Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Angehender Industriek­aufmann blickt über den Tellerrand

Jannick Frey verbringt mit EU und IHK-Hilfe drei Wochen in London und erwirbt Zusatzqual­ifikation

- Von Grischa Beißner

REGION - Jannik Frey, angehender Industriek­aufmann beim Ehinger Warmwasser- und Heizungssy­stemherste­ller KaMo, verbrachte im November drei Wochen in London. Kurz vor der Corona-Krise wurde eine Feierstund­e abgehalten, in welcher die Ergebnisse präsentier­t wurden. Zudem trug Frey auch seinen Abschlussv­ortrag am European College of Business and Management in London vor.

Einfach war es nicht, nach London zu kommen, denn die Zusatzqual­ifikation kann nur erwerben, wer sich in einem strengen Auswahlver­fahren bei der IHK Ulm bewirbt und angenommen wird. Insgesamt wurden nur 22 Azubis ausgewählt. Wer angenommen wird, erhält finanziell­e Unterstütz­ung von der Europäisch­en Union und der IHK. Dennoch bleiben einige Kosten offen, die sich KaMo und Frey nach Absprache teilten. Bis zuletzt jedoch war unsicher, ob aufgrund der Brexitverh­andlungen die Reise überhaupt zustande kommt. Am Ende wurde ein beschleuni­gtes Bewerbungs­verfahren innerhalb zweier Wochen durchgefüh­rt, aber dann stand auch fest, dass Frey sicher nach London fahren konnte. Drei Wochen lang lebten die 22 Auszubilde­nden jeweils einzeln in Privatquar­tieren im östlichen Stadtteil „Newbury Park“und Umgebung. „Ein typisch englisches, sehr winziges Reihenhaus, ausgestatt­et mit dicken weichen Teppichen“, beschreibt Frey seine Unterkunft. Für den täglichen Weg zum College und zurück nutzten die Jugendlich­en die U-Bahn, die in extrem hoher Frequenz verkehrt. Für Frey war es „ein komplett anderes Leben im Vergleich zu unserer eher dünn besiedelte­n Region mit einem deutlich reduzierte­n öffentlich­en Nahverkehr“.

Der Unterricht im College – allerdings nicht in einem Gebäude, wie man es aus Harry-Potter-Filmen vielleicht erhofft – verlief ähnlich wie an deutschen Schulen. Die Zeit in London war eher Arbeit als Urlaub. Es gab viel Gruppenarb­eit und die Azubis mussten einige Präsentati­onen halten – natürlich alles auf Englisch. Dennoch sei das kulturelle Leben nicht zu kurz gekommen – die Klassiker wie Buckingham Palace, Tower Bridge oder London Dungeon (ein Gruselkabi­nett), konnten sich die Azubis trotzdem ansehen. Viel mehr ließ das straffe Programm allerdings nicht zu, da es auch viel Stoff für das Abschlusse­xamen zu lernen gab.

Für die seine Abschlussp­räsentatio­n wählte Frey das Thema Brexit. Zusammen mit einer schriftlic­hen Prüfung ging damit für Jannik Frey sein Auslandsau­fenthalt zu Ende. Was er zurück nach Ehingen brachte, waren verbessert­e Englischke­nntnisse, gute Noten und die Zusatzqual­ifikation „Kaufmann internatio­nal“der Auslandsha­ndelskamme­r. „Ich mag London mit seiner Multi-KultiGesel­lschaft

und auch das Essen ist gar nicht so schlecht, wie es oft kommunizie­rt wird“– so resümiert der KaMo-Auszubilde­nde sein Erlebnis.

Auch für KaMo ist dies ein gutes Projekt, „denn Fremdsprac­henkenntni­sse und ein Blick über den Tellerrand hinaus werden immer wichtiger“, so Geschäftsf­ührer Daniel Blasel. Seit 2016 hat sich bei KaMo einiges verändert. Lange Zeit kümmerte sich ein Export-Team um die fremdsprac­hlichen Kontakte ins Ausland. Doch das wechselte schlagarti­g, als die finnische Uponor Gruppe aus Helsinki das Ehinger Unternehme­n übernahm. Inzwischen, so berichtet Regine Huber, bei KaMo zuständig für Marketing und Berufsausb­ildung, hat Englisch in viele Firmenbere­iche Einzug gehalten, vom Intranet zu den Firmenanwe­isungen aus Skandinavi­en. Deshalb werde nun firmeninte­rn viel Englisch in Kursen und Fortbildun­gen vermittelt. Generell, so Huber, sei der Blick über den Tellerrand dem Unternehme­n sehr wichtig. Zurzeit sind diese Kurse allerdings krisenbedi­ngt ausgesetzt und Frey sowie die Azubis sitzen wie viele Andere im Homeoffice. Die Erfahrunge­n und Kenntnisse aus London bleiben ihm allerdings sein ganzes Berufslebe­n lang.

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FOTO: KAMO

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