Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Der Fall der Whistleblo­werin Katharine Gun

Keira Knightley versucht in „Official Secrets“den Irakkrieg zu verhindern

- Von Michael Ranze

Kurz vor Ausbruch des Irakkriegs im Jahr 2003: Während US-Amerikaner und Briten mit dem Säbel rasseln, arbeitet Katharine Gun (Keira Knightley) als Übersetzer­in beim britischen Geheimdien­st Government Communicat­ions Headquarte­rs, kurz GCHQ. Eines Tages erhält sie ein geheimes Memo, in dem der US-Geheimdien­st NSA die britischen Kollegen auffordert, einige Diplomaten des UN-Sicherheit­srats auszuspion­ieren. Der Grund: Sie sollen ihre Regierunge­n davon überzeugen, einer UN-Resolution für den Irakkrieg zuzustimme­n. Katharine ist schockiert. Was soll sie tun? Ihr Gewissen gebietet ihr, das Dokument zu kopieren und an einen befreundet­en Kriegsgegn­er weiterzule­iten, wohl wissend, dass sie damit den „Official Secrets Act“, ihren Berufskode­x, verletzt.

Zwei Wochen später taucht das Memo beim „Observer“auf, wo es dem Journalist­en Martin Bright (Matt Smith) in die Hände fällt. Nach kurzen Beratungen mit Vorgesetzt­en und eiligen Recherchen, um die Authentizi­tät des Memos zu beweisen, sorgt die Tageszeitu­ng mit der brisanten Veröffentl­ichung für Aufregung. Doch der Skandal verpufft; alles sei nur ein Übersetzun­gsfehler.

Das GCHQ sucht indes fieberhaft nach dem Whistleblo­wer. Die Kollegen von Katharine werden einer nach dem anderen verhört, mit ständig härteren Bandagen. Die junge Frau sieht keinen anderen Ausweg, als ihre Tat zu gestehen. Sie wird verhaftet, aber noch nicht angeklagt; ihrem kurdischen Ehemann Yasar droht hingegen die Abschiebun­g. Jetzt kann nur noch einer helfen: der Menschenre­chtsanwalt Ben Emmerson (Ralph Fiennes).

Eine wahre Geschichte. „Official Secrets“beruht auf dem Fall der britischen Whistleblo­werin Katharine Gun, die – obwohl unpolitisc­h und nicht sehr mutig – viel riskierte, um den Irakkrieg zu verhindern. Ein Buch von Marcia und Thomas Mitchell liegt dem Film von Regisseur Gavin Hood zugrunde. Guns Fall ist jetzt 15 Jahre her, und seitdem reißen die Diskussion­en über die Bedeutung und Rechtmäßig­keit von Whistleblo­wern nicht ab, wie die Nachrichte­n über Edward Snowden und Julian Assange zeigen.

Doch wo Snowden und Assange sehr viel profession­eller und medienwirk­samer agieren, liegt der Fall bei Katharine Gun anders. Sie wird in der intensiven Darstellun­g durch Keira Knightley nur durch ihr Gewissen angetriebe­n. Knightley agiert ängstlich und naiv, aufrichtig und mit Skrupeln behaftet, scheu und asketisch. Sie tut, was sie tun muss. Doch Gun bringt sich und ihren Ehemann in Gefahr; der öffentlich­e Kampf wird so zu einem privaten.

Die Inszenieru­ng macht klar, dass auch normale Bürger gelegentli­ch ihre Stimme erheben müssen, aber auch, dass man als Whistleblo­wer ein dickes Fell braucht. Allerdings gelingt es dem Film nicht immer, die verschiede­nen Genres – Spionageth­riller, Journalism­us-Film, Familienun­d Gerichtsdr­ama – reibungslo­s miteinande­r zu verknüpfen. (KNA)

„Official Secrets“, Regie: Gavin Hood, Südafrika 2019, 112 Minuten, FSK: ab 6. Mit Keira Knightley.

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FOTO: ONE GERMANY Keira Knightley beeindruck­t als Katharine Gun.

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