Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
So agieren Firmen in der Coronakrise
Der stationäre Handel ist durch die Schließungen sehr stark betroffen
WESTERHEIM/LAICHINGEN/BLAUBEUREN/BERGHÜLEN - Die Coronakrise wirkt sich auch auf die Wirtschaft aus. Wir haben verschiedene Unternehmen gefragt, wie sie mit der Situation umgehen und welche Folgen sie befürchten.
Husqvarna Group
Rund 1850 Menschen arbeiten in Ulm, Laichingen, Niederstotzingen und Heuchlingen für die schwedische Husqvarna Group. Unternehmenssprecherin Susanne Drmota sagt: „Wir müssen jetzt möglichst alle Beschäftigte mit Kindern unterstützen.“Überall, wo es möglich ist, sei auf mobiles Arbeiten umgestellt worden. In anderen Bereichen, wo mobiles Arbeiten nicht möglich ist, wie zum Beispiel in der Fertigung, werde im Einzelfall geprüft, ob für Menschen mit Kindern Schichtwechsel möglich sind.
Kurzarbeit sei derzeit bei Husqvarna kein Thema, wohl aber die Vorbeugung, wie Drmota erklärt: „Wir haben umfangreiche Maßnahmen und eine Vielzahl an Vorkehrungen getroffen, um die Gesundheit unserer Beschäftigten zu schützen. So wurden beispielsweise die Hygienemaßnahmen verstärkt und die geforderte Sicherheitsdistanz am Arbeitsplatz gewährleistet. Wo auch immer möglich, wurden Prozesse angepasst, um die Arbeitsabläufe trotz beispielsweise Homeoffice oder geänderten Rahmenbedingungen sicherzustellen.“
Sie sagt: „Diese herausfordernde Situation zeigt jedoch auch, dass wir als Unternehmen mit unseren Mitarbeitenden in der Lage sind, schnell zu agieren und zu reagieren. Wir können uns durch kreative Ideen schnell an die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen anpassen. Dass eine Zusammenarbeit innerhalb der Teams auch digital durchaus funktioniert, ist keine Zukunftsmusik, sondern für uns auf breiter Basis erlebte Realität geworden.“
Walter Schuhe Mode Sport
Sven Walter vom Westerheimer Familienunternehmen Walter Schuhe Mode Sport sagt am Telefon: „Ich habe zurzeit keinen Kopf für Fragen. Wir versuchen gerade, das Unternehmen zu retten. Kurzarbeit? Das ist alles angeleiert.“
Rehm Thermal Systems GmbH
Manuela Sebabi, die beim Seißener Maschinenbauunternehmen Rehm Thermal Systems das Marketing leitet, sagt: „Ab April ist bei uns Kurzarbeit vorgesehen – für wie lange ist noch nicht vorhersehbar. Dies wird je nach Auftragslage monatlich entschieden.“Betroffen seien etwa 90 Prozent der Belegschaft in unterschiedlichen Abteilungen. Aktuell befinde sich ein Großteil der Belegschaft soweit möglich im Homeoffice.
Probleme mit Lieferketten habe man nicht. Sababi sagt: „Im Moment sind wir nicht betroffen, da unsere Lagerkapazitäten gut ausgelegt waren und wir viele Waren aus Deutschland beziehen. Waren aus China konnten noch rechtzeitig vor der Ausbreitung von Corona in China in Auftrag gegeben werden, deshalb sind auch hier keine Beeinträchtigung zu erwarten. Unsere Produktion in China ist wieder zu 90 Produktion belegt und hat den Betrieb wieder aufgenommen.“
Im Betrieb selbst seien alle nötigen Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen umgesetzt. Für alle Mitarbeiter sei ausreichend Desinfektionsmittel bereit gestellt, Mitarbeiter vor allem aus der Verwaltung ins Homeoffice geschickt worden. Serviceeinsätze seien eingeschränkt wegen der Reisebeschränkungen, Kundenbesuche wurden weitestgehend ausgesetzt.
Alpine Welten Die Bergführer
Hans Honold und seine Kollegen organisieren von Blaubeuren und von München aus Berg- und Skitouren in der ganzen Welt – derzeit aber eher nicht. Er sagt: „Wir wurden in Italien bereits im Februar direkt mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie konfrontiert. In der Folge ist es uns gelungen, frühzeitig Touren abzusagen und unsere Gäste aus den Zielländern zum Teil auch vorzeitig nach Hause zu bringen. Durch die weltweite Reisewarnung finden zunächst bis 30. April keine Reisen statt. Unsere Mitarbeiter arbeiten weitestgehend aus dem Homeoffice.“
Er gehe aber nicht davon aus, dass er Kurzarbeit einführen werde. „Als schwäbisches Unternehmen haben wir vorgesorgt“, sagt Honold. Hart treffe es aber die rund 130 Bergführer, denen die Hauptsaison im wichtigen Winter weggebrochen ist. Er erklärt: „Wir prüfen verschiedene Unterstützungsmaßnahmen.“
Honolds Ausblick: „Spannend wird, ob und wie im Sommer die Wiederaufnahme des Bergreiseprogramms erfolgen kann. Aber auch einen kompletten Ausfall werden wir überstehen. Sollte dieses ausfallen, ist Kurzarbeit tatsächlich eine Option. Die Krise wird in unserem Bereich voraussichtlich zu einer Flurbereinigung führen. Reisen anbieten und Reisen durchführen können ist ein himmelweiter Unterschied. Einige haben sich dabei sicher übernommen.“
Schuhhaus Walter
Johannes Walter vom gleichnamigen Schuhhaus in Laichingen musste alle Filialen und Verkaufsstellen schließen. Er sagt: „Wir arbeiten weiter und bereiten unsere Filialen für den Zeitraum ab Ende April vor. Schuhe, die wir jetzt verkaufen könnten, sind vermutlich Anfang Mai nicht mehr gefragt. Da ich seit 18. März keine
Einnahmen habe, musste ich Kurzarbeit beantragen. Vermutlich muss ich dies ab April in Anspruch nehmen. Dies da es keine Arbeit gibt und auch keine Überstunden zu verrechnen sind.“
Betroffen seien alle 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wer dadurch in finanzielle Probleme gerate, bekomme einen zinslosen Vorschuss, der später mit zusätzlichen Arbeitsstunden ausgeglichen werden könne.
Probleme mit der Lieferkette habe er derzeit keine, im Gegenteil: „Ich hätte gerne weniger Schuhe. Doch wir müssen diese abnehmen, solange sich die Lieferanten an die Lieferzeiten halten. Ich gehe davon aus, dass es Probleme im Herbst geben wird. Hier werden sich die aktuellen Probleme in China oder Italien, mit Lederlieferungen und fehlender Vorproduktion, auswirken.“
Walter sagt: „Ich halte die Schließung der Geschäfte für richtig. Dies dann doch bitte konsequent für alle. Im Internet darf alles weiterhin verkauft werden. Grenzen zu Nachbarländern wurden geschlossen, doch Ware aus den Nachbarländern wird nach wie vor über Internetbestellung geliefert.“Er beklagt Ungleichbehandlung vor Ort: „Wir dürfen nicht einmal die für den täglichen Bedarf wichtigen Kinderschuhe in passender Größe verkaufen. Orthopäden dürfen weiterhin Schuhe messen und verkaufen. Postenmärkte dürfen weiterhin verkaufen, nur weil diese ein paar Lebensmittel im Sortiment haben.“