Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Keine Drama-Queen
Viktoria Tolstoy, die Ururenkelin des russischen Nationaldichters, hat ohne Zweifel eine starke Stimme. Wandlungsfähig, ausdrucksvoll, manchmal freilich etwas melodramatisch. Auf ihrer neuen CD legt die Schwedin die Attitüde „Drama-Queen“völlig ab, agiert reif, weich, gefühlvoll. Ruht in sich. Zusammen mit einer fabelhaften Band bringt sie alte und neue Songs – die neuen von skandinavischen Composern und Künstlern, die anderen aus dem „Great American Songbook“.
Der Opener „I Should Run“von Ida Sand kommt flott daher, wie es sich gehört, dazu mit einer gewissen Eindringlichkeit. Der Titelsong „Stations“von Stina Nodenstam könnte zum Hit werden, auch wenn die Botschaft „Es ist nie zu früh und nie zu spät“Plattitüden-Potenzial hat. Zurückhaltend, intensiv ist „Land of The Humble“von Nils Erikson, erdig und bluesig „Million Miles“von Bob Dylan. Ein Höhepunkt dieser Einspielung, auch dank der famosen Instrumentalisten.
Die Standards wie „The Old Country“von Nat Adderly oder „Poinciana“(Nat Simon 1936) kommen zärtlich, unverstaubt, teils mit ansteckender Quirligkeit. Und nein, sie bereut nichts, „I Had My Share“, stellt sie ruhig, seelentröstend im letzten Song fest. Produziert hat dieses Album wieder Nils Landgren. An die Intensität von „A Moment of Now“mit Jacob Karlzon kommt es nicht heran – aber man hört ja gerne guten Jazz ohne die ganz große Dramatik. (bgw)
Viktoria Tolstoy: Stations, ACT. Viktoria Tolstoy und Band treten im Rahmen ihrer Deutschlandtour am 29. Februar im Weißenauer Festsaal bei Ravensburg auf.