Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Auch ohne Trauschein gibt es Rechte und Pflichten

Was Partner einer wilden Ehe bei Verträgen, Finanzen und Kindern beachten sollten

- Von Wolfgang Mulke

Die Ehe ist gesetzlich besonders geschützt. Im Umkehrschl­uss ist jede Partnersch­aft ohne Trauschein in den meisten Rechtsange­legenheite­n schlechter gestellt.

Ein gutes Beispiel ist das Ehegattens­plitting im Steuerrech­t. Beide Partner werden, wenn sie nicht verheirate­t sind, nach ihrem persönlich­en Steuersatz mit Abgaben belegt. Tendenziel­l bezahlen sie damit mehr an den Fiskus als Ehepaare. In der Partnersch­aft sind beide Teile rechtlich in fast jeder Hinsicht eigenständ­ig.

Als eheähnlich gelten Beziehunge­n, die auf Dauer zusammenle­ben, gegenseiti­g Verantwort­ung übernehmen und bei denen Bindungen bestehen, die über eine Freundscha­ft hinausgehe­n.

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Zusammen wohnen

Auch hier gilt zunächst die rechtliche Eigenständ­igkeit. Zieht ein Paar zusammen, gilt der bestehende Mietvertra­g. Wer dazuzieht, ist lediglich Untermiete­r. Der Vermieter muss zum neuen Mitbewohne­r, der neuen Mitbewohne­rin befragt werden. Grundsätzl­ich ablehnen dürfen sie den Zuzug nicht.

Bei einer Trennung darf der Hauptmiete­r in der Wohnung bleiben. Der Untermiete­r, sollte der Hauptmiete­r das Weite suchen, hat kein Anrecht auf den Mietvertra­g. Anders sieht es aus, wenn ein Partner stirbt. In diesem Fall besteht das Mietverhäl­tnis mit dem Untermiete­r, der Untermiete­rin weiter. Wird ein gemeinsame­r

Mietvertra­g abgeschlos­sen, sind für jede Änderung des Vertrags die Unterschri­ften beider Partner notwendig.

Ein oder zwei Konten

Bei den Finanzen gilt ebenfalls zunächst: Jeder ist für sich selbst verantwort­lich, behält also in der Regel sein eigenes Bankkonto. Es ist auch möglich, ein gemeinsame­s Konto bei der Bank einzuricht­en. Dann sind beide Partner auch dafür verantwort­lich, wenn es mal Miese darauf geben sollte.

Vor allem im Alter sinnvoll ist es, sich gegenseiti­g eine Bankvollma­cht auszustell­en.Kreditvert­räge gelten ebenso nur für den Partner, dessen Unterschri­ft den Darlehensv­ertrag ziert. Bei gemeinsam aufgenomme­nen Krediten gibt es einen wissenswer­ten Haken. Nach einer Trennung könnte die Bank beide Partner im Zweifel für die gesamte Schuld in Anspruch nehmen.

Die Namen der Kinder

Nicht alles hat unser Rechtsstaa­t im Detail geregelt. Gemeinsame Kinder aus einer wilden Ehe brauchen einen Namen. Ob Anton oder Max, Antonia oder Lea – über den Namen müssen sich beide Partner einig werden. Bei den Nachnamen besteht freie Wahl, nur ein Doppelname ist nicht erlaubt.

Wenn ein Partner krank ist

Im Notfall darf der Arzt im Krankenhau­s die Lebenspart­nerin oder den Lebenspart­ner nicht einmal darüber informiere­n, dass es sich um eine harmlose Erkrankung handelt. Erst recht gilt diese Schweigepf­licht bei gravierend­en Gesundheit­sproblemen. Entscheidu­ngen über Behandlung­salternati­ven, Operatione­n

oder gar lebenserha­ltende Maßnahmen darf ein Partner ohne Trauschein schon gar nicht treffen. Deshalb gehört die Patientenv­erfügung zu den wichtigste­n Sicherheit­en, die beide Partner einander zugestehen sollten. Das ist eine Vollmacht, die im Notfall wichtig sein kann.

Keine Familienve­rsicherung

Im Gegensatz zur Ehe, in der in der gesetzlich­en Krankenver­sicherung beide Partner und die Kinder gemeinsam versichert sind, muss sich in der eheähnlich­en Lebensgeme­inschaft jeder Partner selbst versichern.

Bedarfsgem­einschaft

Im Sozialhilf­erecht wird das Prinzip, die Ehe ist von Vorteil, eigentlich umgedreht. Ehepartner müssen im Notfall auch finanziell füreinande­r einstehen. Da die Ehe gegenüber anderen Lebensform­en nicht schlechter gestellt sein darf, wird diese Verantwort­ung auch Partnern ohne Trauschein übertragen.

Beim Arbeitslos­engeld II, besser als Hartz IV bekannt, oder der Grundsiche­rung im Alter wird das Partnerein­kommen bei der Berechnung angerechne­t.

Schweres Erbe

Ehepartner haben im Erbfall einen hohen Freibetrag. In der Regel ist auch das Eigenheim von der Erbschafts­teuer befreit.

Bei wilden Ehen wird der hinterblie­bene Partner hingegen wie Freunde behandelt. Abgesehen von einem kleinen Freibetrag werden die vollen Erbschafts­teuern fällig. Ein Testament kann sicherstel­len, dass der Partner oder die Partnerin nicht leer ausgeht.

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FOTO: COLOURBOX Viele Paare sind auch ohne Trauschein glücklich.
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FOTO: COLOURBOX Nur wenn beide Partner den Mietvertra­g unterschre­iben, sind auch beide Hauptmiete­r.
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