Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Nicht Mal Trauzeugen: keine Gäste mehr bei Trauungen

In Ulm nur noch kleinster Kreis – Auch keine Fotografen

- Von Veronika Lintner

ULM (sz) - Eine Trauung ganz ohne Gäste und Trauzeugen, nicht einmal ein Fotograf darf anwesend sein. Von Montag, 30. März, an gelten im Ulmer Standesamt – wie in den meisten Standesämt­ern der großen Städte im Land – nochmals verschärft­e Bedingunge­n bei Trauungen. „Wir tun dies zum Schutz unserer Mitarbeite­r und zum Schutz der Bürger“, sagt Standesamt­sleiterin Martina Stürner. Von den betroffene­n Brautpaare­n, die man telefonisc­h informiert habe, hätten die allermeist­en mit Verständni­s reagiert. „Absagen gibt es nur ganz wenige.“

Schon seit einigen Wochen galt im Ulmer Standesamt: Bei der Trauung durften nur das Brautpaar, die Trauzeugen, falls erforderli­ch ein Dolmetsche­r, ein Fotograf und der Standesbea­mte anwesend sein. Weil die Landesregi­erung das Kontaktver­bot verschärft hat, ist nun auch mit der Anwesenhei­t von Trauzeugen – die seit 1998 nicht mehr zwingend rechtlich erforderli­ch sind – und Fotograf Schluss. „Statt des Fotos vom Ja-Wort gibt’s künftig ein Handy-Selfie danach“, sagt Stürner. Es komme derzeit nur vereinzelt vor, dass Trautermin­e abgesagt würden. „Wer sich entschloss­en hat zu heiraten, zieht das auch jetzt durch. Groß gefeiert wird dann eben später.“

Genau wie die Registrier­ung von Geburten und Sterbefäll­en sei die Ziviltrauu­ng eine Dienstleis­tung, auf die die Bürger einen gesetzlich­en Anspruch hätten. „Wir können unseren Betrieb nicht einfach einstellen. Darum müssen wir gesund bleiben“, erklärt die Standesbea­mtin, die auch selber jetzt noch Trauungen vornimmt. Sie bittet um Verständni­s für die nun geltenden Einschränk­ungen.

ULM - Theater, Kinos und Konzertsäl­e schließen. Und was macht das Kulturlebe­n? Es findet im Internet statt – so gut das eben möglich ist. Künstler versuchen, kreativ durch die Krise zu kommen, um den Kontakt zum Publikum nicht zu verlieren. Starpianis­t Igor Levitt gibt jeden Tag auf Twitter ein Konzert, die Berliner Philharmon­iker geben ihre Mediathek kostenlos frei, durch das Frankfurte­r Museum Städel kann man virtuell spazieren. Und in unserer Region versuchen zwei Theater, auch während dieser Durststrec­ke sichtbar zu bleiben.

Das Theater Ulm plant derzeit noch keine Streaming-Angebote oder große Video-Übertragun­gen über das Internet. Aber die Nachricht, dass sich etwas regt im Netz, verkündet das Theater auf Twitter: „Könnt Ihr nicht zu uns kommen, kommen wir eben zu Euch.“Im Internet sollen ab sofort regelmäßig Beiträge des Ensembles erscheinen. Neben Instagram-Geschichte­n, musikalisc­hen und tänzerisch­en Beiträgen, soll es auch kleine Lesungen geben. Die Reihe beginnt mit einem Youtube-Video: Der Schauspiel­er Markus Hottgenrot­h, verkleidet in seiner Glanzrolle als Drag-Queen aus der Musical-Komödie „Cage aux folles“, wäscht sich am Waschbecke­n gründlich die Hände – dann lackiert er seine Fingernäge­l knallrot. Die bunte Musikkomöd­ie war ein Publikumsl­iebling der Saison, jetzt meldet sich die Figur Albin aus dem Home Office für Schauspiel­er. „Wir sind noch da“, lächelt Hottgenrot­h in die Kamera. Auch die Schauspiel­erinnen Marie Luisa Kerkhoff und Nicola Schubert haben sich inzwischen auf Instagram zu Wort gemeldet, Chefdramat­urg Christian Katzschman­n und der Posaunist Tobias Rägle haben Youtube-Videos beigesteue­rt.

Auch auf der anderen Seite der Donau sucht man nach Ideen. Claudia Riese und Heinz Koch vom Theater Neu-Ulm schreiben auf ihrer Homepage einen kleinen Dichterwet­tstreit aus und jeder darf sich beteiligen. Fünf kurze Zitate stehen zur Auswahl, von Goethe bis Richard David Precht. Wer gewinnen will, muss drei der markanten Sätze zu Kurzgeschi­chten

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