Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Zwei Stühle, eine Gitarre, Gesang und die Nachbarn

Doris Wörner singt nach dem Läuten der Glocken in Laichingen – So kam sie auf die Idee und das ist ihr Gedanke dahinter

- Von Maike Scholz

LAICHINGEN - Kurt Wörner stellt zwei Stühle auf den Balkon. Dann holt er seine Gitarre herbei und legt das Mikrophon bereit. Der Laichinger, der vielen aus der Politik und durch seine Ehrenämter bekannt ist, möchte mit seiner Frau Doris in der Zeit des Coronaviru­s ebenso etwas tun. Das Ehepaar singt.

Die Idee hatte Doris Wörner. Sie singt im katholisch­en Kirchencho­r und im „aChORd“des Gesangvere­ins Frohsinn Laichingen. „Es laufen derzeit einfach so viele verschiede­ne Aktionen. Jeder versucht, was er kann und bringt sich ein“, sagt sie. Das möchte sie ebenso. Manche unterstütz­en beim Einkauf, schreiben Briefe oder malen Bilder: Doris und Kurt Wörner musizieren.

In der Woche vor Ostern startete das Ehepaar. An Karfreitag und Ostersonnt­ag folgten weitere musikalisc­he Minuten. „Es ist einfach für unsere Nachbarn“, fügt Kurt Wörner an. Diese wissen schon Bescheid. Um 19.30 Uhr läuten die Glocken. Sie sind auch im Bereich „Vor Westerlau“noch gut zu hören. Kurz nach Beginn des Läutens wird gesungen. Manche Nachbarn stehen auf dem Balkon, andere vor dem Haus, wieder andere haben ein Fenster geöffnet.

Immer wieder erklärt Wörner das Prozedere. „Liebe Nachbarn, es wird gleich läuten. Wer mitsingen möchte, darf gerne mitsingen“, sagt er und erzählt, welche Lieder zu hören sein werden. Es sind das Taizé-Lied „Meine Hoffnung und meine Freude“, dann Dietrich Bonhoeffer­s „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, weiter das „Lobe den Herren meine Seele“und zum Schluss „Der Mond ist aufgegange­n“.

Kurt Wörner dreht den Verstärker für das Mikrophon auf. Er greift nach seiner Gitarre. Seine Frau tut es ihm mit dem Mikrophon gleich. Sie schauen sich an, geben sich ein leises Zeichen, dann geht es los. Seine Füße wippen im Takt mit, immer wieder schaut Kurt Wörner zu seiner Frau, die seinen Blick erwidert. Zwischen den Pflanzen tanzen die kleinen Mücken.

Applaus ist zu hören. Doris Wörner nickt. Sie freut sich. Die Aktion – ihr Gesang im Zusammensp­iel mit der Gitarre – kommt an. Doris Wörner gibt das Mikrophon an ihren Mann weiter. Der sagt: „Wir wollen auch heute wiederum an alle denken, die viel für uns tun. Ärzte, Altenpfleg­er,

jene die das Essen auf Rädern bringen, die Transporte­ure und Busfahrer und auch an die Redakteure, dass wir täglich unsere Zeitung lesen können. Dankeschön.“Der Laichinger fügt für seine Nachbarn an: „Bleibt alle gesund. Gute Nacht“.

Sacht werden die Gardinen wieder vor die Fenster geschoben. „Das war wieder schön“, ist von der Straße zu hören. In der Straße „Vor Westerlau“wird es wieder ruhig. Doris Wörner wirkt nachdenkli­ch. „Wir hätten eigentlich zu Ostern die Messe gesungen“, sagt sie. Sie vermisse die Sing- und Übungsaben­de, die wöchentlic­hen Proben, das Zusammense­in. „Wir hoffen sehr, dass bald die Normalität wieder zurückkomm­t“, fügt Doris Wörner an: „Wie auch immer diese dann aussehen wird.“

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FOTO: SCHOLZ

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