Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Große Koalition soll Israel regieren
JERUSALEM (dpa) - Israels rechtskonservativer Regierungschef Benjamin Netanjahu und sein oppositioneller Rivale Benny Gantz haben sich auf die Bildung einer großen Koalition geeinigt. Eine Vereinbarung für eine „nationale Notstandsregierung“werde im Moment unterzeichnet, teilten Netanjahus Likud-Partei und Gantz' Mitte-Bündnis BlauWeiß am Montag gemeinsam mit.
Nach Medienberichten ist eine Rotation im Amt des Ministerpräsidenten vorgesehen. Netanjahu soll als Erster eineinhalb Jahre lang das Amt bekleiden und dann von Gantz abgelöst werden. Die umstrittene Einigung soll eine seit mehr als einem Jahr andauernde Pattsituation zwischen Netanjahus rechts-religiösem Block und dem Mitte-Links-Lager um Gantz beenden. Beide Seiten betonten, die Corona-Krise mache eine Koalition notwendig.
Die Verhandlungen waren immer wieder ins Stocken geraten. BlauWeiß hatte zuletzt gedroht, ohne eine Einigung werde man am Montag im Parlament ein Gesetz einbringen, das eine künftige Beauftragung Netanjahus mit der Regierungsbildung wegen einer Korruptionsanklage gegen ihn verhindern solle. Am Sonntagabend hatten in Tel Aviv Tausende Israelis gegen Netanjahu und aus ihrer Sicht anti-demokratische Maßnahmen unter anderem im Kampf gegen das Coronavirus demonstriert.
Aus dem Mitte-Links-Lager hatte es scharfe Kritik an Gantz' Schritt gegeben. Jair Lapid gehört zu dem Teil von Blau-Weiß, der Gantz’ Schritt vehement ablehnt. Er sagte im vergangenen Monat: „Benny Gantz hat sich Netanjahu kampflos unterworfen und ist in seine Regierung gekrochen.“Die Corona-Krise sei „kein Grund, Werte aufzugeben“. Tamar Sandberg von der Merez-Partei schrieb bei Twitter, der Ex-Militärchef habe sich zum „Fußabtreter eines wegen Korruption Angeklagten, Hetzers und Rassisten gemacht“.