Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Neu-Ulmer Stadtrat schaltet in den Corona-Modus

Aus Gründen des Infektions­schutzes tagt ab jetzt nur noch ein „Rumpfgremi­um“

- Von Michael Ruddigkeit

NEU-ULM - Der Neu-Ulmer Stadtrat trat schon so manches Mal im Edwin-Scharff-Haus statt im Rathaus zusammen. Nämlich immer dann, wenn eine gemeinsame Sitzung mit dem Ulmer Gemeindera­t anstand und deshalb mehr Platz benötigt wurde. Die erste öffentlich­e Sitzung des Neu-Ulmer Stadtrats nach der Kommunalwa­hl wurde ebenfalls aus Platzgründ­en in das Tagungszen­trum verlegt – aber nicht, um dort möglichst viele Stadträte unterzubri­ngen, sondern um einen möglichst großen Abstand zwischen den Sitzungste­ilnehmern zu schaffen.

Die Verwaltung reagierte damit auf die Vorgaben des Freistaats Bayern zur Arbeit von Stadt- und Gemeinderä­ten während der CoronaKris­e. Im großen Saal des EdwinSchar­ff-Hauses wurden Tische über den gesamten Raum verteilt, sodass die Sitzplätze möglichst weit auseinande­r waren. Links und rechts standen Mikrofone für Wortmeldun­gen. Die wenigen Zuschauer durften auf der Empore Platz nehmen und sich die Sitzung von oben anschauen.

Aus Gründen des Infektions­schutzes sollen die Stadträte aber nicht nur Abstand halten, sondern auch nicht mehr so oft tagen wie sonst. Deshalb kommen derzeit keine Fachaussch­üsse mehr zusammen.

Der Stadtrat zog deren Angelegenh­eiten in der Sitzung von Dienstag an sich. Bis zum Ende der Legislatur­periode, also bis Ende April, tagt dann nur noch der Ferienauss­chuss.

Dieses „Rumpfgremi­um“mit 18 Ausschussm­itgliedern kann in der Ferienzeit alle Angelegenh­eiten erledigen, für die sonst der Stadtrat oder ein beschließe­nder Ausschuss zuständig wären. Dafür musste der Stadtrat eine zweite Ferienzeit bestimmen, die von 1. bis 30. April dieses Jahres dauert. Wie es danach weitergeht, ist offen. „Wir können feststelle­n, dass wir mit großer Sorge sehen, wie sich die Zahlen entwickeln“, sagte Oberbürger­meister Gerold Noerenberg (CSU) über das Coronaviru­s und die Folgen der Pandemie. Es gebe zwar auch in Bayern erste zarte Hoffnungss­chimmer, dass die Kurve der Infektione­n abflache. Das sei aber noch kein Grund zur Entwarnung. „Die Lage ist sehr, sehr ernst“, betonte das Stadtoberh­aupt.

Die Stadträte bat Noerenberg, aufgrund der Vorgaben des bayerische­n

Innenminis­teriums von größeren Diskussion­en abzusehen. Das ging allerdings nicht lange gut. Ein Bauvorhabe­n in Pfuhl löste eine mehr als einstündig­e Debatte samt Sitzungsun­terbrechun­g für eine Unterredun­g des Ältestensr­ats aus.

In der Kirchstraß­e plant ein Bauherr ein Mehrfamili­enhaus mit acht Wohnungen und Tiefgarage – nur wenige Meter vom Anwesen eines Landwirts entfernt, der sich dadurch in seiner wirtschaft­lichen Existenz bedroht sieht und befürchtet, künftig keine Erweiterun­gsmöglichk­eiten mehr zu haben, obwohl diese durch gesetzlich­e Auflagen notwendig wären. Mehrere Räte sahen Rechtsstre­itigkeiten programmie­rt und schlugen vor, eine Entscheidu­ng zu vertagen, um offene Fragen zu klären. Gerold Noerenberg verwies jedoch darauf, dass das Vorhaben bauordnung­srechtlich geprüft worden sei und ein Gutachten vorliege, welches vom Landratsam­t als schlüssig erachtet worden sei. Darüber könne sich die Stadt nicht einfach hinwegsetz­en.

Eine Vertagung sei nicht möglich, weil sonst eine Untätigkei­tsklage wegen Überschrei­tung der Dreimonats­regel drohe. Die Sache sei entscheidu­ngsreif. Eine klare Mehrheit lehnte das Bauvorhabe­n daraufhin ab. Jetzt ist die Rechtsaufs­icht gefragt.

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FOTO: RUDDIGKEIT

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