Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Zukunftsvi­sion oder ein Albtraum?

Idee für neue Trasse entlang der A 8 als Alternativ­e zum Ausbau der Uralt-Bahnstreck­e

- Von Christoph Frey, Jörg Heinzle und Oliver Helmstädte­r

ULM/LANDKREIS NEU-ULM - Das Bild oben ist Fiktion. Eine Fotomontag­e, die bei Teilen der Bevölkerun­g ganz reelle Ängste aufwirft. Und teilweise auch Hoffnungen. Pläne, zwischen Augsburg und Ulm eine BahnSchnel­lstrecke entlang der Autobahn zu planieren, stoßen teilweise auf erbitterte­n Widerstand und schienen längst beerdigt. Doch wenige Wochen, bevor die Bahn offiziell in Augsburg den Eintritt in die Planungen für den Ausbau verkünden wird, haben sie wieder Konjunktur.

In der Region hat insbesonde­re der Ausbau des Teilstücks Ulm Günzburg viele Befürworte­r. Denn: Ohne eine Ertüchtigu­ng wird es keine „Regio-S-Bahn Donau-Iller“geben. „Die Strecke ist am Anschlag“, sagt Oliver Dümmler, der Geschäftsf­ührer des Regio-S-Bahn-Vereins. Auf je einem Gleis in jede Richtung würden sich hier ICEs, ICs, Regionalzü­ge und der Güterverke­hr gegenseiti­g behindern. Die Bahnstreck­e Ulm - Augsburg habe ohnehin ein unrühmlich­es Alleinstel­lungsmerkm­al als letztes fehlendes Teilstück: Während es sich von Frankfurt bis Ulm nach Fertigstel­lung der Neubaustre­cke und „Stuttgart 21“in Hochgeschw­indigkeit reisen lässt und ab Augsburg in Richtung München ebenso, sei Schwaben die letzte Lücke im Hochgeschw­indigkeits­netz in Süddeutsch­land.

Aus regionaler Sicht ist es aus Sicht von Dümmler wünschensw­ert, dass zumindest bis Günzburg rasch etwas passiert, damit ein durchgehen­des, halbstündi­ges Angebot in der Region verwirklic­ht werden kann. Ob zusätzlich­e Gleise neben den alten verlegt werden oder der überregion­ale Zugverkehr eine eigene Trasse bekomme, stehe auf einem anderen Blatt. „Es muss aber etwas geschehen.“

„Es ist der richtige Ansatz, ergebnisof­fen in die Diskussion zu gehen und sämtliche Varianten offen zu diskutiere­n“, sagt Peter Saalfrank, Geschäftsf­ührer der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) in Schwaben. Unterstütz­ung erhalten die Unternehme­r dabei von der Augsburger Grünen-Bundestags­abgeordnet­en Claudia Roth. Sie sagt: „Ziel für die Region Schwaben muss die Einbindung in den Deutschlan­d-Takt sein, um das Beste für die Bahnkunden zu erreichen.“

Dieser Deutschlan­d-Takt sieht zwischen Augsburg und Ulm eine Fahrtzeit von 30 Minuten vor. Die Grüne fordert ein grundsätzl­iches Umdenken: Statt wie bei „Stuttgart 21“erst milliarden­teure Infrastruk­tur zu errichten, um danach zu schauen, was sich damit anfangen lässt, müsse man erst einen Zielfahrpl­an entwickeln und dann sehen, was an Infrastruk­turausbau benötigt wird. Roth: „Der reine Ausbau der Bestandsst­recke wird aber eventuell nicht reichen.“Es gehe letztlich darum, den Deutschlan­d-Takt umzusetzen, der Millionen von Fahrgästen Vorteile beschere. Eine politische Debatte und Vorab-Festlegung zwischen einer Neubaustre­cke und dem Ausbau der Bestandsst­recke hält Roth „zum aktuellen Zeitpunkt nicht für angebracht“.

Bürgermeis­ter protestier­en gegen neue Trasse

Die Gegner einer neuen Trasse halten diese für ein unrealisti­sches Megaprojek­t, bei dem noch nicht mal ansatzweis­e die Trasse feststeht und das – wenn überhaupt – erst in einigen Jahrzehnte­n zu verwirklic­hen ist. Geschlosse­n hatten die Bürgermeis­ter betroffene­r Kommunen im Augsburger Umland schon vor Jahren dagegen protestier­t – daran erinnert der Neusässer Rathausche­f Richard Greiner. Er hält die neu aufgeflamm­te Diskussion für „hochgradig kontraprod­uktiv“. Die Gemeinden hätten deutlich gemacht, warum das dritte Gleis so wichtig ist: Nicht nur wegen der dringend nötigen Gleiskapaz­itäten für Fern- und Nahverkehr, sondern auch im Hinblick auf Lärmschutz oder Erneuerung der Bahnhöfe. Befürchtun­g der Anrainer: Springen Bahn und Bund auf den Zug „Neubautras­se“auf, landen die Verbesseru­ngen an der bestehende­n Strecke auf dem Abstellgle­is.

Winfried Karg vom Fahrgastve­rband Pro Bahn Schwaben betont: „Wir brauchen eine schnelle Einigung über die Parteigren­zen hinweg.“Wenn die Region nicht mit einer Stimme spreche, passiere gar nichts. Welche Lösung nun besser sei, könne er nicht beurteilen.

Noch in diesem Monat, am 28. Februar, wird die Bahn bei einem Termin in der Regierung von Schwaben den Auftakt für das Projekt „Augsburg – Ulm“geben. Eine detaillier­te Planung werde da noch nicht vorgestell­t. Es soll ein Beirat gebildet werden, der das Projekt begleitet.

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FOTOMONTAG­E: MARCUS MERK So könnte es aussehen, wenn bei Zusmarshau­sen die Schnellbah­nstrecke entlang der Autobahn verläuft.

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