Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Suppinger Bluttat vor Gericht
Staatsanwaltschaft erhebt Anklage. Was sie dem Mann der Getöteten vorwirft.
SUPPINGEN - Die Staatsanwaltschaft hat die Karten auf den Tisch gelegt und Anklage erhoben gegen einen 40-Jährigen, der im vergangenen Herbst seine Noch-Ehefrau im Laichinger Teilort Suppingen ermordet haben soll – auf heimtückische Art und Weise. Der Verdächtige, der in Untersuchungshaft sitzt, ist der Vater der drei gemeinsamen Kinder (wir
berichteten mehrfach). Er bestreitet die Vorwürfe. Die Indizien gegen ihn wiegen allerdings schwer.
Eiskalt soll der 40-Jährige die Tat geplant und umgesetzt haben. Die Ulmer Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass eine 30-jährige Mutter Anfang November in ihrem Haus in Suppingen weder im Affekt in einem Streit oder bei einem Unfall ums Leben kam. Sondern brutal und gezielt von ihrem damaligen Noch-Ehemann getötet worden ist. Er soll sie in die Falle gelockt haben. Dafür sprechen laut Staatsanwaltschaft mehrere Indizien. Am Montag teilte Oberstaatsanwalt Michael Bischofberger mit, dass dem Mann deshalb vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Ulm der Prozess gemacht werden soll.
Nicht zur Arbeit erschienen
Gefunden wurde die 30-Jährige von ihrem Vater, am frühen Morgen des 3. Novembers, einem Samstag. Weil sie nicht zur Arbeit erschienen war. Da war sie schon tot. Von einem möglichen Täter keine Spur. Die Ermittlungen liefen an und einen Tag nach der Tat wurde der 40-jährige Ehemann der Frau in Heroldstatt festgenommen. Das Paar, das drei gemeinsame Kinder hat, lebte getrennt.
Warum bringt ein Vater die Mutter seiner eigenen Kinder um?
Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass der Mann seine ihm Angetraute tötete, weil er sie „bestrafen“wollte. Weil sie sich von ihm habe trennen wollen. Wenige Wochen vor der Tat habe die Frau laut Staatsanwaltschaft die Scheidung eingereicht.
Die Beweislage zeichnet ein Bild, wonach dies der Mann nicht verkraftet habe, er habe darunter „ersichtlich gelitten“, so die Staatsanwaltschaft. Der Mann habe versucht, sich deshalb das Leben zu nehmen. Ein Suizidversuch, so die Staatsanwaltschaft, stehe „im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang“mit dem durch die Ehefrau eingereichten Scheidungsantrag.
In der Folge sollte der Mann offenbar stabilisiert werden. „Zu seinem eigenen Schutz“wurde er in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgenommen. Doch bereits nach einem Tag flüchtete er aus der Klinik. Wobei er sich an beiden Beinen verletzte, was auch der Grund für die Einschränkung seiner Mobilität gewesen sei, auch noch zur Tatzeit habe er dieses Handicap gehabt. Zwischenzeitlich hatte die Polizei deshalb um Hinweise nach einem Mann gebeten, der mit einem Rollstuhl unterwegs war.
Tatwaffe im Haus versteckt
Wann genau der Gedanke gereift sei, seine Frau umzubringen, kann die Staatsanwaltschaft nicht sagen. Der Mann bestreitet die Tat. Doch die Hinweise, die darauf deuten, dass er der Täter war, sind groß. So fand die Polizei die mutmaßliche Tatwaffe, ein Messer. Dieses sei am Tatort, im Haus der Frau in Suppingen, versteckt worden. Darauf fanden die Ermittler nicht nur das Blut der Getöteten, sondern auch DNA: des Ehemannes.
Schaurig liest sich die Rekonstruktion des Tathergangs. So soll der Mann auf seine Frau bei ihr zuhause gewartet haben. Als sie am Abend nachhause kam, war ihr ehemaliger Partner schon da – er soll zuvor durch ein Kellerfenster eingestiegen sein und solange in dem Haus gewartet haben, bis auch die 30-Jährige die Türe hinter sich schloss. Das war ihr Todesurteil.
Denn um auf „Nummer sicher“zu gehen, soll der Mann den in der Haustüre steckenden Schlüssel abgebrochen haben. Damit sein Opfer nicht flüchten kann. Schließlich soll er sich ihr „von hinten“genähert und sie „mit mehreren Messerstichen in den Oberkörper“getötet haben. Die Frau, so die Staatsanwaltschaft, habe sich „in einem Zustand der Arg- und Wehrlosigkeit“befunden.
Frau war arglos
Zwar stieß der Mann laut Staatsanwaltschaft bereits im Vorfeld Morddrohungen gegen seine Frau aus. Man könnte also meinen, sie hätte gewarnt sein können (außerdem durfte er sich ihr zeitweise nicht nähern). Dennoch bewertet die Staatsanwaltschaft das Verhalten des Mannes als „heimtückisch“, da sein Opfer zum Zeitpunkt der Tat mit keinem Angriff auf ihr Leben rechnete und aufgrund dieser Arglosigkeit wehrlos war. Ob daneben auch das Mordmerkmal des „Handelns aus niedrigen Beweggründen“gegeben ist, bleibe einer weiteren Aufklärung in der Hauptverhandlung vor Gericht vorbehalten.
Zunächst muss das Landgericht die Anklage noch zulassen. Dies dürfte eine Formsache sein. Einen Termin für den Prozess gibt es noch nicht. Dieser dürfte aber gewisse Zeit in Anspruch nehmen (vorausgesetzt, der Angeklagte bestreitet die Tat weiterhin, egal ob schuldig oder nicht). Umfangreich seien die Ermittlungen gewesen, so Oberstaatsanwalt Michael Bischofberger; viele Zeugen wurden befragt, Untersuchungen angestellt. Erstellt wurde zum Beispiel ein GPSBewegungsprofil des Verdächtigen, im Einsatz war auch ein Hubschrauber. Auch der Laichinger Marktplatz wurde nach Beweismitteln von der Polizei durchkämmt.
Die Betroffenheit über den mutmaßlichen Mord war groß und dürfte es noch immer sein. Wo sich die Kinder des ehemaligen Paars befinden, will und kann die Staatsanwaltschaft nicht mitteilen. Zeitweise befanden sie sich in Obhut bei den Großeltern mütterlicherseits. Wird ihr Vater im Sinne der Anklage schuldig gesprochen, muss er lebenslänglich hinter Gitter.