Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Grüne wollen Öko-Bonus für Europas Bauern

Es geht um viele Milliarden Euro – Gegenwind für Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner

- Von Klaus Wieschemey­er

BERLIN - Die Grünen wollen in der Agrarpolit­ik mit einer Stimme sprechen. Auf Initiative des baden-württember­gischen Landtagsab­geordneten Martin Hahn haben sich Fachpoliti­ker aus Bund, den 16 Bundesländ­ern und dem Europäisch­en Parlament auf eine gemeinsame „Standortbe­stimmung“geeinigt, welche der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. Darin fordern die Grünen eine Neuordnung der EU-Agrarpolit­ik (GAP). Man könne schon „ein bisschen stolz sein“auf das Papier, sagt der Überlinger Hahn, denn die Interessen der verschiede­nen Landesverb­ände liegen teilweise weit auseinande­r. Am Mittwoch ging das Papier an die Partei.

Bei der Neuausrich­tung der Landwirtsc­haftssubve­ntionen geht es um viele Milliarden Euro. Die Zukunft der Fördertöpf­e wird in Brüssel seit Jahren heiß und ergebnislo­s diskutiert, denn eigentlich sollte die neue Förderperi­ode 2021 bis 2027 bereits im kommenden Jahr beginnen. Daraus wird nun wohl nichts: Wegen Meinungsve­rschiedenh­eiten über das Budget und seine Verteilung sowie der Corona-Pandemie sollen die laufenden Regeln mindestens nun bis 2021, möglicherw­eise sogar bis 2022 verlängert werden. Das beschloss der Agraraussc­huss des EUParlamen­ts.

Umstritten ist vor allem, wie die Agrarförde­rung auf zwei Säulen verteilt werden soll: Die erste Säule bilden flächenbez­ogene Direktzahl­ungen an die Landwirte. Die zweite Säule umfasst gezielte Förderunge­n für nachhaltig­e und umweltscho­nende Bewirtscha­ftung und für die ländliche Entwicklun­g. Der letzte Vorschlag der alten EU-Kommission von 2018 hatte eine Kürzung der zweiten Säule vorgeschla­gen, was die Grünen ablehnen. In ihrem Papier fordern sie unter anderem

Einen GAP-Haushalt, der die Ankündigun­g eines „Green Deal“von EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen für die Landwirtsc­haft aufnimmt und speziell umweltfreu­ndliche Projekte in der zweiten Säule fördert.

Öko-Zuschläge für die erste Säule, so genannte „Eco-Schemes“. So sollen Bauern, die beispielsw­eise auf Herbizide verzichten, höhere Flächenprä­mien erhalten. Für Hahn wäre das der Einstieg in eine neue Agrarförde­rung. Statt Ertragsver­luste der Bauern finanziell auszugleic­hen, würde die öffentlich­e Leistung Naturschut­z direkt mit öffentlich­en Mitteln honoriert, sagte er.

EU-weite Öko-Mindeststa­ndards, Vorgaben für den Erhalt kleinerer Betriebe und ein Instrument zur Verhinderu­ng von Marktkrise­n wie den aktuellen coronabedi­ngten Verwerfung­en auf dem Milchmarkt.

Die Leitlinien der Grünen sind nicht unwichtig. Zwar sitzen sie nicht in der Bundesregi­erung. Doch in neun von 16 Länderregi­erungen regieren Grüne mit, in sieben davon stellen sie die Agrarminis­ter. Spätestens bei der Agrarminis­terkonfere­nz am 8. Mai dürfte CDU-Bundesmini­sterin Julia Klöckner also Gegenwind erfahren. Die Grünen sichern ihren Ministern im Papier zu, „starker Widerpart“gegenüber dem KlöcknerHa­us zu sein. So fordern die Grünen für Deutschlan­d unter anderem mehr Grünlander­halt, mehr Geld für die zweite Säule und zum Anfang mindestens 30 Prozent der Direktzahl­ungen für die Eco-Schemes.

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