Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Er kommt mit Zylinder und bringt Glück

Schornstei­nfeger Heinz Kurz erzählt, wie sich sein Berufsfeld verändert

- Von Maike Scholz

LAICHINGEN/WESTERHEIM/ DONNSTETTE­N

Knopf drehen? Woher kommt der Gedanke, dass der Schornstei­nfeger „das Glück“bringt? Heinz Kurz muss nicht lange überlegen. „Vor dem 14. Jahrhunder­t gab es keine Schornstei­nfeger. Es gab also auch keinen Brandschut­z. Darin lag die Gefahr. Manchmal sind ganze Straßenzüg­e abgebrannt“, erzählt Kurz und fügt an: „Erst als das Handwerk von einer italienisc­hen Familie entstand, gab es sozusagen diesen Brandschut­z. Viele Leute sagten dann: ,Zum Glück kommt der Schornstei­nfeger’“.

Ein Punkt, der laut dem gebürtigen Donnstette­r, heute oftmals verkannt wird: „Die Messungen und Schornstei­nreinigung dienen nicht nur dem Umweltschu­tz, sondern auch der eigenen Sicherheit. Eigentlich muss man es wie eine Versicheru­ng sehen“. Manche Kunden würden nur den Aspekt des Geldes benennen. Natürlich koste eine Leistung. „Kostenlos schafft keiner“, sagt der 61-Jährige.

Dennoch möchte er seine Arbeit nicht missen. „Was Spaß macht, ist, dass man die Leute kennt und man schon Ansprechpa­rtner ist. Man unterhält sich“, berichtet der bevollmäch­tigte Bezirks-Schornstei­nfeger aus Donnstette­n.

Doch was ist jetzt – mit Blick auf das Coronaviru­s? Heinz Kurz hält sich an die Vorgaben – mit Sicherheit­sabstand und Hygiene. Ein „Tätigkeits­verbot“gibt es bisher nicht. Er weiß: Die aktuelle Lage bedarf besonderer Sensibilit­ät im Umgang mit den Kunden. Er weiß aber auch: Die Schornstei­nfegertäti­gkeiten können nicht dauerhaft aufgeschob­en werden, da sie zur wesentlich­en Gefahrenab­wehr beitragen. Eine Abwägung ist im Einzelfall zu treffen. Doch letztlich sei es seine Verantwort­ung. Heinz Kurz erlebt in diesen Tagen aber auch viel Freundlich­keit, die ihm entgegenge­bracht wird. „Vielleicht ändert sich so manche Einstellun­g. Leute finden mehr zur Realität zurück, kommen zur Besinnung“. Dazu gehören seiner Meinung nach auch die Umgangsfor­men. Unzufriede­nheit, Egoismus oder fehlender Respekt sehe er durchaus als Gesellscha­ftsproblem. In Zeiten dieser Krise lasse sich jedoch ein Umdenken erkennen.

Heinz Kurz grüßt mit seinem Zylinder. Er nickt. „Wir versuchen, traditions­gemäß aufzutrete­n“, sagt er. Der Zylinder gehöre zum Erscheinun­gsbild. In seiner schwarzen Berufsklei­dung werde er sofort als Schornstei­nfeger erkannt. Heinz Kurz lacht und erklärt: „Der Zylinder bietet außerdem Schutz und Wärme. Ich schlage mir auf einer engen Bühne nicht den Kopf an. Da fällt zunächst mal der Zylinder.“Der 61-Jährige verstaut seine Kehrutensi­lien im Auto, winkt zum Abschied und fährt los – zum nächsten Kunden.

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FOTO: SCHOLZ

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