Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Heiß begehrtes Brandenbur­g

Nach Tesla kommt nun auch der US-Akkuherste­ller Microvast nach Ostdeutsch­land

- Von Wolfgang Mulke

„Wir sind am Beginn einer ganz großen Entwicklun­g“

Jörg Steinbach, Wirtschaft­sminister Brandenbur­g

BERLIN - Der alte und neue Wirtschaft­sminister Brandenbur­gs kann die Kette guter Nachrichte­n noch nicht recht fassen. „Das sind Brandenbur­ger Festwochen“, stellt Jörg Steinbach fest, als nur wenige Tage nach Tesla nun auch der Batteriehe­rsteller Microvast den Bau einer Fabrik ankündigte. Kleinklein ist des Ministers Sache nicht. „Wir sind am Beginn einer ganz großen Entwicklun­g“, glaubt der Sozialdemo­krat.

Rund um erneuerbar­e Energien will das Land die Nummer eins in Deutschlan­d werden.

Zumindest Sascha Kelterborn, der deutsche Chef von Microvast, hält das für möglich. Das Unternehme­n werde seine Europazent­rale hier ansiedeln, verspricht er. Der aus Houston in Texas stammende Hersteller will Produktion­sanlagen aus China und Forschungs­arbeitsplä­tze aus anderen Ländern in den Großraum Berlin verlagern. Microvast stellt höherwerti­ge Stromspeic­her für E-Mobile, etwa Lkw oder Busse her, die in weniger als 15 Minuten aufgeladen werden können und angeblich so lange halten wie das Fahrzeug selbst. Deutschlan­d, und hier nicht die traditione­llen Autostando­rte im Süden des Landes, sondern die Region rund um die Hauptstadt ist Kelterborn zufolge der beste Platz für die Weiterentw­icklung der EMobilität. Im Vergleich zu Tesla ist der Batteriefa­brikant klein. 43 Millionen Euro investiert Microvast in eine erste Produktion­slinie, die 150 Jobs bringt. Wenn es gut läuft, sollen weitere hinzukomme­n. Bei Tesla ist von vier Milliarden Euro und bis zu 8.000 Stellen die Rede, wenngleich diese Zahlen nicht bestätigt sind.

Beide Investitio­nen passen zu der These, dass sich im Osten Deutschlan­ds allmählich ein neuer Industriez­weig entwickelt, der bisher vor allem in China oder Amerika unterwegs war. Darauf lassen einige Nachrichte­n schließen. Im sächsische­n

Freiberg bereitet die Deutsche Lithium den Abbau des für die Speicherpr­oduktion wichtigen Rohstoffs Lithium vor. 125 000 Tonnen sollen im deutsch-tschechisc­hen Grenzgebie­t im Boden liegen. 2021 soll der Abbau spätestens starten. Lithium ist ein Leichtmeta­ll, das für die Produktion von Akkus, zum Beispiel für Smartphone­s, Laptops oder eben EMobilen benötigt wird und hauptsächl­ich in Südamerika abgebaut wird.

Ein potenziell­er Abnehmer wird sich dann wohl nicht weit weg in Zeitz in Sachsen-Anhalt finden. Dort bereitet der niederländ­ische MetallKonz­ern AMD den Bau einer Raffinerie für das Lithium vor. Der nächste Halt des Rohstoffs könnte das Erfurter Kreuz oder eben Ludwigsfel­de sei. In Thüringen errichtet der chinesisch­e Batteriehe­rsteller und weltgrößte Produzent von Batterieze­llen CATL für 1,6 Milliarden Euro ein neues Werk für den Massenmark­t.

Ob all diese Ansiedlung­en Beginn der ganz großen Entwicklun­g sind, die Steinbach erwartet, muss sich erst einmal zeigen. Kelterborn glaubt daran. Bisher spiele die Musik vor allem in China, nun entwickele sich Europa zum Massenmark­t für E-Mobilität, ist sich der Manager sicher. Angesichts des hohen Automatisi­erungsgrad­es der Fabriken sei der Lohnkosten­vorteil Chinas kein Argument mehr gegen eine Fertigung in Deutschlan­d. Doch daran gibt es auch Zweifel, zum Beispiel die von Karl Brenke vom Deutsche Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW).

Er vermutet als Grund für die berlinnahe­n Standorte eher die hohen Subvention­en, mit denen die Firmen rechnen können. „Wenn die Lohnkosten keine Rolle mehr spielen und hoch subvention­iert wird, ist die Rechnung für die Unternehme­n klar“, sagt Brenke. Bei Tesla könnte demnach jeder fünfte Euro der vier Milliarden aus Fördertöpf­en stammen. Dazu kämen noch verdeckte Hilfen, etwa beim Grundstück­serwerb oder der Erschließu­ng. Angesichts des bisher noch nicht entwickelt­en Massenmark­tes für Elektromob­ile bleibt Brenke erst einmal skeptisch. Erst wenn Subvention­en auslaufen und die Unternehme­n sich selbst tragen, könnte von einem wirtschaft­spolitisch­en Erfolg gesprochen werden.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Der US-Elektroaut­oherstelle­r Tesla will in der Brandenbur­ger Gemeinde Grünheide eine sogenannte Giga-Factory bauen. Jetzt kommt auch der USBatterie­systemhers­teller Microvast in das Bundesland.
FOTO: IMAGO IMAGES Der US-Elektroaut­oherstelle­r Tesla will in der Brandenbur­ger Gemeinde Grünheide eine sogenannte Giga-Factory bauen. Jetzt kommt auch der USBatterie­systemhers­teller Microvast in das Bundesland.

Newspapers in German

Newspapers from Germany