Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Auch das Handwerk leidet unter Corona: Hier wird den Betrieben geholfen
Ulmer Kammer ist zuständig bis zum Bodensee – 40 Mitarbeiter bearbeiten Anträge
ULM (sz) - Noch viel größer als das Gebiet der IHK Ulm (Industrie- und Handelskammer) ist das der Handwerkskammer Ulm (HWK). Es reicht bis an den Bodensee. Auch die HWK berät, prüft und gibt Anträge auf Soforthilfe für Betriebe (im Handwerk) frei. Nicht alle spüren die CoronaAuswirkungen gleich stark.
So geht’s: Handwerksbetriebe laden die Anträge auf Soforthilfe online auf der Seite des Wirtschaftsministeriums hoch. Von dort werden sie an die zuständige Kammer weitergeleitet. Die Zahl der Anträge nehme stetig zu, um zirka 1000 pro Tag, so die Handwerkskammer Ulm. Das eigens gebildete Team in der Ulmer Handwerkskammer arbeitet von Montag bis Samstag von 7 bis 19.30 Uhr mit rund 40 Mitarbeitern die Antragsflut ab. „Wir arbeiten mit Hochdruck, helfen schnell und ohne viel Formularkram bei Beantragung und Auszahlung. Eine außergewöhnliche Situation erfordert außergewöhnliche Maßnahmen. Für altbekannte und vielfach bewährte Muster fehlt den Betroffenen Betrieben die Zeit“, sagt Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm. Er betont aber auch: „Datensysteme und Infrastruktur sind eine riesige Herausforderung und machen Schwierigkeiten in Zeiten, in denen plötzlich überall alle alles online bewegen wollen.“
Die Handwerkskammer Ulm unterstützt über eine Hotline von Montag bis Samstag mit ihren Beratern, damit möglichst wenige unvollständige oder falsch ausgefüllte Antragsbogen eingehen. Wichtig sei, dass der Antrag beim Wirtschaftsministerium hochgeladen wird. Mehlich: „Die ersten sind schon von uns zur Zahlung freigegeben. Es gibt aber kein Zeitlimit
für die Anträge. Auch derjenige, der in der kommenden Woche noch beantragt, fällt nicht raus und wird von uns schnell und unbürokratisch bearbeitet. Entscheidend für eine unkomplizierte Prüfung und damit einen schnellen Bescheid ist, dass die Voraussetzungen für die Soforthilfe im Antrag ersichtlich und auch erfüllt sind.“
Ein weiteres Hilfsangebot für krisengebeutelte Betriebe ist die Stundung der Sozialversicherungsbeiträge zunächst für zwei Monate. „Wir sind froh, dass eine weitere zentrale Forderung von uns so rasch umgesetzt wurde“, sagt Mehlich. Es genüge dazu ein unbürokratisches, formloses Schreiben, in dem die Stundung und Aussetzung der Vollziehung der Beiträge für März und April 2020 bis auf weiteres beantragt und die Aussetzung fälliger Zahlungen ebenso wie die Erhebung von Zinsen und Säumniszuschlägen erbeten wird.
Eine Umfrage unter Handwerksbetrieben zu den Auswirkungen von Corona habe ergeben, dass 77 Prozent der Handwerker derzeit Umsatzrückgänge zu verkraften hätten. 55 Prozent seien von Auftragsstornierungen betroffen. 36 Prozent hätten mit Personalausfall zu kämpfen, mit fehlendem Material 31 Prozent. Behördliche Betriebsschließungen hingegen nennen 16 Prozent als Auswirkung. Zehn Prozent der Handwerksbetriebe würden die Corona-Krise bislang nicht in ihrem Betriebsalltag spüren. „Die Ergebnisse der Umfrage zeigen die Vielschichtigkeit und den Spagat, den wir momentan zu organisieren haben. Von nahezu zahlungsunfähigen Betrieben bis zum florierenden Geschäft ist alles dabei. Die Gründe sind aber nicht ‚schlechtes Wirtschaften‘ bei den einen. Die Branchen im Handwerk sind zu unterschiedlich. Umso besser, dass die Politik die Betriebe mit Soforthilfe unterstützt, die unverschuldet in Schieflage geraten sind. Das ist vorausschauend – und echte Wirtschaftspolitik“, betont Mehlich.
Die Handwerkskammer Ulm ist Dienstleister und Ansprechpartner für rund 19 500 Handwerksbetriebe mit mehr als 120 000 Beschäftigten und rund 8000 Auszubildenden in den Landkreisen Ostalb, Heidenheim, Alb-Donau, Biberach, Ravensburg, Bodensee und im Stadtkreis Ulm. Die Mitgliedsbetriebe zwischen Jagst und Bodensee generierten in 2019 einen Umsatz von über 15 Milliarden Euro. Zentrale Aufgabe der Handwerkskammer Ulm sei es, die Interessen der Handwerksbetriebe auf allen Ebenen der Politik und in der Öffentlichkeit zu vertreten. Zu den Aufgabenschwerpunkten gehören neben Ausbildung, Prüfungswesen und Führen der Handwerksrolle auch berufliche Bildungsangebote, Nachwuchswerbung, Beratungsleistungen für Betriebsinhaber wie Personalberatung und Angebote für Existenzgründer oder rund um die Unternehmensnachfolge (ZEN) und jetzt die Begleitung der Betriebe durch alle Fragen der Corona-Krise.