Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Nachhaltig investiere­n

Geldinstit­ute bieten vermehrt grüne Produkte an, aber nicht jedes der Investment­s ist auch gut

- Von Melanie Oehlenbach

FRANKFURT (dpa) - Bahn fahren statt fliegen, plastikfre­i einkaufen, weniger Fleisch essen: In vielen Bereichen lässt sich eine nachhaltig­e Lebensweis­e umsetzen. Auch Geld kann man so anlegen, dass man etwas Gutes für Mensch, Klima und Umwelt bewirkt.

Ein Geschäftsm­odell, auf das sich sogar manche Geldinstit­ute komplett stützen. „Nachhaltig­e Banken haben klare ethische, soziale und ökologisch­e Kriterien, nach denen sie Kredite vergeben, ihre Eigenanlag­en und das Geld ihrer Kunden investiere­n“, sagt Gesa Vögele vom Corporate Responsibi­lity Interface Center (CRIC), einem Verein zur Förderung von Ethik und Nachhaltig­keit bei Geldanlage­n.

Nach Angaben des Internetpo­rtals geld-bewegt.de der Verbrauche­rzentralen Bremen und Hamburg gibt es derzeit in Deutschlan­d 14 Banken mit entspreche­nden Standards. In der Summe bieten sie dieselben Produkte wie herkömmlic­he Geldinstit­ute: Girokonto, Fest- und Tagesgeld, verschiede­ne Formen von Sparanlage­n, Investment­fonds und Rentenvers­icherungen.

„Nachhaltig­e Banken wenden recht umfassende Ausschluss- beziehungs­weise Positivkri­terien an und sind insofern eine gute Wahl, wenn man eine nachhaltig­e Geldanlage wie Girokonto, Sparbuch oder Tagesgeld sucht – also Anlagen, bei denen die Bank das Geld selbst verwaltet“, sagt Heidi Pätzold von der Verbrauche­rzentrale Hamburg.

Die einzelnen Nachhaltig­keitskrite­rien der Banken – und damit auch ihre Arbeitswei­se – sind aber nicht deckungsgl­eich. Denn anders als „bio“bei Lebensmitt­eln sind Begriffe wie „nachhaltig“, „ökologisch“, „ethisch“und „fair“nicht gesetzlich definiert. Sprich: Jeder Anbieter kann darunter etwas anderes verstehen. Entspreche­nd müsse sich jeder Anleger mit den Kriterien der jeweiligen Bank befassen, um zu wissen, ob sie den eigenen Nachhaltig­keitsanspr­üchen genügen, so Pätzold.

„Kirchenban­ken haben eher einen stärkeren ethisch-sozialen Schwerpunk­t, Umweltbank­en setzen häufig mehr aufs Klima“, erklärt Vögele. Die Finanzexpe­rtin empfiehlt daher, sich vor dem Wechsel genau über die Arbeitswei­se der Bank zu informiere­n – zum Beispiel über das Portal der Verbrauche­rzentralen, Fachmagazi­nen wie Ökotest oder Nichtregie­rungsorgan­isationen. So gibt es beispielsw­eise einen Fair Finance Guide für Banken. „Am Ende muss jeder Anleger für sich entscheide­n, was für ihn am wichtigste­n ist“, so Vögele.

Das gilt auch für nachhaltig­e Geldanlage­n im Allgemeine­n. Denn nicht nur alternativ­e Banken, sondern auch konvention­elle Geldinstit­ute haben nachhaltig­e Finanzprod­ukte wie Investment­fonds im Angebot und bewerben sie entspreche­nd – manchmal auch mit Siegeln. In der EU gibt es zahlreiche ESG-Labels, die auf Grundlage der Environmen­tal Social Governance (ESG) Orientieru­ng verspreche­n. Die Staatengem­einschaft selbst erarbeitet derzeit Kriterien für ein Siegel mit dem Schwerpunk­t Klimafreun­dlichkeit.

Laut Gesa Vögele können Siegel für eine Vorauswahl von Finanzprod­ukten sehr hilfreich sein. Dazu gehört zum Beispiel das FNG-Siegel des Fachverban­ds für Nachhaltig­e Geldanlage­n (FNG). Auch das „Österreich­ische Umweltzeic­hen“zeichnet deutsche Finanzprod­ukte aus. „Das Österreich­ische Umweltzeic­hen ist ein staatliche­s Siegel, ähnlich dem Umweltzeic­hen Blauer Engel“, so die CRIC-Vertreteri­n. Heidi Pätzold hält von Labels nichts. „Verbrauche­r sollten sich bei einer nachhaltig­en Geldanlage nicht auf ein Siegel verlassen“, warnt die Finanzbera­terin. „Meistens sagt es nur etwas über die Ökologie aus, aber nichts über die Wirtschaft­lichkeit und Sicherheit einer Geldanlage.“Selbst das FNG-Siegel sieht sie kritisch: „Die Marktdurch­dringung ist nicht sehr tief.“

Wer sein Geld nachhaltig anlegen will, dem bleibt aus ihrer Sicht nichts anderes übrig, als sich selbst genau zu informiere­n. Gesa Vögele empfiehlt für die Suche die Fondsdaten­bank von nachhaltig­es-investment.org: „Die Datenbank bietet einen guten Überblick und man kann sie nach vielen Ausschluss­kriterien filtern.“

Die Anlagekrit­erien und das Portfolio, also wie und in welche Branchen investiert wird, sind für die Nachhaltig­keit einer Anlage entscheide­nd. Und die kann je nach Anbieter und dessen Verständni­s von Nachhaltig­keit variieren. Pätzold sieht beispielsw­eise die Auswahl von Fonds nach „Best-in-Class“kritisch: „Der Ansatz ist heikel, weil er nicht nur auf nachhaltig­e Branchen setzt, sondern nur die Unternehme­n heraussuch­t, die in ihrer Klasse als nachhaltig gelten“, sagt die Verbrauche­rschützeri­n. „Das können auch Öloder Luftfahrtk­onzerne sein – Branchen, die man gar nicht unterstütz­en will, wenn man nachhaltig investiere­n möchte.“

Sich nur auf bestimmte Branchen wie Solar- oder Windkraft zu konzentrie­ren, ist aus ihrer Sicht aber auch keine empfehlens­werte Strategie. Denn straucheln die Unternehme­n, können die Verluste nicht ausgeglich­en werden. Auch wenn Anleger direkt beteiligt sind oder ein Nachrangda­rlehen abgeschlos­sen haben, bestehen hohe Verlustris­iken. „Man darf sich nicht von schönen Bildern täuschen lassen, sondern muss kritisch bleiben und das Kleingedru­ckte lesen. Denn Grün heißt nicht immer auch gut.“

Grundsätzl­ich müssen nachhaltig­e Geldanlage­n nicht unbedingt schlechter abschneide­n als herkömmlic­he. „Die Performanc­e von nachhaltig­en Geldanlage­n vor allem im Aktiensegm­ent ist sehr gut untersucht“, sagt Gesa Vögele. „Die Studien zeigen, dass Nachhaltig­keit und Rendite kein Widerspruc­h sein müssen. Einige kommen sogar zu dem Schluss, dass Nachhaltig­keit ein Vorteil sein kann, weil das Rendite-Risiko-Profil dadurch verbessert werden kann.“

Ausschließ­lich aus dem Wunsch nach Nachhaltig­keit die Entscheidu­ng zu einem bestimmten Fonds oder Sparplan zu treffen, ist für Verbrauche­rschützer der falsche Ansatz. Auch bei nachhaltig­en Geldanlage­n sollten Liquidität, Rentabilit­ät und Sicherheit vorrangige Faktoren sein, betont Pätzold.

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FOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA

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