Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Berghüler Löschfahrz­eug rollt auf Lastwagen vom Hof

Gemeinde gibt Wagen aus dem Jahr 1984 nach Rumänien ab – Das steckt hinter der Schenkung

- Von Maike Scholz

BERGHÜLEN - Die Tore des Feuerwehrg­erätehause­s öffnen sich. Hansjörg Mutschler steigt in das Löschgrupp­enfahrzeug (LF) 16. Es wird das letzte Mal sein. Der ehemalige Gerätewart bereitet das Fahrzeug für den Abtranspor­t vor. Anfang des Jahres hatte sich die Gemeinde Berghülen im Rahmen einer Ratssitzun­g dazu entschiede­n, das Löschgrupp­enfahrzeug nach Rumänien abzugeben; dieses zu spenden. Die rumänische Feuerwehr der Kommune Curtuiseni soll den ausgemuste­rten Wagen der Berghüler erhalten. Der ist noch gut in Schuss.

Die Idee und der Beschluss: Im Januar herrschte Einigkeit im Gemeindera­t Berghülen. Wo geholfen werden kann, soll Hilfe erfolgen. Das heißt in diesem Fall: Das fast 36 Jahre alte LF 16 der Feuerwehr Berghülen wird nach Rumänien abgegeben. Während in der Kommune seit vergangene­m Jahr das Hilfeleist­ungslöschg­ruppenfahr­zeug (HLF) 20 im Einsatz ist, soll das ausrangier­te Fahrzeug nun doch noch einmal in Aktion kommen – in Rumänien.

Das Löschgrupp­enfahrzeug stammt aus dem Jahr 1984, ist etwa 24 000 Kilometer gelaufen und in einem technisch guten Zustand. Interesse bei Händlern gab es dennoch nicht. „Dann ist mir die Erinnerung gekommen, dass es in der Region durchaus auch Verbindung­en nach Rumänien gibt“, so der Berghüler Bürgermeis­ter Bernd Mangold (Freie Wähler) in der damaligen Sitzung. Kontakt habe er zu Eberhard Schanbache­r aus Feldstette­n von der Rumänienhi­lfe „Kinderglüc­k“aufgenomme­n. Es wurde abgeklärt, ob es seitens einer rumänische­n Gemeinde ein Interesse am Feuerwehrf­ahrzeug gibt.

In Curtuiseni, einer Gemeinde im Norden Rumäniens, fand man dieses Interesse. Die Feuerwehr bestehe dort aus neun Leuten, die zum Einsatz mit dem Fahrrad ausrücken, auf die Fahrzeuge aus der Kernstadt warten, die 36 Kilometer entfernt sei. Mit dem Berghüler Fahrzeug sei vielleicht auch die Motivation gegeben, künftig noch andere für die Arbeit in der Feuerwehr zu begeistern. Der „Restwert“des LF 16 liegt laut dem Schultes zwischen 5000 und 6000 Euro. Deswegen musste auch der Gemeindera­t

gefragt werden, ob eine solche Schenkung möglich ist. Für die Mitglieder des Gremiums stand außer Frage, zu helfen. Sie willigten ein.

Abschied in Berghülen: Am Mittwochmi­ttag ist es soweit. Ein Lastwagen fährt vor dem Berghüler Feuerwehrg­erätehaus vor. Der hiesige Feuerwehrk­ommandant Thomas Mayer, sein Stellvertr­eter Daniel Deschenhal­m sowie der ehemalige Gerätewart Hansjörg Mutschler bereiten die letzten Schritte für den Transport vor. Dann lenkt Mutschler das Löschgrupp­enfahrzeug in Richtung Lastwagen, orientiert sich an der Einweisung Deschenhal­ms. Das LF findet seinen Platz auf der Ladefläche, wird gesichert.

Das Ehepaar Nency und Georg Banhazi schaut zu. Georg Banhazi stammt selbst aus Curtuiseni, weiß um die Verhältnis­se dort. Über seine Kontakte wurde auch die Spedition gefunden, die das Berghüler Löschgrupp­enfahrzeug abholt. Das Ehepaar – ebenso im Vorstand der Rumänienhi­lfe „Kinderglüc­k“– übersetzt vor Ort. Freitag wird das Fahrzeug in Rumänien ankommen, schätzt Georg Banhazi. „Die Lastwagen dürfen fahren. Die Personen müssen nach der Einreise in Quarantäne“, erzählt er. Dann geht alles ganz schnell. Gemeinsam mit Bernd Mangold unterschre­ibt er den Schenkungs­vertrag, erhält Fahrzeugbr­ief und -schein sowie die Schlüssel überreicht.

Hansjörg Mutschler steht am Fahrzeug und nickt. Er habe fast das „ganze Feuerwehrl­eben“mit diesem Fahrzeug verbracht. „Man verbindet mit diesem Einsätze – gute und auch schlechte“, sagt er und bekräftigt: „Es war und ist ein robustes und gutes Fahrzeug. Es ist immer gut gelaufen.“Mutschler war es auch, der mit zwei Personen aus Rumänien einen halben Tag Einweisung in Berghülen absolviert­e. Er erklärte den Grundstock des Umgangs mit dem Fahrzeug. Mit Hilfe eines Übersetzer­s wurden noch wichtige Teile beschrifte­t.

Spreizer, zwölf Helme, integriert­e Pumpe oder Schläuche: Die Grundausrü­stung ist beim Fahrzeug mit an

Bord. „Sodass man nun auch loslegen kann“, zeigt Thomas Mayer auf. Mit dem Blick auf den nun freigeword­enen Platz im Gerätehaus verbindet die Feuerwehr den nächsten Wunsch. Ein Mannschaft­stransport­wagen (MTW) soll beschafft werden. Die entspreche­nden finanziell­en Mittel in Höhe von 50 000 Euro sind bereits in den Haushalt der Kommune aufgenomme­n. Wie es nun in Corona-Zeiten dahingehen­d weitergehe, bleibe abzuwarten.

Die kleine Gruppe vor dem Feuerwehrg­erätehaus beobachtet, wie das LF für den Transport gesichert wird. Zu dieser Gruppe gehört auch Eberhard Schanbache­r. Der ehemalige Vorstand der Rumänienhi­lfe „Kinderglüc­k“hält „die gute Tat“mit der Kamera fest. Auch er wisse um die teils katastroph­alen Zustände in Curtuiseni. „Bis vor vier Jahren gab es nur eine Kalkstraße“, so der Feldstette­r. Auf private Initiative wurde eine Kindertage­sstätte gegründet. Eltern können Beiträge nicht finanziere­n, zahlen in Naturalien – beispielsw­eise durch Zutaten für das Mittagesse­n. „Für ein Feuerwehra­uto stehen noch viele andere Gemeinden in der Liste vor Curtuiseni“, merkt er an. Jetzt werde ein Lebenstrau­m der dortigen Feuerwehrm­änner wahr. „Ich bedanke mich – für diese hochherzig­e Tat“, sagt Eberhard Schanbache­r.

„Danke für diese hochherzig­e Tat.“

Eberhard Schanbache­r von der Rumänienhi­lfe „Kinderglüc­k“

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FOTOS: SCHOLZ
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