Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Musik ist etwas Wunderbares und für die Seele eben doch systemrelevant“
Vanessa Aigner aus Nellingen erzählt, warum sie als Kind die Klarinette wählte und was ihre Wünsche für die Zukunft sind
LAICHINGER ALB - Wir leben auf dem Boden der Vergangenheit. Vieles von dem, was heute selbstverständlich ist, war es früher keineswegs. In dieser Kolumne erzählen Menschen, was ihnen in ihrem Leben wichtig war und ist. SZ-Kolumnistin Diana Baumeister im Gespräch mit Vanessa Aigner aus Nellingen.
Frau Aigner: Sie sind Jahrgang 1995, wo gingen Sie zur Schule?
Ich besuchte die Grundschule in Nellingen und wechselte dann an das Albert-Schweitzer-Gymnasium nach Laichingen.
Schon sehr früh spielte die Musik für Sie eine große Rolle. Wie kam das?
Als mein älterer Bruder Christian anfing, Saxophonspielen zu lernen, wollte ich natürlich auch ein Instrument lernen. So begann ich mit sieben Jahren, Klarinette zu spielen. Meine Finger waren lang genug, ich konnte alle Klappen erreichen. Das genügte. Ziemlich rasch spielte ich dann im Musikverein Merklingen.
Groß Unterricht bekam ich zu der Zeit noch nicht.
Wann merkten Sie, dass Sie mehr aus dem Klarinettenspiel machen wollten?
Ich würde sagen, mit 14 Jahren dachte ich zum ersten Mal, dass mir das Musizieren so viel Freude macht, dass ich daraus meinen Beruf machen möchte. Damals spielte ich im Kreisverbandsjugendblasorchester des Alb-DonauKreises mit. Das ist ein Riesenorchester, das bereits auf sehr hohem Niveau spielt. Das motivierte mich, mehr zu üben. Der Anspruch war ein ganz anderer als im Musikverein. Das alles hat mir wirklich sehr gefallen und mich in meinem Berufswunsch bestärkt. Also informierte ich mich, was man auf diesem Berufsfeld alles können muss. Und es war schnell klar, dass im Musikbereich das Klavierspiel unbedingt dazu gehört. So nahm ich Klavierunterricht und übte fleißig, weil mir auch dieses Instrument gut gefiel.
Wie ging es dann nach der Schule für Sie weiter?
Nach dem Abitur ging ich nach Krumbach an die Berufsfachschule für Musik. Diese Zeit war sehr wertvoll für mich. Ich lernte sehr viel, sowohl fachlich als auch pädagogisch. Ich spielte nach wie vor Klarinette und wählte noch das Saxophon dazu. Zu der Zeit begann ich auch, erste Schüler zu unterrichten. Mittlerweile habe ich 19 Schüler und eine kleine Bläserklasse.
Derzeit studieren Sie am Leopold-MozartZentrum der Universität Augsburg. Wie sieht Ihr Studienalltag aus?
Ich bin jetzt im zweiten Semester des Masterstudiengangs. Wir haben noch eine Theorievorlesung in der Woche. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Praxis. Ich erhalte Einzelunterricht
und Kammermusikunterricht zum Beispiel mit Flöten oder Streichern. Zum Studium gehört auch regelmäßig die Korrepetition, dabei spiele ich Klarinette und ein Pianist begleitet mich und gibt mir korrigierende und unterstützende Hinweise. Ansonsten übe ich natürlich sehr viel und es stehen normalerweise Vorbereitungen für Auftritte an. Zur Zeit fallen natürlich alle Konzerte aus.
GLebenslinien im Gespräch
Frau Aigner: Sie stammen aus einer vollkommen bodenständigen Familie. Was sagten Ihre Eltern zu Ihren eher künstlerischen Plänen?
Das war zu keinem Zeitpunkt ein Problem. Meine Familie unterstützte mich von Anfang an und steht ganz zu meinen Berufswünschen.
Was haben Sie beruflich konkret vor Augen?
Ursprünglich wollte ich Musikschullehrerin werden, das war für mich mit etwa 14 Jahren ganz klar. Während des Studiums lernte ich aber ganz neue Seiten kennen, was man mit Musik alles machen kann. Besonders seit ich in Augsburg bin, bekomme ich so viel mit, was ich vorher alles nicht oder kaum kannte. Es ist zum Beispiel etwas Großartiges, in einem Sinfonieorchester zu spielen und gemeinsam ein großes Werk aufzuführen. Schon die ganze Atmosphäre, die Spannung im Vorfeld, das gemeinsame Aufführen, das ist immer etwas Einmaliges und ein wunderbares Ereignis.
Was ist für Sie das Faszinierende an der Musik?
Der unglaubliche Facettenreichtum, die endlose Vielfalt der Musik. Es ist schon sehr interessant, wenn ich ein Stück nach einiger Zeit wieder spiele, man kann auch dasselbe Lied immer wieder neu für sich entdecken. Musik hilft mir auch persönlich. Wenn es mir schlecht geht, spiele ich
Stücke, die mir sehr gefallen. Das hilft mir jedes Mal. Klar klappt manchmal etwas nicht, aber die Tage der Freude überwiegen enorm. Ich hätte sonst auch nicht gewusst, was ich beruflich machen soll. Ich hätte keine Idee gehabt. Musik ist doch etwas Wunderbares und für die Seele durchaus systemrelevant. Ich freue mich schon sehr auf die Zeit, wenn wieder Konzerte aufgeführt werden können.
Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft?
Vor allem möchte ich einen Beruf ausüben, der mir Freude macht. Ich möchte lehren und unterrichten und ich möchte selber in verschiedenen Orchestern und Ensembles spielen. Ich hoffe, dass ich immer wieder etwas Neues für mich finden werde und dass es immer weitergeht, musikalisch und menschlich. Es ist mir wichtig, dass ich nicht stehen bleibe und ein abwechslungsreiches berufliches Leben führe. Kurz gesagt, ich will es schaffen, mit Musik mein Geld zu verdienen.