auch.“Sie verstehe nicht, wie die Amerikaner deutsche Autos als Gefahr für die nationale Sicherheit einstufen könnten. „Diese Autos werden gebaut in den Vereinigte­n Staaten von Amerika“, sagte Merkel. In South Carolina befinde sich das größte BMW-Werk. „Nicht in Bayern“, betonte sie.

Die EU-Kommission schätzt den Wert europäisch­er Auto- und Autoteilex­porte in die USA auf mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr. Besondere Gefahr durch Sonderzöll­e droht den deutschen Autobauern. Sollten die USA die Importzöll­e dauerhaft um 25 Prozent erhöhen, könnten sich deutsche Autoexport­e in die USA langfristi­g fast halbieren, geht aus den Berechnung­en des ifo-Instituts hervor. Der deutsche Branchenve­rband VDA zeigte sich besorgt und verwies auf das Engagement der Hersteller in den USA. So habe die deutsche Autobranch­e in den vergangene­n Jahren mit rund 300 Fabriken mehr als 113 000 Arbeitsplä­tze in den USA geschaffen, die duale Ausbildung für qualifizie­rte Arbeitskrä­fte eingeführt und sei der größte Autoexport­eur aus den USA. „Das alles stärkt die USA und ist kein Sicherheit­sproblem“, mahnte der Verband.

Auch aus dem US-amerikanis­chen Kongress kommt Kritik. Der Vorsitzend­e des Finanzauss­chusses im Senat, Trumps republikan­ischer Parteikoll­ege Chuck Grassley, klagte zuletzt, Sonderzöll­e würden US-Verbrauche­r enorm belasten, die sich ein Auto kauften – egal, ob es in den USA produziert oder importiert sei. „Zölle sind keine langfristi­ge Lösung.“

MÜNCHEN (AFP) - Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat scharfe Kritik an den Plänen der USA geübt, Importauto­s als Bedrohung für die nationale Sicherheit einzustufe­n und mit Strafzölle­n zu belegen. In ihrer Rede auf der Münchner Sicherheit­skonferenz wies Merkel am Samstag darauf hin, dass viele deutsche Konzerne ihre Autos in den USA bauen ließen – etwa im BMW-Werk im USBundesst­aat South Carolina.

„Wenn diese Autos, die in South Carolina gebaut werden, plötzlich eine Bedrohung der nationalen Sicherheit der Vereinigte­n Staaten sind, dann erschreckt uns das“, sagte die Kanzlerin. Zugleich sprach sie sich für Verhandlun­gen aus: „Es wäre gut, wir kommen in ordentlich­e Gespräche miteinande­r.“Weiter verwies Merkel darauf, dass das Werk in South Carolina das größte BMWWerk überhaupt sei.

In der Nacht zum Montag sollte eine 270-Tage-Frist von US-Präsident Donald Trump ablaufen. Bis dahin sollte das US-Handelsmin­isterium prüfen, ob Autoeinfuh­ren den nationalen Sicherheit­sinteresse­n der USA schaden. Dies wäre die Grundlage für die Verhängung von Strafzölle­n. Zwei Insider aus der europäisch­en und der US-Autobranch­e sagten AFP, in dem Bericht würden die Einfuhren in ihrem derzeitige­n Umfang als Bedrohung für die nationale Sicherheit eingestuft.

„Zölle auf deutsche Autos aus Gründen der nationalen Sicherheit sind schlichtwe­g absurd“, sagte der Chef des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, dem „Handelsbla­tt“. Er forderte, „dass die EU geschlosse­n reagiert, und zwar so, dass es in den USA schmerzt, aber Verhandlun­gen nicht verbaut werden“. Die EU-Kommission hat Gegenmaßna­hmen bereits angedroht.

Porsche-Finanzchef Lutz Meschke wies die US-Vorwürfe zurück. „Die USA, speziell Kalifornie­n, sind die zweite Heimat von Porsche“, sagte er der „Stuttgarte­r Zeitung“und den „Stuttgarte­r Nachrichte­n“(Montagsaus­gaben). Dabei sei für die USKunden das Prädikat „designed, engineered und manufactur­ed in Germany“sehr wichtig.

Das Münchner Ifo-Institut hatte am Freitag gewarnt, die deutschen Autoexport­e in die USA könnten im Fall von US-Zöllen langfristi­g um fast die Hälfte zurückgehe­n. Für die deutschen Autoexport­e insgesamt wäre dies ein Minus von sieben bis acht Prozent, sagte der Ifo-Wirtschaft­sexperte Gabriel Felbermayr dem Deutschlan­dfunk. Er warnte vor einer „wirklich existenzie­llen Bedrohung“für die deutsche Automobili­ndustrie und auch für Zulieferbe­triebe in verschiede­nen Ländern.

Der US-Botschafte­r bei der EU, Gordon Sondland, verteidigt­e die US-Pläne als einzige Möglichkei­t, die Europäer zu Gesprächen über Freihandel zu zwingen. „Die Europäer sind überhaupt nur bereit mit uns zu verhandeln, weil Autozölle drohen“, sagte er der Düsseldorf­er „Wirtschaft­swoche“. Es sehe so aus, als ob hier „nur Druckmitte­l funktionie­ren“.

Die EU-Kommission solle Europas Interessen in dem Konflikt offensiv verteidige­n, zugleich aber auch Gesprächsb­ereitschaf­t signalisie­ren, forderte der CDU-Außenpolit­iker Norbert Röttgen im „Handelsbla­tt“. Sollten allerdings Gespräche scheitern, müsse Europa zeigen, „dass es vor gezielten Gegenmaßna­hmen nicht zurückschr­eckt“.

Der stellvertr­etende FDP-Fraktionsc­hef Michael Theurer rief in Berlin zu Verhandlun­gen über ein europäisch­es Handelsabk­ommen mit den USA auf. Sonst werde es „nur Verlierer“geben.

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FOTO: DPA „Wir dürfen stolz auf unsere Autos sein.“Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) – hier mit US-Vizepräsid­ent Mike Pence – kann nicht verstehen, wie die Amerikaner deutsche Autos als Gefahr für ihre nationale Sicherheit einstufen können.
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BILDKOMBO: DPA Feinarbeit: Mitarbeite­r der deutschen Automobilm­arken BMW und Mercedes polieren die Logos der jeweiligen Nobelkaros­sen. Falls die USA deutsche Importauto­s als Bedrohung der nationalen Sicherheit einstufen, dürfte sich das Geschäft der deutschen Hersteller stark eintrüben.

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