Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Für Trump wird es eng
Schlüsselzeuge bekräftigt Vorwürfe der Demokraten – US-Präsident sieht sich entlastet
WASHINGTON (dpa/AFP) - Bei den Impeachment-Ermittlungen hat Schlüsselzeuge Gordon Sondland US-Präsident Donald Trump belastet und Vorwürfe der Demokraten bekräftigt. Sondland, US-Botschafter bei der EU, sagte am Mittwoch im US-Repräsentantenhaus aus, er habe im Umgang mit der Ukraine auf ausdrückliche Anordnung Trumps mit dessen persönlichem Anwalt Rudy Giuliani zusammengearbeitet. Giuliani habe ein „Quid pro quo“, also eine Gegenleistung, für ein Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Trump im Weißen Haus verlangt, so Sondland. Trump hat stets dementiert, dass es ein „Quid pro quo“gegeben habe.
Der Botschafter sagte unter Eid, Giuliani habe im Gegenzug für das Treffen eine öffentliche Ankündigung gefordert, dass Kiew Untersuchungen auf den Weg bringen werde, die Trumps politischem Rivalen Joe Biden schaden könnten. „Herr Giuliani brachte die Wünsche des Präsidenten der Vereinigten Staaten zum Ausdruck.“Dies habe Giuliani auch den Ukrainern direkt gesagt. Mit Blick auf einen Termin für ein Treffen betonte Sondland: „Gab es ein Quid pro quo? (…) Die Antwort ist ja.“Er schränkte ein, das habe er nie von Trump persönlich gehört.
Sondland sagte, er habe Trump persönlich in einem Telefonat Anfang September gefragt, was dieser von der Ukraine wolle.
„Ich will nichts“, antwortete Trump demnach. „Ich will kein Quid pro quo. Sagen Sie Selenskyj einfach, dass er das Richtige tun soll.“Durch diese kurze Passage sieht sich Trump in der Affäre entlastet. Genau dies habe er damals gesagt, betonte er am Mittwoch. Die Angelegenheit sei damit erledigt. Von Sondland distanzierte er sich. Er kenne ihn nicht „sehr gut“, sagte der Präsident am Mittwoch. Anfang Oktober hatte Trump den 62-Jährigen, den er selbst zum US-Botschafter in Brüssel gemacht hatte, noch als „ guten Mann und großartigen Amerikaner“gelobt.
Die US-Demokraten werfen Trump Machtmissbrauch vor und streben ein Amtsenthebungsverfahren an.
WASHINGTON - Der amerikanische EU-Botschafter Gordon Sondland hat US-Präsident Donald Trump mit einer brisanten Aussage vor dem Geheimdienstausschuss des Kongresses schwer belastet. Dessen Verteidigungslinie, gegen Kiew seien keine Druckmittel eingesetzt worden, ist immer schwerer zu halten.
Es dauert 29 Minuten, bis Sondland die Bombe platzen lässt. Bis er, selber ein Republikaner, auf Distanz zu republikanischen Kongressabgeordneten geht. Zu Politikern, die unbeirrt behaupten, Trump habe von der Ukraine keine Gegenleistung für eine Leistung verlangt, weder Militärhilfe noch ein Treffen mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij von Ermittlungen gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter abhängig gemacht. Er wisse, sagt der EU-Botschafter, komplizierte Zusammenhänge würden häufig auf die eine Frage verkürzt: Gab es ein Quidproquo? „Die Antwort ist ein Ja.“
Allerdings, schränkt Sondland ein, habe dies nach seiner Kenntnis nur für einen in Aussicht gestellten Besuch Selenskijs in Washington gegolten. Rudy Giuliani, Trumps persönlicher Anwalt, habe zu verstehen gegeben, dass sein Mandant auf einer öffentlichen Erklärung bestehe, in der sich Selenskij zu Nachforschungen gegen Burisma verpflichte, den ukrainischen Erdgaskonzern, in dessen Aufsichtsrat Hunter Biden eine Zeit lang saß. Dass es zwischen Burisma und den Bidens einen Zusammenhang gebe, so der Diplomat, habe er zunächst nicht begriffen. Und erst sehr spät sei ihm klargeworden, dass das Weiße Haus, um Druck zu machen, auch Militärhilfe für die Ukraine blockierte – jenes 391-Millionen Dollar-Paket, das vom Parlament längst geschnürt worden war.
Was Sondland klipp und klar für Unfug erklärt, ist die Version mancher Anhänger Trumps, nach der Giuliani auf eigene Faust handelte, als er der Ukraine die Pistole auf die Brust setzte. Die Anweisungen, stellt er klar, habe der Präsident persönlich gegeben. Auch andere Kabinettsmitglieder, etwa Außenminister Mike Pompeo, seien im Bilde gewesen.
Noch bis vor wenigen Wochen war Sondland in der öffentlichen Wahrnehmung, falls sich jenseits außenpolitischer Expertenkreise überhaupt jemand für ihn interessierte, einfach ein Botschafter bei der Europäischen Union. Einer, der nach eigenem Bekunden immer schon Botschafter werden wollte und sich die Gunst des Präsidenten sicherte, indem er dessen Organisationskomitee zur Feier der Amtseinführung eine Million Dollar aufs Konto überwies. Trump belohnte einen großzügigen Spender, indem er ihm einen Posten in einer politisch bedeutsamen, obendrein lebenswerten Stadt anvertraute. In diesem Fall einen Hotelier von der Westküste, einen Unternehmer, wie er selber einer war.
Tatsächlich war Sondland weit mehr als nur EU-Botschafter. Nach Schilderung anderer Zeugen der Ukraine-Saga war er direkt beteiligt an dem Versuch, die Regierung in Kiew solange unter Druck zu setzen, bis sie die Bidens ins Visier nahm.
Noch vor seinem Auftritt im Geheimdienstausschuss des Abgeordnetenhauses war jedem klar, dass der Mann mit dem kahlen Schädel eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste, Kapitel der Impeachment-Saga schreiben würde. Er selber charakterisiert sich nicht ohne Stolz als einen der „drei Amigos“, die Giuliani in geheimer Mission in Kiew unterstützen sollten, im Auftrag Trumps, wohlgemerkt. Die beiden anderen waren der Energieminister Rick Perry und Kurt Volker, Sonderbotschafter für die Ukraine. Das Trio habe nicht freiwillig mit
Giuliani zusammengearbeitet, betont Sondland, als er am Mittwoch in öffentlicher Anhörung vor dem Ausschuss aussagt. Man habe es nur getan, weil es der Präsident so gewollt habe.
Trump, erklärt er, sei skeptisch gewesen, ob es Selenskij ernst meine mit seinem Reformversprechen. Zumal er, verweist Sondland auf eine in rechten Kreisen verbreitete Verschwörungstheorie, geglaubt habe, dass ihn die Ukraine 2016 durch digitale Attacken um den Wahlsieg bringen wollte. Als ihn die Amigos von Selenskijs Ernsthaftigkeit zu überzeugen versuchten, habe er sie angewiesen, „mit Rudy“zu reden. Für ihn, Sondland, seien die Forderungen Giulianis daher die des Präsidenten gewesen.
Nimmt man alle Indizien zusammen, dann war Sondland im Trio offenbar derjenige mit dem kürzesten Draht ins Oval Office. Am 26. Juli etwa, einen Tag nach einem folgenschweren Telefonat Trumps mit Selenskij, rief er Trump per Handy aus einem Kiewer Restaurant an, um ihn auf dem Laufenden zu halten. Die plastische Sprache, derer er sich dabei bediente, ließ auf eine gewisse Nähe schließen. „Präsident Selenskij mag Ihren Hintern“, sagte er, um kurz darauf zu versichern: „Er wird alles tun, was Sie von ihm verlangen.“