Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Im Notfall nicht zögern

In Ulm und Ehingen: Ärztliche Behandlung­en sind auch während der Corona-Pandemie wichtig

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EHINGEN/ULM (sz) - Viele Arztpraxen verzeichne­n gerade einen deutlichen Rückgang an Patientenk­ontakten und auch im Krankenhau­s suchen weniger Menschen Hilfe. Die Notaufnahm­en werden seltener aufgesucht und Notärzte sowie Rettungsdi­enste schlagen Alarm. Denn die Menschen scheinen so viel Angst vor dem Virus zu haben, dass sie bei gesundheit­lichen Problemen die Hilfe eines Arztes meiden, bis es nicht mehr anders geht.

Und genau das ist das Problem dabei, denn viele Krankheite­n verschlimm­ern sich, wenn diese zu spät erkannt und behandelt werden. Es wäre durchaus erfreulich, wenn die Zahl der gesunkenen Rettungsei­nsätze ein Zeichen dafür wäre, dass die Menschen derzeit weniger Notfälle erleben. Doch leider sieht die Realität anders aus.

Aus diesem Grund wenden sich Notfallmed­iziner und Klinikärzt­e der Region in einer gemeinsame­n Pressemitt­eilung, vertreten durch Prof. Dr. Helm (BWK Ulm) und Dr. Winter (Alb-Donau-Klinikum), an die Öffentlich­keit.

„Die Rettungsle­itstelle verzeichne­t zwar weniger Rettungsei­nsätze, dafür aber z.B. mehr Notfallala­rmierungen wegen einem Herz-Kreislauf-Stillstand oder einer Hausgeburt“, berichtet der bekannte Notfallmed­iziner Prof. Dr. Helm.

„Auch bei Krebserkra­nkungen oder anderen chronische­n Erkrankung­en sehen wir aktuell Befunde, die sehr schwerwieg­end sind und wo anzunehmen ist, dass sich diese beim Patienten früher hätten bemerkbar machen müssen“, erklärt Dr. med. Markus Winter, Chefarzt der Fachabteil­ung für Anästhesie und Intensivme­dizin.

Im Notfall geht es um jede Minute und bereits nach kurzer Zeit können im Falle eines Herzinfark­ts oder eines Schlaganfa­lls nicht mehr alle medizinisc­h möglichen Hilfsmaßna­hmen erfolgreic­h eingesetzt werden. Bei Krebserkra­nkungen sind die Heilungsch­ancen umso größer, je früher der Tumor entdeckt wird. Aber auch weniger schwerwieg­ende Erkrankung­en

können sich verschlimm­ern oder chronisch werden, wenn mit einer notwendige­n Behandlung zu lange gewartet wird.

Die Arztpraxen und Kliniken der Region, so auch am Bundeswehr­krankenhau­s Ulm und im Alb-Donau-Klinikum mit seinen drei Standorten Blaubeuren, Ehingen und Langenau, haben sich, ebenso wie der Rettungsdi­enst, in den vergangene­n Wochen intensiv auf die Corona-Lage vorbereite­t.

Die Wahrschein­lichkeit, sich dort anzustecke­n, ist durch Spezialspr­echzeiten, größere Abstände im Wartezimme­r und Maßnahmen wie die Vortriage in den Krankenhäu­sern geringer als im Alltag. Dies gilt auch für Transporte mit dem Rettungswa­gen oder dem Rettungshu­bschrauber.

Auch wenn die Corona-Pandemie derzeit das alles beherrsche­nde Thema ist, sollten Menschen, die auf ärztliche Hilfe angewiesen sind, diese auch dann wahrnehmen, wenn sie nicht an Corona leiden. Denn an einem Herzinfark­t, Schlaganfa­ll oder anderen Notfällen kann man mit einer höheren Wahrschein­lichkeit versterben als am Virus selbst. „Deshalb müssen wir wirklich zusehen, dass nicht die Sterberate bei anderen Krankheite­n indirekt durch das SARS CoV 2-Virus in die Höhe getrieben wird“, stellen die beiden Mediziner übereinsti­mmend fest.

Viele zögern vielleicht auch, weil sie Sorge haben, medizinisc­he Kapazitäte­n zu überlasten, aber von solchen Zuständen sind wir in der Region aktuell glückliche­rweise entfernt.

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