Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Gestank rechtens, keine Gefahr für neues Wohngebiet
Debatte nach Geruchs-Berechnung – Heutzutage dürften die Hofstellen in Feldstetten so nicht mehr gebaut werden
LAICHINGEN - Wer hat jetzt Recht? Die Landwirte, die in Feldstettens Westen Kühe, beziehungsweise Schafe halten, oder Anwohner und Bürger, denen die ausgestoßenen Gerüche auf die Nerven gehen? Die Antwort: beide. Die Landwirte halten sich an die Vorschriften, andererseits stinkt es in dem Gebiet tatsächlich stärker als – nach heutigen Vorgaben – erlaubt. Der Grund: Über die Jahre haben sich die Emissions-Berechnungen verändert, sie wurden verschärft. Zurückgehen dürfte die Belastung für Bürger deshalb nicht. Aber auch die Landwirte müssen mit Einschränkungen leben.
Würden Landwirt Reinhold Hirning und sein Nachbar, der Schafe halten darf, heute ihre Betriebe am westlichen Ortsrand von Feldstetten noch einmal neu genehmigen lassen wollen, so hätten sie Pech. Das Landratsamt würde dies so wohl nicht mehr zulassen. Dies hat am Montag Claus-Ulrich Honold, Leiter der Landwirtschaftsbehörde im Landratsamt, mitgeteilt. Gemeinsam mit Joachim Kieninger, seinem Stellvertreter, Astrid Köpf, der Leiterin der Baugenehmigungsbehörde, und ihrer aller Chef, dem Dezernenten für Kreisentwicklung, Stefan Tluczykont, saßen die Experten mit der SZ zusammen, um die Verwirrung um Geruchsbelästigung in Feldstetten aufzulösen.
Doch wie kann das sein? Dass es quasi amtlich ist, dass es zu stark stinkt in dem Gebiet, aber trotzdem nichts unternommen wird. Der Grund ist vergleichsweise simpel. Die sogenannte und derzeit gültige Geruchsimmissionsrichtline (GIRL) wird erst seit 2013 bei der Ermittlung unter anderem von Gerüchen zugrunde gelegt. Und die maßgeblichen vom Landratsamt erteilten Genehmigungen für die beiden Betriebe wurden deutlich davor erteilt.
Dem Hirning-Hof wurden in den Jahren 1975, 1999, 2000 und 2009 Baugenehmigungen ausgesprochen, dem Schafbetrieb 2007 und im Jahr 2014. Was wiederum ein Jahr nach der Einführung der Geruchsimmissionsrichtline beim Landratsamt in Ulm war. Wie aber kann das sein?
Die Fachleute im Landratsamt erklären die Genehmigung aus dem Jahr 2014 damit, dass die Emissionen dadurch nicht erhöht worden seien. Denn dem Betreiber ging es in diesem Fall nur um eine Umnutzung, und nicht um einen Neubau. Er hielt bereits Rinder, hatte dafür schon eine Genehmigung. Es wurde lediglich umgestellt: auf die Haltung eben von Schafen.
In einem genau festgelegten Verfahren wurde dann errechnet, wie viele Schafe statt der Rinder gehalten werden dürfen – ohne dass die Emissionen steigen. Die Fachleute des Landratsamtes bringen es auf diesen Nenner: Wenn jemand im Bestand umbaut – wie im Fall des Feldstetter Schafstalls –, dann sei dies so lange genehmigungsfähig, solange die Emissionen nicht steigen. Wobei die GIRL-Vorgaben sogar noch eine leichte Steigerung von bis zu zwei Prozent erlauben würden, von „Irrelevanz“ist dann die Rede.
Bestandsschutz ist ein hohes Gut. Und er hat „Vorfahrt“vor Berechnungen zu Gestank, Lärm oder anderen Störfaktoren, die sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert haben und wohl auch noch weiter verändern dürften. Deshalb müssen die beiden Feldstetter Landwirte, aber auch andere, keine Angst haben, dass ihnen etwas genommen wird. Im Umkehrschluss gilt aber auch: Sie haben das Maximum ihrer Betriebsgröße erreicht. Am aktuellen Standort, im Westen der Gemeinde, bieten sich ihnen keine weiteren Entwicklungsmöglichkeiten mehr.
Schafe sind nur im Winter da
Der Betreiber der beiden Schafställe legt Wert auf die Feststellung, dass er die Tiere nur im Winter im Stall hält, so wie es im Übrigen auch die Genehmigung vorsieht. Gegenüber der SZ grenzt er sich auch von seinem westlichen Nachbarn ab. Da es ja gerade im Sommer vermehrt zu Beschwerden wegen des Aromas in der Luft käme, sei bewiesen, dass er daran schuldlos sei. Im Sommer seien die Schafe nämlich im Freien, auf Wiesen und Äckern und nicht im Stall Vorort in Feldstetten.
Grünes Licht hat das Landratsamt derweil der von Reinhold Hirning beantragten vierten Güllegrube in Aussicht gestellt. Anders als die Laichinger Verwaltung, die das Vorhaben ablehnen wollte (und sich der Bauausschuss erfolgreich widersetzte, Auch hier geht es um die Frage, ob durch die Güllegrube mehr Gestank zu erwarten sei. Das Landratsamt meint, dies sei nicht der Fall. Es heißt: „Die vierte Güllegrube ändert an der Güllemenge nichts.“Der Geruch, ausgehend von einer Güllegrube mit Betondeckel, sei „zu vernachlässigen“.
Die erhöhten Werte in Feldstetten, die bei einer jüngsten Berechnung heraus gekommen sind, sind trotzdem Realität. Sie stellten, so Laichingens Bauamtschef Günter Hascher, aber keine Gefahr dar für ein neues Wohnbaugebiet, das in Feldstetten ausgewiesen werden soll
Dieses befindet sich nämlich am anderen Ende der Gemeinde, im Osten im Bereich „Rucken“.
Grundsätzlich würde es auch das Landratsamt lieber sehen, wenn solche Wohngebiete erst gar nicht benötigt würden. Es gelte das Motto: Innenentwicklung vor Außenentwicklung. Wenn aber, wie in Feldstetten, und auch in Nellingen und in vielen anderen Gemeinden des AlbDonau-Kreises, Hofstellen eine Entwicklung des Wohnbaus verhindern, dann bleibt in der Regel keine andere Möglichkeit. Was auch das Landratsamt begrüßt: dass nun die Landesbauordnung geändert werden soll.
Hofstellen sollen nur noch zeitlich begrenzt neue Wohnungen und Häuser in der Umgebung blockieren können. Laut Dezernent Tluczykont habe sich vor allem der Alb-DonauKreis dafür eingesetzt. Weil er als Flächenlandkreis von dieser Problematik besonders betroffen sei.