Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Ich bin sehr stolz auf das Zahlenwerk“
Leiterin der Finanzabteilung sieht angesichts des Coronavirus die Gewerbesteuer stark schwinden
Sie mussten das Finanzwesen der Gemeinde auf das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen umstellen. Das war sicherlich eine sportliche Aufgabe und große Herausforderung?
Es war sicherlich nicht der leichteste Einstieg in so einer anspruchsvollen Stelle. So stressig und anstrengend es auch in einzelnen Momenten gewesen ist, muss ich sagen, dass ich mich dadurch sehr schnell in Heroldstatt einarbeiten konnte. Getreu dem Motto: „Learning by doing“bin ich sehr zügig in viele Bereiche, die im Rahmen der Umstellung aufgeschlagen sind, eingestiegen.
War es der erste Haushalt, den Sie in doppischer Form erstellt haben?
Es war überhaupt der erste Haushaltsplan, den ich je erstellt habe. Dadurch war es für mich eine noch größere Herausforderung. Insbesondere, da ich mich zunächst mit den Planungsgrundlagen der Kameralistik auseinandersetzen musste, um eine saubere Überleitung in den neuen Haushaltsplan gewährleisten zu können.
Erklären Sie bitte in Kürze, was die neue Haushaltsform von dem bisherigen kameralistischen System unterscheidet?
In der Kameralistik wurden grundsätzlich die Ein- und Auszahlungen betrachtet. Nur in einzelnen Bereichen wurde das Vermögen bewertet und der Werteverzehr in Form von Abschreibungen berücksichtigt. Im
NKHR wird das gesamte Vermögen der Gemeinde, also auch alle Straßen, Kanäle und Gebäude bewertet. Dies soll zu intergenerativer Gerechtigkeit führen, da nun der Werteverzehr über die Nutzungsdauer des Vermögens dargestellt wird und zu erwirtschaften ist. Somit stehen künftigen Generationen Mittel für die Sanierung oder Erneuerung des Vermögens zur Verfügung.
Wo lagen die Schwierigkeiten bei der Umstellung?
Besonders schwierig war es, alle Themen fristgerecht beziehungsweise rechtzeitig zu bearbeiten. Wir waren in der Kämmerei gerade im Zeitraum der Umstellung besonders unterbesetzt. Da wir im Rahmen der Umstellung sowohl das Finanzprogramm wie auch die Art des Rechnungswesens geändert haben, war es besonders schwierig, in dem neuen Programm mit der neuen Buchungssystematik zu arbeiten.
Nun zum neuen Haushalt 2020 der Gemeinde Heroldstatt, der ja angesichts der neuen Form ein historischer ist. Wie bewerten Sie Ihr Zahlenwerk? Wie steht die Gemeinde finanziell da?
Ich bin sehr stolz auf das Zahlenwerk. Die Gemeinde Heroldstatt geht in den nächsten Jahren sehr viele Projekte an. Es war nicht einfach, diese unter einen Hut zu bekommen.
Finanziell ist die Gemeinde derzeit gut aufgestellt.
Könnten Sie uns die wichtigsten Eckdaten des Haushalts nennen?
Im Ergebnishaushalt sind die Aufwendungen für die folgenden Projekte von wesentlicher Bedeutung: Endabrechnung der Personalleihe mit dem Gemeindeverwaltungsverband (GVV), Durchführung der Eigenkontrollverordnung bei den Kanälen, Erstellung eines allgemeinen Kanalisationsplans, neue Verkehrszeichen insbesondere für die 30erZonen in den Wohngebieten sowie der Umbau der Backhäuser.
Nun zum Finanzhaushalt? Wie ist es um diesen bestellt?
Im Finanzhaushalt sind die Ausgaben für Investitionen aufgeführt. Dazu zählen insbesondere die neue EDV-Ausstattung sowie die Einführung des Dokumentenmanagementsystems und Belegscans im Rathaus, die Beschaffung des HLF-10, die Umrüstung im Feuerwehrwesen auf den Digitalfunk, die Grundschulsanierung, die Maßnahmen im Landessanierungsprogramm, die Sanierung des Panorama- und Neubachwegs und der Breitbandausbau. Insgesamt sind im Jahr 2020 Investitionen in Höhe von 3,95 Millionen Euro geplant. Dem gegenüber stehen Einzahlungen für Investitionsmaßnahmen in Höhe von 1,57 Millionen Euro.
Interessant war in den vergangenen Jahren immer die Zuführungsrate vom Verwaltungshaushalt zum Vermögenshaushalt, da diese ein Stück weit die finanzielle Stärke einer Gemeinde aufzeigte. Gibt es da eine vergleichbare Zahl und könnten Sie diese erläutern?
Die Nachfolge der Zuführungsrate vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt tritt der Zahlungsmittelüberschuss/-bedarf aus laufender Verwaltungstätigkeit an. Da nicht alle Erträge und Aufwendungen des Ergebnisses zahlungswirksam sind, stellt der Zahlungsmittelüberschuss/-bedarf die tatsächliche Be-/ Entlastung der finanziellen Mittel aus der laufenden Verwaltungstätigkeit dar. In den nächsten Jahren ist von einem Zahlungsmittelbedarf aus laufender Verwaltungstätigkeit auszugehen. Dies ist den erhöhten Aufwendungen für unsere zusätzlichen Projekte geschuldet.
Woher kommen die meisten Einnahmen?
Die meisten Erträge werden durch Steuern und ähnliche Abgaben generiert, die Hauptanteile sind dabei der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer, die Gewerbesteuer sowie die Grundsteuer B.
Wohin fließen in erster Linie die Ausgaben im Ergebnishaushalt?
Der Großteil unserer Gesamtaufwendungen
entfällt mit etwa 30 Prozent auf die Personalkosten. Weitere 27 Prozent stellen Transferaufwendungen wie beispielsweise die Kreisund FAG-Umlagen dar. Der Anteil der Aufwendungen für die Abschreibungen beträgt 16 Prozent. Die restlichen Aufwendungen betreffen Sachund Dienstleistungen.
Wie ist es um die Gebührenhaushalte in Heroldstatt bestellt? Sind da in nächster Zeit Anpassungen vorzunehmen?
Durch die Mehraufwendungen im Rahmen der Umstellung und durch die zusätzlichen Projekte müssen wir in den nächsten Jahren unsere Erträge deutlich steigern. Das heißt, wir werden um Gebühren- und Entgelterhöhungen nicht umher kommen. Natürlich werden wir versuchen diese in einem sozialverträglichen Maße schrittweise anzugehen.
Eine wichtige Einnahme jeder Gemeinde bildet die Gewerbesteuer. Wie entwickelt sich diese?
Zum Zeitpunkt der Haushaltsplanerstellung sind wir von einer leichten Steigerung der Gewerbesteuer ausgegangen. Leider wird dies auf Grund der Corona-Pandemie nicht planmäßig der Fall sein. Wir gehen aktuell davon aus, dass 2020 die Gewerbesteuer wesentlich niedriger als geplant ausfallen wird.
Die Gemeinde Heroldstatt hat in den vergangenen Jahren immer wieder mit Landes- oder Bundesförderungen rechnen können. Wie sieht es mit Zuschüssen in diesem Jahr aus?
Erfreulicherweise profitieren wir auch in diesem Jahr wieder von wesentlichen Fördermitteln. So können wir die Förderbeträge für das HLF-10 und den Breitbandausbau abrufen. Außerdem sind wir in das neue Landessanierungsprogramm mit einer Förderquote von 800 000 Euro aufgenommen worden. Hier können wir in den nächsten Jahren die Mittel in Anspruch nehmen. Auch im Bereich der Grundschulsanierung sind Fördergelder bereits genehmigt. Für die Feldwegsanierung und den FTTB-Ausbau (Breitband) werden wir weitere Förderanträge stellen.
Sie müssen den ganzen Tag mit Zahlen arbeiten, von denen sie sicherlich sehr viele sogar im Kopf haben. Beschäftigen Sie sich auch privat mit Zahlen oder haben Sie da andere Interessen und Hobbys?
Um das Zahlenmeer abends aus meinem Kopf zu kriegen, lese ich sehr gerne. Privat sind mir Buchstaben einfach lieber wie Zahlen.