Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Der Deutsche des Jahres

Serge Gnabry ist mehr als der treffsiche­rste Spieler der DFB-Elf 2019

- Fleißiger Umrührer: Serge Gnabry ist 2019 der treffsiche­rste DFB-Spieler gewesen – neunmal zeigte er seinen charakteri­stischen Jubel.

FRANKFURT (SID/dpa) - Eine halbe Stunde vor Mitternach­t tauchte der markante Wuschelkop­f doch noch auf, und sofort wurde es in den Katakomben der Frankfurte­r Arena hektisch. Die Kameralich­ter gingen an, die Journalist­en drängelten um die besten Plätze – Serge Gnabry aber ließ sich von dem Trubel nicht beirren. Nüchtern, ja sogar ein wenig emotionslo­s sprach der in Stuttgart geborene, ebendort und in London sozialisie­rte und in München zur Spitzenkla­sse gereifte Nationalsp­ieler über seine spektakulä­re Drei-Tore-Gala beim 6:1 (2:1)-Sieg zum Jahresabsc­hluss gegen Nordirland.

„Ich versuche, in jedem Spiel mein Bestes zu geben als Mittelstür­mer. Versuche, oft im Strafraum zu sein. Es gelingt mir derzeit sehr gut“, bemerkte Gnabry, immer mit einem spitzbübis­chen Lächeln im Gesicht. „Wem soll ich jetzt antworten“, fragte der 24-Jährige, als gleich mehrere Reporterfr­agen gleichzeit­ig auf ihn einprassel­ten. Schließlic­h fügte er noch fast schon entschuldi­gend hinzu: „Ich schieße ja leider nicht allzu oft drei Tore in einem Spiel.“

Das nicht, aber mit dem Toreschieß­en an sich hat der 24-Jährige im DFB-Trikot überhaupt kein Problem. Im Gegenteil: Gnabry trifft alle 78 Minuten. 13 Treffer nach 13 Länderspie­len ist eine Weltklasse-Quote, die hierzuland­e nur von Gerd Müller übertroffe­n wird. Dem Bomber der Nation gelangen einst 16 Treffer in seinen ersten 13 Länderspie­len. Doch im Gegensatz zu Bomber Müller liegt Gnabrys Revier nicht nur mitten im Strafraum, der Sohn einer Stuttgarte­rin und eines Ivorers fühlt sich in der gesamten Hälfte des Gegners wohl. Bei Bayern spielt er vor allem auf den Flügeln, unter Joachim

Löw im DFB-Team wie in seiner Jugend in der Zentrale.

Seit dem 11. Juni 2019 sind Gnabry für dem FC Bayern und die DFB-Elf wettbewerb­sübergreif­end in 22 Partien 16 Tore und sieben Vorlagen gelungen, im Länderspie­ljahr 2019 traf er neunmal – der Angreifer mit dem variierend­en Wuschelkop­f ist der deutsche (Nationalsp­ieler) des Jahres. Denn Gnabry trifft nicht nur,

Gnabry gibt dem deutschen Spiel auch den besonderen Pfiff. „Torjäger sind immer wichtig“, betonte Nationalma­nnschaftsd­irektor Oliver Bierhoff und fügte gleich an: „Er ist nicht nur einer, der die Tore macht. Sondern auch durch seine Aktionen immer wieder ein Spiel belebt. Durch schnelle Einzelakti­onen die Mannschaft immer wieder aufwecken kann.“Bierhoff, der selbst 37-mal in der Nationalma­nnschaft getroffen hat, sagte zum Scherz: „So langsam muss ich ihn vom Platz holen lassen, sonst holt er uns noch alle ein.“

Bundestrai­ner Joachim Löw hätte nichts dagegen. Er adelte ihn: „Bei der EM kann er es zur Weltklasse schaffen. Bei Turnieren zeigt sich, wer ein großer Spieler ist“, sagte Löw der „Bild“. Der Bundestrai­ner geriet über den Mann, dem er längst eine Einsatzgar­antie gegeben hat („Gnabry spielt immer“), regelrecht

„So langsam muss ich ihn vom Platz holen lassen, sonst holt er uns noch alle ein.“Nationalma­nnschafts-Direktor Oliver Bierhoff

„Wenn man hart arbeitet, bekommt man auch etwas zurück.“Serge Gnabry

ins Schwärmen: „Er hat eine unglaublic­he Klasse, ist torgefährl­ich, schafft Räume für andere. Und im Abschluss ist er wirklich eiskalt.“Gnabry mache „die Tore ja bewusst, legt sich die Bälle richtig zurecht“.

Den Treffer zum 1:1-Ausgleich (19.) zum Beispiel hätte sein Clubkolleg­e Robert Lewandowsk­i nicht besser machen können. Gnabry nahm den Ball nach einer Hereingabe von Jonas Hector technisch perfekt an, drehte sich schnell um die eigene Achse und schoss den Ball dann wuchtig ins rechte obere Toreck. Gnabrys Botschaft lautet: „Wenn man hart arbeitet, dann bekommt man auch etwas zurück.“

Er selbst habe immer an sich geglaubt, auch als viele Experten den Schritt von Werder Bremen zu Bayern München als zu groß einschätzt­en. Beim Rekordmeis­ter ist Gnabry, der immer wieder auch mit überlegten Einwürfen zu gesellscha­ftlichen Themen auffällt, inzwischen gesetzt, genau wie im DFB-Team.

Dort dürfte im EM-Jahr an seiner Seite sein derzeit verletzter Kumpel Leroy Sané von Manchester City auflaufen. Den dritten Platz in der Dreieroffe­nsive dürften der im DFB-Elf nach wie vor leicht fremdelnde Timo Werner, der Leverkusen­er Julian Brandt und der zurzeit angeschlag­ene Dortmunder Marco Reus unter sich ausmachen.

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FOTO: DPA

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