Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Er kommt mit Zylinder und bringt Glück
Schornsteinfeger Heinz Kurz erzählt, wie sich sein Berufsfeld verändert
LAICHINGEN/WESTERHEIM/ DONNSTETTEN
Knopf drehen? Woher kommt der Gedanke, dass der Schornsteinfeger „das Glück“bringt? Heinz Kurz muss nicht lange überlegen. „Vor dem 14. Jahrhundert gab es keine Schornsteinfeger. Es gab also auch keinen Brandschutz. Darin lag die Gefahr. Manchmal sind ganze Straßenzüge abgebrannt“, erzählt Kurz und fügt an: „Erst als das Handwerk von einer italienischen Familie entstand, gab es sozusagen diesen Brandschutz. Viele Leute sagten dann: ,Zum Glück kommt der Schornsteinfeger’“.
Ein Punkt, der laut dem gebürtigen Donnstetter, heute oftmals verkannt wird: „Die Messungen und Schornsteinreinigung dienen nicht nur dem Umweltschutz, sondern auch der eigenen Sicherheit. Eigentlich muss man es wie eine Versicherung sehen“. Manche Kunden würden nur den Aspekt des Geldes benennen. Natürlich koste eine Leistung. „Kostenlos schafft keiner“, sagt der 61-Jährige.
Dennoch möchte er seine Arbeit nicht missen. „Was Spaß macht, ist, dass man die Leute kennt und man schon Ansprechpartner ist. Man unterhält sich“, berichtet der bevollmächtigte Bezirks-Schornsteinfeger aus Donnstetten.
Doch was ist jetzt – mit Blick auf das Coronavirus? Heinz Kurz hält sich an die Vorgaben – mit Sicherheitsabstand und Hygiene. Ein „Tätigkeitsverbot“gibt es bisher nicht. Er weiß: Die aktuelle Lage bedarf besonderer Sensibilität im Umgang mit den Kunden. Er weiß aber auch: Die Schornsteinfegertätigkeiten können nicht dauerhaft aufgeschoben werden, da sie zur wesentlichen Gefahrenabwehr beitragen. Eine Abwägung ist im Einzelfall zu treffen. Doch letztlich sei es seine Verantwortung. Heinz Kurz erlebt in diesen Tagen aber auch viel Freundlichkeit, die ihm entgegengebracht wird. „Vielleicht ändert sich so manche Einstellung. Leute finden mehr zur Realität zurück, kommen zur Besinnung“. Dazu gehören seiner Meinung nach auch die Umgangsformen. Unzufriedenheit, Egoismus oder fehlender Respekt sehe er durchaus als Gesellschaftsproblem. In Zeiten dieser Krise lasse sich jedoch ein Umdenken erkennen.
Heinz Kurz grüßt mit seinem Zylinder. Er nickt. „Wir versuchen, traditionsgemäß aufzutreten“, sagt er. Der Zylinder gehöre zum Erscheinungsbild. In seiner schwarzen Berufskleidung werde er sofort als Schornsteinfeger erkannt. Heinz Kurz lacht und erklärt: „Der Zylinder bietet außerdem Schutz und Wärme. Ich schlage mir auf einer engen Bühne nicht den Kopf an. Da fällt zunächst mal der Zylinder.“Der 61-Jährige verstaut seine Kehrutensilien im Auto, winkt zum Abschied und fährt los – zum nächsten Kunden.