Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Neu-Ulmer Stadtrat schaltet in den Corona-Modus
Aus Gründen des Infektionsschutzes tagt ab jetzt nur noch ein „Rumpfgremium“
NEU-ULM - Der Neu-Ulmer Stadtrat trat schon so manches Mal im Edwin-Scharff-Haus statt im Rathaus zusammen. Nämlich immer dann, wenn eine gemeinsame Sitzung mit dem Ulmer Gemeinderat anstand und deshalb mehr Platz benötigt wurde. Die erste öffentliche Sitzung des Neu-Ulmer Stadtrats nach der Kommunalwahl wurde ebenfalls aus Platzgründen in das Tagungszentrum verlegt – aber nicht, um dort möglichst viele Stadträte unterzubringen, sondern um einen möglichst großen Abstand zwischen den Sitzungsteilnehmern zu schaffen.
Die Verwaltung reagierte damit auf die Vorgaben des Freistaats Bayern zur Arbeit von Stadt- und Gemeinderäten während der CoronaKrise. Im großen Saal des EdwinScharff-Hauses wurden Tische über den gesamten Raum verteilt, sodass die Sitzplätze möglichst weit auseinander waren. Links und rechts standen Mikrofone für Wortmeldungen. Die wenigen Zuschauer durften auf der Empore Platz nehmen und sich die Sitzung von oben anschauen.
Aus Gründen des Infektionsschutzes sollen die Stadträte aber nicht nur Abstand halten, sondern auch nicht mehr so oft tagen wie sonst. Deshalb kommen derzeit keine Fachausschüsse mehr zusammen.
Der Stadtrat zog deren Angelegenheiten in der Sitzung von Dienstag an sich. Bis zum Ende der Legislaturperiode, also bis Ende April, tagt dann nur noch der Ferienausschuss.
Dieses „Rumpfgremium“mit 18 Ausschussmitgliedern kann in der Ferienzeit alle Angelegenheiten erledigen, für die sonst der Stadtrat oder ein beschließender Ausschuss zuständig wären. Dafür musste der Stadtrat eine zweite Ferienzeit bestimmen, die von 1. bis 30. April dieses Jahres dauert. Wie es danach weitergeht, ist offen. „Wir können feststellen, dass wir mit großer Sorge sehen, wie sich die Zahlen entwickeln“, sagte Oberbürgermeister Gerold Noerenberg (CSU) über das Coronavirus und die Folgen der Pandemie. Es gebe zwar auch in Bayern erste zarte Hoffnungsschimmer, dass die Kurve der Infektionen abflache. Das sei aber noch kein Grund zur Entwarnung. „Die Lage ist sehr, sehr ernst“, betonte das Stadtoberhaupt.
Die Stadträte bat Noerenberg, aufgrund der Vorgaben des bayerischen
Innenministeriums von größeren Diskussionen abzusehen. Das ging allerdings nicht lange gut. Ein Bauvorhaben in Pfuhl löste eine mehr als einstündige Debatte samt Sitzungsunterbrechung für eine Unterredung des Ältestensrats aus.
In der Kirchstraße plant ein Bauherr ein Mehrfamilienhaus mit acht Wohnungen und Tiefgarage – nur wenige Meter vom Anwesen eines Landwirts entfernt, der sich dadurch in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht sieht und befürchtet, künftig keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr zu haben, obwohl diese durch gesetzliche Auflagen notwendig wären. Mehrere Räte sahen Rechtsstreitigkeiten programmiert und schlugen vor, eine Entscheidung zu vertagen, um offene Fragen zu klären. Gerold Noerenberg verwies jedoch darauf, dass das Vorhaben bauordnungsrechtlich geprüft worden sei und ein Gutachten vorliege, welches vom Landratsamt als schlüssig erachtet worden sei. Darüber könne sich die Stadt nicht einfach hinwegsetzen.
Eine Vertagung sei nicht möglich, weil sonst eine Untätigkeitsklage wegen Überschreitung der Dreimonatsregel drohe. Die Sache sei entscheidungsreif. Eine klare Mehrheit lehnte das Bauvorhaben daraufhin ab. Jetzt ist die Rechtsaufsicht gefragt.