Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die Welt im Depot

Was wirklich im MSCI World Index steckt und was das für Anleger heißt

- Von Falk Zielke Aktienhänd­ler an der New York Stock Exchange: Auch wenn der Index MSCI World als Barometer der weltweiten Aktienmärk­te gilt sind vor allem US-Dividenden­titel drin.

BERLIN (dpa) - Dax, S&P 500, Nikkei – fast jedes Land hat eine Börse und damit auch einen eigenen Aktieninde­x. So ein Index ist so etwas wie ein Spiegel eines bestimmten Wirtschaft­sraums. Allerdings gibt es auch Indizes, die nicht nur ein Land oder eine Branche abbilden, sondern gleich mehrere Regionen umfassen, wie etwa der MSCI World Index. Aufgelegt wird dieser Index vom Finanzanbi­eter Morgan Stanley Capital Internatio­nal aus New York.

Aus Sicht vieler Experten ist eine Investitio­n in den MSCI World Index für Anleger eine gute Grundlage für ihr Depot. So rät zum Beispiel die Stiftung Warentest immer wieder dazu, einen ETF auf diesen Index als Basisinves­tment zu nehmen. Die Begründung: Der MSCI World bietet mit 1623 Unternehme­n ein gutes Spiegelbil­d der Wirtschaft von 23 entwickelt­en Industries­taaten.

„Der MSCI World hat sich als der mit Abstand wichtigste Referenzin­dex für die Entwicklun­g an den globalen Aktienmärk­ten durchgeset­zt“, erklärt Vermögensb­erater Michael Reuss. Schließlic­h decke er rund 85 Prozent der Marktkapit­alisierung in den 23 Ländern ab, erläutert der Geschäftsf­ührer von Huber, Reuss & Kollegen. „Insofern ist seine Bedeutung als Referenzin­dex durchaus gerechtfer­tigt.“

Doch der Name des Index verspricht eigentlich ein wenig zu viel. Denn wer glaubt, mit dem MSCI World sein Geld tatsächlic­h in der ganzen Welt anzulegen, der irrt. „Eigentlich sollte man meinen: Wo Welt drauf steht, steckt auch Welt drin“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW) in Düsseldorf. „Der Index ist aber eigentlich sehr US-lastig.“

In der Tat: Wer sich die Zusammense­tzung des Index genauer anschaut, stellt fest, dass der Anlageschw­erpunkt mit etwa 60 Prozent in den USA liegt. Auf dem zweiten Platz landet Japan mit einem Anteil von etwa neun Prozent. Es folgen Großbritan­nien mit fast sechs Prozent, Frankreich mit etwa vier Prozent sowie Kanada mit einem Anteil von rund drei Prozent. In den übrigen rund 17 Prozent verstecken sich auch deutsche Aktiengese­llschaften.

„Die ganze Welt hat man damit nicht im Depot“, sagt Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale BadenWürtt­emberg. Denn was in dem Index fehlt, sind Aktien von Unternehme­n aus Schwellenl­ändern. Asien, Lateinamer­ika, Afrika, – diese Gebiete deckt der Index nicht ab. Auch Firmen aus der aufstreben­den Wirtschaft­smacht China sind nicht vertreten. Auch bei der Auswahl der Firmen belegen USUnterneh­men die ersten Plätze: Apple, Microsoft, Amazon, Facebook, JP Morgan Chase, Bank of America oder Walmart, um nur einige zu nennen. „Das liegt daran, dass es in den angelsächs­ischen Ländern üblich ist, sich das zum Wachstum nötige Eigenkapit­al an der Börse zu beschaffen“, erklärt Uwe Eilers, Geschäftsf­ührer der FV Frankfurte­r Vermögen GmbH.

„Eigentlich könnten Sie auch einen Indexfonds auf den US-Index S&P 500 kaufen“, erläutert Dirk Ulbricht vom Institut für Finanzdien­stleistung­en (iff) in Hamburg. Die Unterschie­de zwischen beiden Indizes seien gar nicht so groß. „Die Wertentwic­klung der vergangene­n Jahre jedenfalls war sehr ähnlich.“

Als Basisinves­tment in Ordnung

Vor dem Kauf eines ETFs sollten sich Anleger deshalb immer die Frage stellen: Welche Schwerpunk­te will ich setzen? „Als Basisinves­tment ist ein ETF auf den MSCI World durchaus denkbar“, sagt Verbrauche­rschützer Nauhauser. „Wenn Sie aber wirklich alle Regionen der Welt in einem Fonds haben wollen, müssen Sie zum Beispiel einen ETF auf den MSCI All Country Index kaufen.“

Dieser Index enthält knapp 2500 Aktiengese­llschaften aus fast 50 Ländern – von Australien über Brasilien, China, Japan, die Schweiz, die Vereinigte­n Staaten bis hin zu den Vereinigte­n Arabischen Emiraten. Doch auch hier sind die größten Posten derzeit US-Konzerne wie Apple, Microsoft, Amazon und die GoogleMutt­er Alphabet.

Für Jürgen Kurz ist ein ETF auf den MSCI World immer nur ein Baustein. „Für den Einstieg ist das sicher gut geeignet“, sagt der Aktienexpe­rte. Sinnvoll sei es aber, ein solches Investment zu ergänzen, etwa mit einem ETF, der Schwellenl­änder abbildet. Klar ist aus seiner Sicht: „Wenn Sie in den MSCI World investiere­n, brauchen Sie nicht noch zusätzlich einen ETF auf den S&P 500 zu kaufen.“

Für Dirk Ulbricht reicht sogar ein Investment in den Deutschen Aktieninde­x Dax. „Der Index umfasst zwar nur 30 Titel“, sagt der Volkswirts­chaftler. Allerdings seien die meisten darin enthaltene­n Unternehme­n weltweit tätig. „Wo macht denn zum Beispiel Volkswagen sein größtes Geschäft?“, fragt Ulbricht, um die Antwort gleich hinterherz­uschieben: „In China.“

Wer den Einstieg in den Aktienmark­t wagt, sollte in jedem Fall Zeit mitbringen. Denn je länger der Anlagehori­zont ist, desto geringer ist die Gefahr von Verlusten. Das zeigen auch Berechnung­en der Stiftung Warentest: Der MSCI World gewann zwischen 1969 und 2017 im Schnitt 7,7 Prozent pro Jahr. Wer innerhalb dieser Zeit 20 Jahre dabei blieb, machte selbst im schlechtes­ten Fall noch 3,3 Prozent Plus pro Jahr. Mit Zinsanlage­n war so eine Rendite nicht möglich.

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FOTO: AFP

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