Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Bücherfreundinnen empfehlen Romane
Bücherherbst in der Stadtbücherei mit Rita Graf und Jutta Kounovsky
LAICHINGEN (sz) - Voll besetzt war jüngst die Stadtbücherei. Knapp 100 Bücherfreunde waren auf Einladung der Stadtbücherei, der Volkshochschule und der Frauengruppe der evangelischen Kirchengemeinde gekommen, um sich über die wichtigsten Neuerscheinungen des Herbstes zu informieren. Kompetente Beraterinnen waren Buchliebhaberin Rita Graf und Buchhändlerin Jutta Kounovsky.
Um ihrem Publikum die Buchwahl zu erleichtern, hatten sich Beide durch eine Fülle an Werken gelesen. Sie legten ihren Zuhörern acht Romane ans Herz, die ganz sicher nicht alle Einzug halten in die Bestsellerlisten, aber aus ihrer Sicht immer lohnenswert seien.
Den Anfang machte Graf mit der Trilogie „Heimatjahre, Lehrjahre, Spiegeljahre“, dem autobiografischen Roman von Felix Huby, in dem auch Fiktionales vorkomme. Es sei eine leise Geschichte, geschrieben in einem warmen Erzählton, über das Leben nach Kriegsende und vor allem den Jahren des Wiederaufbaus in einem kleinen Ort, südlich von Stuttgart, in dem Christian Ebinger alias Felix Huby wohnt. „Wir erleben das alles aus Sicht eines Heranwachsenden, der als 21-Jähriger in Blaubeuren ankommt, um bei einer
Lokalredaktion zu arbeiten und später als Journalist bei vielen wichtigen Ereignissen, wie beispielsweise den Stammheimer Prozessen gegen die Baader-Meinhof-Gruppe, dabei ist.“
„Ein Fall, von dem es mich zu erzählen drängt“, kündigt Kounovsky den einzigen Krimi des Abends an. „Der Mann, der nicht mitspielt“
von Christof Weigold sei der Start einer Reihe, die auf Skandalen und ungeklärten Mordfällen des frühen Hollywood basiere. Hardy Engels erster Fall, in dem es auch um Universal-Gründer Carl Laemmle aus Laupheim geht, sei spannend und originell und lasse die Leser eintauchen in die Atmosphäre Hollywoods.
Die dritte Empfehlung braucht aufmerksame und geduldige Leser, vermutet Rita Graf. „Berta Isla“ist ein anspruchsvoller Roman des spanischen Autors Javier Marias, in dem es um eine Liebesbeziehung in den 1960er-Jahren in Madrid geht, geschrieben in oft langen, verschachtelten Sätzen und mitliterarischen Anspielungen. „Es ist eine Geschichte über Liebe, Politik, Täuschung und Warten. Der Autor versteht es, sich in komplexe Gefühlslagen einzudenken“, sagt sie. Alain Claude Sulzer habe eine schöne und spröde Art zu schreiben und in dem Buch „Unhaltbare Zustände“
nehme man als Leser Anteil an der Hauptfigur Settler, schwärmt Jutta Kounovsky. Dem leidenschaftlichen und erfolgreichen Schaufensterdekorateur, der seit Jahrzehnten im Quatre Saison beschäftigt ist, wird kurz vor dem Ruhestand ein neuer Kollege an die Seite gestellt, in dem er einen Konkurrenten sieht.
Als atmosphärischen Roman nicht nur für Jugendliche, den man in einem Rutsch durchlesen könne, beschreibt Graf „Über die Berge und
über das Meer“von Dirk Reinhardt. Es ist die Geschichte zweier Jugendlicher, die ihre Heimat verlassen mussten, auf der Flucht vor Gewalt. Der Autor schildert den Weg aus Afghanistan mit Hilfe illegaler Schleuser in ein unbekanntes Land. Die sechste Buchempfehlung ist
„Laufen“von Isabel Bogdan. Die Autorin, so Kounovsky, habe ein gutes Gespür für die Ironie der englischen Sprache. Die Protagonistin, eine vierzigjährige Hamburger Orchestermusikerin, verliert ihren Lebenspartner und er hinterlässt sie mit einem Berg von Schuldgefühlen. Als eine Art Therapie beginnt sie zu joggen. „Auf diese Weise findet sie zurück ins Leben und lernt, wie sehr wir gemeinsame Erlebnisse brauchen“. Gleichzeitig sei es ein Plädoyer an das Leben, lobt Kounovsky.
Das Beste, was sie seit langem gelesen hat, ist für Rita Graf der Debütroman der US-amerikanischen Autorin Delia Owens mit dem Titel „Der
Gesang der Flusskrebs“, die als Zoologin arbeitete und zehn Jahre an diesem Buch geschrieben habe. Es ist die Geschichte von Kya, die isoliert im Marschland von North Carolina lebt. „Eine grandios erzählte Liebesgeschichte und ein packender Roman. Insgesamt ein Lektüreerlebnis, wie man es selten findet. Sie werden eine Sprache erleben, die zum Schmelzen verführt“, so Graf.
Auch Jutta Kounovsky empfiehlt ihr Lieblingsbuch zum Ende des Abends. „Es gibt Bücher, die mich sofort ins Herz treffen.“Die Rede ist von „Der Wal und das Ende der Welt“von John Ironmonger. Als ein Computerprogramm eine Grippewelle vorhersagt, die das Ende der Zivilisation bedeutet, setzt der junge Joe Haak alles daran, die Bewohner eines Fischerdorfs an der Küste Cornwalls zu retten. „Unbedingt dieses Buch lesen“, mit diesem Appell schließt die Buchhändlerin den Abend. Alle vorgestellten Bücher sind in der Stadtbücherei Laichingen ausleihbar. Eine Zusammenstellung aller Titel liegt dort ebenfalls zum Mitnehmen bereit.