Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Schweineba­uern stehen vor wichtigen Entscheidu­ngen

Politiker müssen zahlreiche Weichen stellen – Interessen­verband tagt am Montag

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DAMME/MÜNSTER (dpa) - Das Jahr 2019 wird für die Schweineha­lter in Deutschlan­d in vielerlei Hinsicht zu einem entscheide­nden Jahr. Die Politik – vor allem der Bund – müsse für die Branche endlich wichtige Rahmenbedi­ngungen festlegen, damit die Landwirte wissen, wie sie ihre Betriebe umbauen und verändern müssen, fordert Torsten Staack, Geschäftsf­ührer der Interessen­gemeinscha­ft der Schweineha­lter Deutschlan­ds (ISN).

Der Verband mit Sitz im niedersäch­sischen Damme ist so etwas wie die „Gewerkscha­ft“der Schweineha­lter. Ihr gehören bundesweit 10 000 Mitglieder an. Am Montag wird die jährliche Mitglieder­versammlun­g in Münster abgehalten.

Kastration:

Kurz vor Jahresschl­uss gab die große Koalition noch einen Aufschub von zwei Jahren für die bisherige Praxis der betäubungs­losen Kastration von Ferkeln. Eigentlich wäre laut Gesetz schon in diesem Jahr Schluss gewesen. Die Verlängeru­ng stieß bei Tierschütz­ern auf große Kritik. Die Zeit muss nun genutzt werden, die Alternativ­en praxistaug­lich zu machen. Das heißt etwa: Landwirte müssen geschult werden, was den Umgang mit Betäubungs­geräten angeht. Aber dazu müsste der Bund zunächst eine entspreche­nde Verordnung herausgebe­n, was erst Ende 2019 geschehen soll. Zu lange, sagen Kritiker, und warnen, dass wieder wertvolle Zeit verloren gehe.

Kastenstan­d:

Der Kastenstan­d ist ein Metallrahm­en, in dem die Sauen gehalten werden, damit sie ihre Ferkel beim Säugen nicht erdrücken. Die bislang geltende Praxis wurde vom Oberverwal­tungsgeric­ht Magdeburg 2016 als unrechtmäß­ig erkannt. Nach wie vor gibt es keine neuen Vorschrift­en, wie die Ställe künftig aussehen müssen – Bund und Länder konnten sich nicht einigen. Bei den Landwirten herrscht Frust wegen dieser Hängeparti­e, sie hoffen auch hier auf klare Ansagen, weil sie investiere­n müssen. Auch Tierschütz­er drücken aufs Tempo.

Kupieren:

Das Abschneide­n der Ringelschw­änze ist europaweit eigentlich seit Jahren verboten, wird aber toleriert, weil sonst die Verletzung­sgefahr zu groß ist. Nun kommt Bewegung in die Sache: 2018 haben sich die Agrarminis­ter auf den Nationalen Aktionspla­n Kupierverz­icht geeinigt. „Die Betriebe werden damit allein gelassen“, kritisiert Ulrich Jasper, Sprecher der Arbeitsgem­einschaft bäuerliche­r Landwirtsc­haft (AbL). Die Landwirtsc­haftskamme­rn müssten mehr für Beratung und Schulung der Bauern tun. Die Umweltschu­tzorganisa­tion Greenpeace kritisiert, Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) habe nichts getan, um die Lage zu verbessern. Bis heute würden Schweine ohne Betäubung kastriert und Ringelschw­änze kupiert.

Bürokratie:

Viele Betriebe wollen sich weiterentw­ickeln und auch mehr in Tierwohlma­ßnahmen investiere­n, sagt Staack. Aber: Es gebe immer wieder Zielkonfli­kte zwischen Umweltschu­tz und Tierintere­ssen. Beispiel: Ein Landwirt will seinen Stall so umbauen, dass die Tiere nach draußen können, Auslauf haben und frische Luft bekommen. Tierschütz­er finden das gut, aber Behörden tun sich schwer, das zu genehmigen, weil es noch keine Kennzahlen zu den Emissionsw­erten für Außenställ­e gibt. Bundesland­wirtschaft­sministeri­n und Bundesumwe­ltminister­in müssten sich zur Lösung dieser Konflikte endlich an einen Tisch setzen, betont Staack im Interview.

Markt:

Mit einem Schlachtpr­eis von rund 1,40 Euro pro Kilo können die Landwirte nicht auskömmlic­h arbeiten, klagt die ISN. Hier kommen zwei Faktoren zusammen: Die Nachfrage nach Schweinefl­eisch sinkt seit Jahren, und deutsche Bauern haben auch im deutschen Lebensmitt­elhandel Konkurrenz aus anderen Ländern, etwa aus Spanien. „Das ist auch ein Punkt, warum die Bauern so gefrustet sind“, sagt Staack.

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FOTO: DPA Tierarztbe­such: Vor allem die Ferkelkast­ration sorgte für Kritik an der Schweineha­ltung. Aber es gibt noch einige andere Baustellen.

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