Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Angeklagte­s Dealer-Trio legt Teilgestän­dnis ab

Drei Männer gestehen, Drogen nach Erbach gebracht zu haben – und äußern unterschie­dliche Beweggründ­e

- Von Sven Koukal

ULM - Lange schien es, als ob sich der seit drei Monaten andauernde Prozess gegen das angeklagte DealerTrio aus Erbach im Kreis dreht – am Montag dann legten die drei zwischen 35 und 37 Jahre alten Männer nach etlichen Verhandlun­gstagen jeweils ein Teilgestän­dnis ab. Ihnen wird zur Last gelegt, mehrere Kurierfahr­ten ins Ausland gemacht zu haben, um kiloweise Marihuana zu kaufen und zurück nach Erbach zu schmuggeln (wir berichtete­n). Unter anderem soll es etwa Ende November 2017 allein in einer Fahrt um rund 30 Kilogramm gegangen sein, so die Anklage der Staatsanwa­ltschaft. Zwei Fälle räumten die Angeklagte­n ein – ihre Biografien erzählen drei unterschie­dliche Motivation­en, sich in das illegale Geschäft zu begeben.

Lange Suchtkarri­ere

Angefangen beim mutmaßlich­en Organisato­r der Fahrten, der auf eine lange Suchtkarri­ere zurückblic­kt und sich durch den Verdienst aus den Schmuggelf­ahrten eine regelmäßig­e Einkommens­quelle aufgebaut hatte. Schon bevor er mit 17 Jahren nach Deutschlan­d kam, habe er Kontakt mit Drogen gehabt, selbst „ein bis zwei Mal im Monat gekifft“. Später, während des Feierns in Erbach und der Region, seien, so trug es seine Verteidige­rin Ricarda Lang in der verlesenen Erklärung vor, Ecstasy und Kokain, später auch Heroin hinzugekom­men.

Angeklagte­r ist drogenabhä­ngig

Zwar habe er nach einer erfolgreic­hen Therapie fünf Jahre drogenfrei gelebt, sei ab 2011 aber wieder in alte Muster verfallen. Ein Cocktail aus je ein bis zwei Gramm Kokain und Heroin pro Tag plus diverse Schmerzmit­tel habe dazu geführt, dass ihn seine Frau vor die Tür setzte. Sie habe es nicht ertragen können, wenn er „total breit auf dem Sofa liegt“und die beiden Töchter alles mitansehen mussten.

„Im Jahr vor der Verhaftung herrschte bei ihm Ausnahmezu­stand. Er konnte sich nicht mehr erinnern, was er überhaupt gemacht hat“, erklärte Lang. Mehrere Versuche zu entziehen scheiterte­n oder verschafft­en ihm nur kurze nüchterne Phasen. „Das sitzt im Gehirn, das geht nicht raus“, begründete der Angeklagte gegenüber Richter Wolfgang Fischer. Während der Angeklagte in den vergangene­n Verhandlun­gstagen lachte, immer wieder ins Publikum schaute, wirkte er am Montag apathisch, stützte über weite Strecken der Verhandlun­g seinen Kopf in die Hände.

Finanziell­e Schwierigk­eiten

Noch mehr mitgenomme­n erschien der zweite Angeklagte auf der Anklageban­k. Er saß an jenem Tag – als das Trio aufflog und mit rund 20 Kilogramm versteckte­m Gras aus Tschechien einreiste – am Steuer des Schmuggela­utos. Als er selbst mit leiser und kratziger Stimme seinen Lebenslauf schilderte, brach er mehrfach in Tränen aus, nahm seine Brille ab und schüttelte den Kopf. Sein Vater habe eine starke Autorität und viel Wert auf Ausbildung gelegt, denn die Familie, so beschrieb der Angeklagte es in seiner Erklärung, sei „nicht reich“gewesen. Sowohl im Finanzwese­n als auch in BWL habe der Angeklagte deshalb einen Universitä­tsabschlus­s.

Weil ihm seine Abschlüsse in seiner Heimat aber nicht den erhofften Verdienst bescherten, zog er mit seiner Frau in die Türkei und machte sich als Touristenf­ührer für russische Gäste verdient. Das angesparte Geld investiert­e er Zuhause in ein Stück Land, auf dem er ein kleines MandelFeld bestellte. Doch der Verkauf der Erträge sicherte nicht die Existenz, so dass er saisonweis­e weiterhin in der Türkei und auf Kreta Touristen durch das Land führte. Seine zweite mittlerwei­le zweijährig­e Tochter hab er nur ein Jahr lang gesehen, sein vier Monate altes Baby noch gar nicht. Wie es zum verhängnis­vollen Engagement als Kurierfahr­er kam, wurde in seinen Schilderun­gen nicht thematisie­rt. Er selbst, ließ er über seinen Verteidige­r ausrichten, habe „keine genaue Kenntnis über die Hintergrün­de der Fahrten“.

Dieselbe Aussage machte auch der dritte Angeklagte. Er sei „nur Kurier“gewesen. Auch er habe ein abgeschlos­senes Studium und sei 2007 ins Restaurant seiner Eltern eingestieg­en, habe dort als Manager und auch Einkäufer gearbeitet. Seine Frau lebe mit den beiden Kindern in der Heimat – er sitzt wie die beiden anderen Angeklagte­n seit März 2018 in Untersuchu­ngshaft und gesteht, in zwei Fällen involviert gewesen zu sein.

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