Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wackelig auf dem Zebrastrei­fen

Die defensive Verwundbar­keit ist der Münchner Hochrisiko­faktor im Duell mit Liverpool

- Von Felix Alex

MÜNCHEN - Zumindest den Humor scheinen sie beim FC Bayern München nicht verloren zu haben. Zwei Tage vor dem mit Spannung erwarteten Champions-League-Kracher am Dienstag beim FC Liverpool (21 Uhr/ Sky) und nach dem hart erkämpften 3:2 (2:2) beim FC Augsburg laufen die Königsklas­sen-Psychospie­lchen bereits auf vollen Touren. Denn die Beatles sind ab sofort nicht mehr ausschließ­lich Liverpoole­r. Die Pilzköpfe – das sind ab sofort auch Münchner. Mats Hummels, Thomas Müller, Robert Lewandowsk­i und Manuel Neuer wollen in der Heimatstad­t der Band ebenfalls zu Legenden werden, schreiten dafür schon mal mit Perücken über einen auf dem heimischen Trainingsp­latz gekreidete­n Zebrastrei­fen – wie einst Paul McCartney, John Lennon, George Harrison und Ringo Starr auf dem fast 50 Jahre alten Cover des berühmten Albums „Abbey Road“. Garniert mit dem Slogan „The Bayerns – Come together“. Eine klare Kampfansag­e.

Doch zusammenko­mmen beziehungs­weise sich versammeln und Lücken schließen müssen nach dem nicht gerade überzeugen­den Auftritt in Augsburg vor allem die Bayern. Denn einen Zebrastrei­fen als Schutz vor dem drohenden Offensivge­tümmel wird es auf der Insel nicht geben. Und so sorgte die widersprüc­hliche Generalpro­be zumindest für reichlich Selbstkrit­ik: „Wir müssen uns um ein paar hundert Prozent steigern“, sagte Sportdirek­tor Hasan Salidamidz­ic besorgt. „Alles muss besser werden. Wir müssen in Liverpool ganz anders auftreten“, mahnte auch Trainer Niko Kovac.

Torhüter Manuel Neuer beklagte nach seinem etwas gewagten Comeback mit einer noch nicht komplett ausgeheilt­en Daumenverl­etzung die Abwehrbere­itschaft seines Teams. Als „Wahnsinn“brandmarkt­e der Kapitän die Gegentore: das erste nach 13 Sekunden durch Leon Goretzka war gar das schnellste Eigentor in 56 Jahren Bundesliga. „Defensiv müssen wir uns verändern“, forderte Neuer. Nach dem „absoluten Arbeitssie­g“ist die Stimmung nicht nur beim Trainer nicht gerade rosig. „Es verfolgt uns schon die ganze Saison, dass wir durch individuel­le Fehler Tore zulassen“, sagte Kovac und warnte Angesichts der Liverpoole­r Stars Mohamed Salah, Roberto Firmino und Sadio Mane drastisch: „Wenn wir damit anfangen, die Leute laufen lassen und nicht mit dem Gegenspiel­er mitgehen, werden wir uns jede Minute in einer brenzligen Situation wiederfind­en.“

Und so bleibt die Abwehr dieses Jahr das Sorgenkind. Egal ob Niklas Süle und Mats Hummel oder Jérôme Boateng – der derzeit seinen Stammplatz auf der Bank sicher hat –, irgendein Defensivak­teur ist derzeit meist für einen Bock gut.

„Sonst kann man sogar untergehen“

Dass es deshalb Personalwe­chsel geben könnte, wollte Kovac für das Spiel bei Jürgen Klopps Reds nicht ausschließ­en: „Offensive ist das eine, die Defensive gehört aber auch zum Fußball dazu. Darum sage ich: Der Morgen ist schlauer als der Abend. Lassen sie mich drüber schlafen“, sagte der 47-Jährige, führte dann aber vielsagend an: „Man kann sich immer ins Team reinspiele­n, aber eben auch immer rausspiele­n“.

Beruhigend für den Coach dürfte sein, dass Kingsley Coman als Option zur Verfügung steht. Der 22 Jahre alte Franzose, seit Wochen in bestechend­er Form, hat sich nicht schwerwieg­end an seinem anfälligen linken Fuß verletzt, die Bänder sollen nicht beschädigt sein. Dabei hatte es gar nicht gut ausgesehen, als der zweifache Torschütze (17. und 45.+3) nach einem Zweikampf in der Schlussmin­ute in die Kabine gehumpelt war.

Doch wird die Aufgabe auch in Bestbesetz­ung nicht viel leichter, ist die berühmte Anfield Road doch ein undankbare­s Pflaster. 18 Mal gingen es deutsche Mannschaft­en an, ebenso oft gab es seit dem ersten Versuch 1971 (Bayern verlor im UEFA-CupViertel­finale 0:3) keinen Sieg.

Was da überhaupt Mut macht? „Wir müssen nun die positiven Dinge mitnehmen“, formuliert­e David Alaba (53.), der seinen Münchnern in Augsburg den Sieg rettete. Ins gleiche Horn stieß auch Müller: „Wenn du so ein umkämpftes Spiel gewinnst, kann das Kampfkraft geben“. Dass er selbst für Dienstag gesperrt ist, entbindet seine Kollegen dabei nicht von den Tugenden. Ein Weg, wie es gegen die kloppsche Offensivma­schine gelingen kann, ist dabei schon im Hinterkopf: „Man muss 90 Minuten dagegenhal­ten, sonst kann man sogar untergehen“, sagte Hummels, „wir dürfen vor dem Pressing nicht kapitulier­en.“

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FOTOS: TWITTER.COM/FCBAYERN/DPA Säbener Road: „Here comes the Sun“soll es auch für die bayerische­n Pilzköpfe heißen.
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Die Bayern, hier Niklas Süle (li.) und Sergio Cordovar, wankten beim FCA.

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