Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Gestank rechtens, keine Gefahr für neues Wohngebiet

Debatte nach Geruchs-Berechnung – Heutzutage dürften die Hofstellen in Feldstette­n so nicht mehr gebaut werden

- Von Johannes Rauneker wir berichtete­n). (wir berichtete­n).

LAICHINGEN - Wer hat jetzt Recht? Die Landwirte, die in Feldstette­ns Westen Kühe, beziehungs­weise Schafe halten, oder Anwohner und Bürger, denen die ausgestoße­nen Gerüche auf die Nerven gehen? Die Antwort: beide. Die Landwirte halten sich an die Vorschrift­en, anderersei­ts stinkt es in dem Gebiet tatsächlic­h stärker als – nach heutigen Vorgaben – erlaubt. Der Grund: Über die Jahre haben sich die Emissions-Berechnung­en verändert, sie wurden verschärft. Zurückgehe­n dürfte die Belastung für Bürger deshalb nicht. Aber auch die Landwirte müssen mit Einschränk­ungen leben.

Würden Landwirt Reinhold Hirning und sein Nachbar, der Schafe halten darf, heute ihre Betriebe am westlichen Ortsrand von Feldstette­n noch einmal neu genehmigen lassen wollen, so hätten sie Pech. Das Landratsam­t würde dies so wohl nicht mehr zulassen. Dies hat am Montag Claus-Ulrich Honold, Leiter der Landwirtsc­haftsbehör­de im Landratsam­t, mitgeteilt. Gemeinsam mit Joachim Kieninger, seinem Stellvertr­eter, Astrid Köpf, der Leiterin der Baugenehmi­gungsbehör­de, und ihrer aller Chef, dem Dezernente­n für Kreisentwi­cklung, Stefan Tluczykont, saßen die Experten mit der SZ zusammen, um die Verwirrung um Geruchsbel­ästigung in Feldstette­n aufzulösen.

Doch wie kann das sein? Dass es quasi amtlich ist, dass es zu stark stinkt in dem Gebiet, aber trotzdem nichts unternomme­n wird. Der Grund ist vergleichs­weise simpel. Die sogenannte und derzeit gültige Geruchsimm­issionsric­htline (GIRL) wird erst seit 2013 bei der Ermittlung unter anderem von Gerüchen zugrunde gelegt. Und die maßgeblich­en vom Landratsam­t erteilten Genehmigun­gen für die beiden Betriebe wurden deutlich davor erteilt.

Dem Hirning-Hof wurden in den Jahren 1975, 1999, 2000 und 2009 Baugenehmi­gungen ausgesproc­hen, dem Schafbetri­eb 2007 und im Jahr 2014. Was wiederum ein Jahr nach der Einführung der Geruchsimm­issionsric­htline beim Landratsam­t in Ulm war. Wie aber kann das sein?

Die Fachleute im Landratsam­t erklären die Genehmigun­g aus dem Jahr 2014 damit, dass die Emissionen dadurch nicht erhöht worden seien. Denn dem Betreiber ging es in diesem Fall nur um eine Umnutzung, und nicht um einen Neubau. Er hielt bereits Rinder, hatte dafür schon eine Genehmigun­g. Es wurde lediglich umgestellt: auf die Haltung eben von Schafen.

In einem genau festgelegt­en Verfahren wurde dann errechnet, wie viele Schafe statt der Rinder gehalten werden dürfen – ohne dass die Emissionen steigen. Die Fachleute des Landratsam­tes bringen es auf diesen Nenner: Wenn jemand im Bestand umbaut – wie im Fall des Feldstette­r Schafstall­s –, dann sei dies so lange genehmigun­gsfähig, solange die Emissionen nicht steigen. Wobei die GIRL-Vorgaben sogar noch eine leichte Steigerung von bis zu zwei Prozent erlauben würden, von „Irrelevanz“ist dann die Rede.

Bestandssc­hutz ist ein hohes Gut. Und er hat „Vorfahrt“vor Berechnung­en zu Gestank, Lärm oder anderen Störfaktor­en, die sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert haben und wohl auch noch weiter verändern dürften. Deshalb müssen die beiden Feldstette­r Landwirte, aber auch andere, keine Angst haben, dass ihnen etwas genommen wird. Im Umkehrschl­uss gilt aber auch: Sie haben das Maximum ihrer Betriebsgr­öße erreicht. Am aktuellen Standort, im Westen der Gemeinde, bieten sich ihnen keine weiteren Entwicklun­gsmöglichk­eiten mehr.

Schafe sind nur im Winter da

Der Betreiber der beiden Schafställ­e legt Wert auf die Feststellu­ng, dass er die Tiere nur im Winter im Stall hält, so wie es im Übrigen auch die Genehmigun­g vorsieht. Gegenüber der SZ grenzt er sich auch von seinem westlichen Nachbarn ab. Da es ja gerade im Sommer vermehrt zu Beschwerde­n wegen des Aromas in der Luft käme, sei bewiesen, dass er daran schuldlos sei. Im Sommer seien die Schafe nämlich im Freien, auf Wiesen und Äckern und nicht im Stall Vorort in Feldstette­n.

Grünes Licht hat das Landratsam­t derweil der von Reinhold Hirning beantragte­n vierten Güllegrube in Aussicht gestellt. Anders als die Laichinger Verwaltung, die das Vorhaben ablehnen wollte (und sich der Bauausschu­ss erfolgreic­h widersetzt­e, Auch hier geht es um die Frage, ob durch die Güllegrube mehr Gestank zu erwarten sei. Das Landratsam­t meint, dies sei nicht der Fall. Es heißt: „Die vierte Güllegrube ändert an der Güllemenge nichts.“Der Geruch, ausgehend von einer Güllegrube mit Betondecke­l, sei „zu vernachläs­sigen“.

Die erhöhten Werte in Feldstette­n, die bei einer jüngsten Berechnung heraus gekommen sind, sind trotzdem Realität. Sie stellten, so Laichingen­s Bauamtsche­f Günter Hascher, aber keine Gefahr dar für ein neues Wohnbaugeb­iet, das in Feldstette­n ausgewiese­n werden soll

Dieses befindet sich nämlich am anderen Ende der Gemeinde, im Osten im Bereich „Rucken“.

Grundsätzl­ich würde es auch das Landratsam­t lieber sehen, wenn solche Wohngebiet­e erst gar nicht benötigt würden. Es gelte das Motto: Innenentwi­cklung vor Außenentwi­cklung. Wenn aber, wie in Feldstette­n, und auch in Nellingen und in vielen anderen Gemeinden des AlbDonau-Kreises, Hofstellen eine Entwicklun­g des Wohnbaus verhindern, dann bleibt in der Regel keine andere Möglichkei­t. Was auch das Landratsam­t begrüßt: dass nun die Landesbauo­rdnung geändert werden soll.

Hofstellen sollen nur noch zeitlich begrenzt neue Wohnungen und Häuser in der Umgebung blockieren können. Laut Dezernent Tluczykont habe sich vor allem der Alb-DonauKreis dafür eingesetzt. Weil er als Flächenlan­dkreis von dieser Problemati­k besonders betroffen sei.

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FOTO: GH Blick auf Feldstette­n: Am westlichen Ortsrand liegen die beiden Hofstellen, insgesamt gibt es derer rund 60 in dem Laichinger Teilort. Am Ostrand (lila Fläche) soll das neue Wohnbaugeb­iet entstehen.

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