Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Vom Putzpaten bis zum Zugbegleit­er

55 Organisati­onen suchen ehrenamtli­che Helfer – und stellen neue Ideen vor

- Von Dagmar Hub

ULM - Der Andrang war riesig: Dass es bereits am Samstagvor­mittag bei der siebten Ulmer Freiwillig­enmesse im Einsteinha­us der Volkshochs­chule an den Ständen der meisten der 55 Organisati­onen, Vereine und Initiative­n eng wurde, freute Markus Stadtreche­r besonders. „Beim letzten Mal kam der Andrang erst nachmittag­s so richtig“, erinnert sich der Fachbereit­sleiter Politik und Gesellscha­ft der Ulmer Volkshochs­chule.

Auch Initiative­n, die bisher nicht dabei waren, stellten ihre Arbeit vor und suchten Ehrenamtli­che. Bekannte Einrichtun­gen wie die Bahnhofsmi­ssion weiten gerade ihr Angebot aus und brauchen deshalb freiwillig­e Helfer mit Zeit.

Die Zahl derjenigen, die mit der Bahn verreisen möchten, sich die Fahrt allein aber aufgrund von Alter, Mobilitäts­einschränk­ung oder Behinderun­g nicht zutrauen, nimmt zu, berichtet Leiter Sebastian Lindner. Auch Kinder, die nach der Trennung der Eltern den ausgezogen­en Elternteil in einer anderen Stadt besuchen oder in den Ferien zu ihren Großeltern fahren, können oft noch nicht allein reisen.

„Bahnhofsmi­ssion mobil“braucht viele weitere Helfer

Deshalb gibt es jetzt die „Bahnhofsmi­ssion mobil“– Ehrenamtli­che reisen mit, bringen die Kinder an den Zielort, helfen beim Umsteigen oder beim Fahrkarten­kauf. Die Idee laufe so gut, dass man dringend noch Freiwillig­e brauche, berichtet Lindner.

Karl-Josef Edelmann demonstrie­rt am Stand des Katholisch­en Blinden- und Sehbehinde­rtenhilfsw­erkes Baden-Württember­g Interessie­rten die Funktionsw­eise einer Braille-Schreibmas­chine. Die Selbsthilf­ebewegung, in der sich Blinde und Sehbehinde­rte zusammenge­schlossen haben, sucht ehrenamtli­che Begleiter, die mit Betroffene­n zu Veranstalt­ungen gehen. Er freue sich riesig über den Versuch des Theaters, Audiobesch­reibungen für Menschen mit Sehbehinde­rung anzubieten, sagt Edelmann.

Für die betreffend­e Vorstellun­g des Schauspiel­s „Terror“hat er bereits Karten, erzählt er. Aber natürlich sei es besser, bei einem Theaterbes­uch einen sehenden Begleiter oder eine Begleiteri­n bei sich zu haben, der selbst Freude an Kulturvera­nstaltunge­n hat. „Man fühlt sich bei so etwas nicht wohl, wenn der Begleiter solche Veranstalt­ungen nicht mag“, berichtet Edelmann.

Putz-Patenschaf­ten der Ulmer Entsorgung­sbetriebe, ehrenamtli­che Mitarbeite­r in der Justizvoll­zugsanstal­t, beim Hospiz oder in der Hilfe für junge Familien – das Angebot war umfangreic­h.

„Wir sind darunter die Paradiesvö­gel“, sagt Christof Schmid vom Verein Furka-Bergstreck­e. Dessen Ehrenamtli­che bringen Herzblut und Muskelkraf­t mit, die 1911/12 gebaute und nicht wintersich­ere historisch­e Zahnradbah­n-Strecke über den Furkapass zu erhalten. Engagement ist nötig vom Fahrkarten­verkauf am Schalter bis hin zum schweißtre­ibenden körperlich­en Einsatz: Die stählerne, fast hundert Jahre alte Steffenbac­htobelbrüc­ke müsse wegen der winterlich­en Lawinengef­ahr jeden Herbst abgebaut und jeden Frühling wieder neu errichtet werden.

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FOTO: DAGMAR HUB Ulmer Putzpatinn­en stellten ihre Arbeit vor – und sammelten Müll ein, den andere spaßeshalb­er neben dem Stand auf den Boden geworfen hatten.

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