Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Zwei Stühle, eine Gitarre, Gesang und die Nachbarn
Doris Wörner singt nach dem Läuten der Glocken in Laichingen – So kam sie auf die Idee und das ist ihr Gedanke dahinter
LAICHINGEN - Kurt Wörner stellt zwei Stühle auf den Balkon. Dann holt er seine Gitarre herbei und legt das Mikrophon bereit. Der Laichinger, der vielen aus der Politik und durch seine Ehrenämter bekannt ist, möchte mit seiner Frau Doris in der Zeit des Coronavirus ebenso etwas tun. Das Ehepaar singt.
Die Idee hatte Doris Wörner. Sie singt im katholischen Kirchenchor und im „aChORd“des Gesangvereins Frohsinn Laichingen. „Es laufen derzeit einfach so viele verschiedene Aktionen. Jeder versucht, was er kann und bringt sich ein“, sagt sie. Das möchte sie ebenso. Manche unterstützen beim Einkauf, schreiben Briefe oder malen Bilder: Doris und Kurt Wörner musizieren.
In der Woche vor Ostern startete das Ehepaar. An Karfreitag und Ostersonntag folgten weitere musikalische Minuten. „Es ist einfach für unsere Nachbarn“, fügt Kurt Wörner an. Diese wissen schon Bescheid. Um 19.30 Uhr läuten die Glocken. Sie sind auch im Bereich „Vor Westerlau“noch gut zu hören. Kurz nach Beginn des Läutens wird gesungen. Manche Nachbarn stehen auf dem Balkon, andere vor dem Haus, wieder andere haben ein Fenster geöffnet.
Immer wieder erklärt Wörner das Prozedere. „Liebe Nachbarn, es wird gleich läuten. Wer mitsingen möchte, darf gerne mitsingen“, sagt er und erzählt, welche Lieder zu hören sein werden. Es sind das Taizé-Lied „Meine Hoffnung und meine Freude“, dann Dietrich Bonhoeffers „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, weiter das „Lobe den Herren meine Seele“und zum Schluss „Der Mond ist aufgegangen“.
Kurt Wörner dreht den Verstärker für das Mikrophon auf. Er greift nach seiner Gitarre. Seine Frau tut es ihm mit dem Mikrophon gleich. Sie schauen sich an, geben sich ein leises Zeichen, dann geht es los. Seine Füße wippen im Takt mit, immer wieder schaut Kurt Wörner zu seiner Frau, die seinen Blick erwidert. Zwischen den Pflanzen tanzen die kleinen Mücken.
Applaus ist zu hören. Doris Wörner nickt. Sie freut sich. Die Aktion – ihr Gesang im Zusammenspiel mit der Gitarre – kommt an. Doris Wörner gibt das Mikrophon an ihren Mann weiter. Der sagt: „Wir wollen auch heute wiederum an alle denken, die viel für uns tun. Ärzte, Altenpfleger,
jene die das Essen auf Rädern bringen, die Transporteure und Busfahrer und auch an die Redakteure, dass wir täglich unsere Zeitung lesen können. Dankeschön.“Der Laichinger fügt für seine Nachbarn an: „Bleibt alle gesund. Gute Nacht“.
Sacht werden die Gardinen wieder vor die Fenster geschoben. „Das war wieder schön“, ist von der Straße zu hören. In der Straße „Vor Westerlau“wird es wieder ruhig. Doris Wörner wirkt nachdenklich. „Wir hätten eigentlich zu Ostern die Messe gesungen“, sagt sie. Sie vermisse die Sing- und Übungsabende, die wöchentlichen Proben, das Zusammensein. „Wir hoffen sehr, dass bald die Normalität wieder zurückkommt“, fügt Doris Wörner an: „Wie auch immer diese dann aussehen wird.“