Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Zwei Schuss Drei Treffer“– ein Kultur-Podcast
Sie reden, reden und reden: Buchhändler Rasmus Schöll quatscht mit dem Heroldstatter Künstler Florian Schröder über Kunst
ULM - Treffen sich zwei Typen und reden. Klingt unspektakulär, ist aber das Grundprinzip vieler Podcasts, die derzeit massenweise die Streaming-Plattformen von Spotify bis Apple überfluten – und teils hunderttausendfach geklickt werden. Diese Podcasts sind Talkshows im Hörformat: Ein Duo quasselt unverblümt und mit größtmöglicher Pointendichte über ein Thema seiner Wahl und Laune. „Fest&flauschig“von Jan Böhmermann ist ein Beispiel für dieses Prinzip und auch „Gemischtes Hack“von Felix Lobrecht. Seit Dezember hat nun auch Ulm einen Podcast mit zwei Typen, die sich unterhalten: Rasmus Schöll, der Leiter der Literaturbuchhandlung Aegis, betreibt mit dem Heroldstatter Autor und Künstler Florian Schröder das Hörformat „Zwei Schuss Drei Treffer“. Ihre Gespräche drehen sich um Kunst, Kultur und den Zirkus drumherum. Sie vermitteln dem Zuhörer das Gefühl, eine Plauderei unter Freunden zu belauschen.
Folge eins. Das Mikrofon gibt bei jedem „P“ein lautes Ploppgeräusch von sich, vor allem, wenn in Florian Schröders Begrüßungsmonolog das Wort „Podcast“fällt. „Wir befassen uns mit guten Büchern, guten Filmen, besprechen eventuell gute Ausstellungen“, lautet die Ansage.
Das erste Objekt ihrer Analyse ist „Serotonin“, der Roman des sehr notorischen und sehr französischen Provokateurs Michel Houellebecq. Schröder tönt, er habe fast jedes Werk dieses Autors gelesen. Er entpuppt sich dabei als kundige Klatschbase, die auch gerne über Image, Personenkult und den ganzen Rummel rund um die Kunst fachsimpelt. Der Buchhändler Schöll dagegen, mit etwas leiserer Stimme, würde gerne über Satzstrukturen sprechen und Serotonin fachgerecht ins Houellebecqsche Spätwerk einordnen. Er kommt kaum dazu. Schröder stellt die Frage, die sich – Hand aufs Herz – jeder Literaturfreund schon gestellt hat: „Wie spricht man Houellebecq eigentlich aus?“
Das Bild des gepflegten Männergesprächs wird in einer Randbemerkung schließlich perfektioniert: Die Herren werden bei der Aufnahme gerade umhüllt vom Zigarettenqualm, den der Buchhändler in den Raum pafft. Dazu trinkt er Rotwein. Beiläufig erwähnen sie, dass sie gerade im zweiten Stock seiner Buchhandlung in Ulm sitzen.
Drei, vier Mails hin und her, mehr habe es nicht gebraucht, um diesen Podcast zu entwerfen, sagt Schöll im Gespräch. „Wenn überhaupt ...“Und da gibt es diese Momente, in denen man ihm das fast glauben kann. In Folge eins des Podcasts verspricht das Duo wiederkehrende Rubriken: Eine Buchvorstellung, das „Wort der Woche“und „gute oder schlimme Sätze“. Aber das Konzept werfen sie schon in Folge zwei über Bord. Flapsig ist ihr Stil, charmant albern und auch mal grob zugespitzt.
Jeden Mittwoch stellen sie eine Folge ins Netz, die etwa eine Stunde dauert. Was motiviert die beiden Kulturschaffenden? Schöll bezeichnet das Format als „Crossover“-Konzept: „Es gibt im Bereich der Kultur nur wenige Podcasts, die alle Kategorien, Gattungen und Formen behandeln.“Zu Florian Schröders Werken zählen Siebdrucke, Fotografien, Musikvideos, Filme, Kleidung und Tonträger. Im Gespräch mit Schöll versucht er, die Trennwände zwischen Kunstsparten zu durchbrechen, und er will auch dazu anregen, aus der eigenen Komfortzone und Meinungsblase auszubrechen. Konträre Auffassungen sind erwünscht. Das bekommt auch Serotonin zu spüren: Schöll ist überzeugt, der Roman sei ein sehr gutes Buch. „Drei minus“, urteilt Schröder. Das alles wirkt aber nicht ganz so bös zwiegespalten wie einst die Zankereien zwischen Sigrid Löffler und Marcel Reich-Ranicki im Literarischen Quartett. Da wollen die Männer lieber Begeisterung für Kultur stiften und zeigen, was Kunst bewegen kann. Darin sind sie sich einig.
„Zwei Schuss Drei Treffer“Alle Infos und Links zum Podcast finden sich unter
http://2schuss3treffer.de