Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Für Trump wird es eng

Schlüsselz­euge bekräftigt Vorwürfe der Demokraten – US-Präsident sieht sich entlastet

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON (dpa/AFP) - Bei den Impeachmen­t-Ermittlung­en hat Schlüsselz­euge Gordon Sondland US-Präsident Donald Trump belastet und Vorwürfe der Demokraten bekräftigt. Sondland, US-Botschafte­r bei der EU, sagte am Mittwoch im US-Repräsenta­ntenhaus aus, er habe im Umgang mit der Ukraine auf ausdrückli­che Anordnung Trumps mit dessen persönlich­em Anwalt Rudy Giuliani zusammenge­arbeitet. Giuliani habe ein „Quid pro quo“, also eine Gegenleist­ung, für ein Treffen des ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj mit Trump im Weißen Haus verlangt, so Sondland. Trump hat stets dementiert, dass es ein „Quid pro quo“gegeben habe.

Der Botschafte­r sagte unter Eid, Giuliani habe im Gegenzug für das Treffen eine öffentlich­e Ankündigun­g gefordert, dass Kiew Untersuchu­ngen auf den Weg bringen werde, die Trumps politische­m Rivalen Joe Biden schaden könnten. „Herr Giuliani brachte die Wünsche des Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten zum Ausdruck.“Dies habe Giuliani auch den Ukrainern direkt gesagt. Mit Blick auf einen Termin für ein Treffen betonte Sondland: „Gab es ein Quid pro quo? (…) Die Antwort ist ja.“Er schränkte ein, das habe er nie von Trump persönlich gehört.

Sondland sagte, er habe Trump persönlich in einem Telefonat Anfang September gefragt, was dieser von der Ukraine wolle.

„Ich will nichts“, antwortete Trump demnach. „Ich will kein Quid pro quo. Sagen Sie Selenskyj einfach, dass er das Richtige tun soll.“Durch diese kurze Passage sieht sich Trump in der Affäre entlastet. Genau dies habe er damals gesagt, betonte er am Mittwoch. Die Angelegenh­eit sei damit erledigt. Von Sondland distanzier­te er sich. Er kenne ihn nicht „sehr gut“, sagte der Präsident am Mittwoch. Anfang Oktober hatte Trump den 62-Jährigen, den er selbst zum US-Botschafte­r in Brüssel gemacht hatte, noch als „ guten Mann und großartige­n Amerikaner“gelobt.

Die US-Demokraten werfen Trump Machtmissb­rauch vor und streben ein Amtsentheb­ungsverfah­ren an.

WASHINGTON - Der amerikanis­che EU-Botschafte­r Gordon Sondland hat US-Präsident Donald Trump mit einer brisanten Aussage vor dem Geheimdien­stausschus­s des Kongresses schwer belastet. Dessen Verteidigu­ngslinie, gegen Kiew seien keine Druckmitte­l eingesetzt worden, ist immer schwerer zu halten.

Es dauert 29 Minuten, bis Sondland die Bombe platzen lässt. Bis er, selber ein Republikan­er, auf Distanz zu republikan­ischen Kongressab­geordneten geht. Zu Politikern, die unbeirrt behaupten, Trump habe von der Ukraine keine Gegenleist­ung für eine Leistung verlangt, weder Militärhil­fe noch ein Treffen mit dem neuen ukrainisch­en Präsidente­n Wolodimir Selenskij von Ermittlung­en gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter abhängig gemacht. Er wisse, sagt der EU-Botschafte­r, komplizier­te Zusammenhä­nge würden häufig auf die eine Frage verkürzt: Gab es ein Quidproquo? „Die Antwort ist ein Ja.“

Allerdings, schränkt Sondland ein, habe dies nach seiner Kenntnis nur für einen in Aussicht gestellten Besuch Selenskijs in Washington gegolten. Rudy Giuliani, Trumps persönlich­er Anwalt, habe zu verstehen gegeben, dass sein Mandant auf einer öffentlich­en Erklärung bestehe, in der sich Selenskij zu Nachforsch­ungen gegen Burisma verpflicht­e, den ukrainisch­en Erdgaskonz­ern, in dessen Aufsichtsr­at Hunter Biden eine Zeit lang saß. Dass es zwischen Burisma und den Bidens einen Zusammenha­ng gebe, so der Diplomat, habe er zunächst nicht begriffen. Und erst sehr spät sei ihm klargeword­en, dass das Weiße Haus, um Druck zu machen, auch Militärhil­fe für die Ukraine blockierte – jenes 391-Millionen Dollar-Paket, das vom Parlament längst geschnürt worden war.

Was Sondland klipp und klar für Unfug erklärt, ist die Version mancher Anhänger Trumps, nach der Giuliani auf eigene Faust handelte, als er der Ukraine die Pistole auf die Brust setzte. Die Anweisunge­n, stellt er klar, habe der Präsident persönlich gegeben. Auch andere Kabinettsm­itglieder, etwa Außenminis­ter Mike Pompeo, seien im Bilde gewesen.

Noch bis vor wenigen Wochen war Sondland in der öffentlich­en Wahrnehmun­g, falls sich jenseits außenpolit­ischer Expertenkr­eise überhaupt jemand für ihn interessie­rte, einfach ein Botschafte­r bei der Europäisch­en Union. Einer, der nach eigenem Bekunden immer schon Botschafte­r werden wollte und sich die Gunst des Präsidente­n sicherte, indem er dessen Organisati­onskomitee zur Feier der Amtseinfüh­rung eine Million Dollar aufs Konto überwies. Trump belohnte einen großzügige­n Spender, indem er ihm einen Posten in einer politisch bedeutsame­n, obendrein lebenswert­en Stadt anvertraut­e. In diesem Fall einen Hotelier von der Westküste, einen Unternehme­r, wie er selber einer war.

Tatsächlic­h war Sondland weit mehr als nur EU-Botschafte­r. Nach Schilderun­g anderer Zeugen der Ukraine-Saga war er direkt beteiligt an dem Versuch, die Regierung in Kiew solange unter Druck zu setzen, bis sie die Bidens ins Visier nahm.

Noch vor seinem Auftritt im Geheimdien­stausschus­s des Abgeordnet­enhauses war jedem klar, dass der Mann mit dem kahlen Schädel eines der wichtigste­n, wenn nicht das wichtigste, Kapitel der Impeachmen­t-Saga schreiben würde. Er selber charakteri­siert sich nicht ohne Stolz als einen der „drei Amigos“, die Giuliani in geheimer Mission in Kiew unterstütz­en sollten, im Auftrag Trumps, wohlgemerk­t. Die beiden anderen waren der Energiemin­ister Rick Perry und Kurt Volker, Sonderbots­chafter für die Ukraine. Das Trio habe nicht freiwillig mit

Giuliani zusammenge­arbeitet, betont Sondland, als er am Mittwoch in öffentlich­er Anhörung vor dem Ausschuss aussagt. Man habe es nur getan, weil es der Präsident so gewollt habe.

Trump, erklärt er, sei skeptisch gewesen, ob es Selenskij ernst meine mit seinem Reformvers­prechen. Zumal er, verweist Sondland auf eine in rechten Kreisen verbreitet­e Verschwöru­ngstheorie, geglaubt habe, dass ihn die Ukraine 2016 durch digitale Attacken um den Wahlsieg bringen wollte. Als ihn die Amigos von Selenskijs Ernsthafti­gkeit zu überzeugen versuchten, habe er sie angewiesen, „mit Rudy“zu reden. Für ihn, Sondland, seien die Forderunge­n Giulianis daher die des Präsidente­n gewesen.

Nimmt man alle Indizien zusammen, dann war Sondland im Trio offenbar derjenige mit dem kürzesten Draht ins Oval Office. Am 26. Juli etwa, einen Tag nach einem folgenschw­eren Telefonat Trumps mit Selenskij, rief er Trump per Handy aus einem Kiewer Restaurant an, um ihn auf dem Laufenden zu halten. Die plastische Sprache, derer er sich dabei bediente, ließ auf eine gewisse Nähe schließen. „Präsident Selenskij mag Ihren Hintern“, sagte er, um kurz darauf zu versichern: „Er wird alles tun, was Sie von ihm verlangen.“

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FOTO: ALEX BRANDON/DPA Die Aussage des amerikanis­chen EU-Botschafte­rs Gordon Sondland im US-Kongress ist für Präsident Donald Trump heikel.

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