Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Sorgen um die Kinder radikaler Rückkehrer
In Deutschland wächst die Sorge, dass sich Kinder von deutschen Anhängern der Terrormiliz „Islamischer Staat“zu
entwickeln könnten. Allmählich kommen die IS-Anhänger wieder nach Deutschland – und mit ihnen ihr Nachwuchs.
Nach Angaben des Bundeskriminalamts sind 1050 deutsche Islamisten nach Syrien oder in den Irak gereist – mehr als 200 von ihnen waren Frauen. Die Zahl der rückkehrwilligen Deutschen in der Region liegt der Behörde zufolge im hohen zweistelligen
Bereich. Mehr als die Hälfte der Betroffenen, die sich großteils in Gefangenschaft befinden, sind demnach Frauen. Bei ihnen befinde sich eine niedrige dreistellige Zahl Minderjähriger, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen – „wobei der Großteil im Baby- beziehungsweise Kleinkindalter sein dürfte“.
Dass eine Mutter beim IS war, reicht nicht, um ihr ein Kind wegzunehmen – und auch nicht für einen Haftbefehl, erklärt Claudia Dantschke, Leiterin der Beratungsstelle für Deradikalisierung Hayat. Man müsse den Rückkehrern eine sogenannte Unterstützungsleistung nachweisen, um einen Haftbefehl zu erlassen. Und
damit das Jugendamt einen Fall prüft, muss es einen aktuellen Hinweis auf Kindeswohlgefährdung geben. Hayat kümmert sich nach eigenen Angaben um die Herkunftsfamilien von rund 40 Erwachsenen mit knapp 50 Kindern, die noch in Syrien und dem Irak sind. Viele dieser Familien betreut die Beratungsstelle laut Dantschke, seit ihre Kinder ausgereist sind. „Wir betreuen noch nicht viele, die zurückgekehrt sind. Die Zahl liegt im einstelligen Bereich“, sagt die Expertin. Viele seien noch in syrischen Gefangenenlagern oder in den letzten Restgebieten des IS. Aber nach und nach kommen sie zurück nach Deutschland.
Viele erwachsene Rückkehrer sind nach Ansicht des Islamwissenschaftlers Michael Kiefer von der Universität Osnabrück schon von der Ideologie „geheilt“. Ein Teil glaube aber noch an ein IS-Kalifat, und das seien die eigentlichen Problemfälle. Beratungsgespräche zu führen, sei häufig aussichtslos. Gleichzeitig könne davon ausgegangen werden, dass sich die Radikalität von Menschen ab einem Alter von 30 Jahren abschwäche, so Kiefer. (KNA)