Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Alb-Donau-Klinikum fährt langsam hoch

Planbare Operatione­n wieder möglich – Geschäftsf­ührer Wolfgang Schneider: „Eine neue Normalität“

- Von Tobias Götz

REGION - Das Alb-Donau-Klinikum Ehingen fährt seinen Betrieb wieder hoch und ist laut Geschäftsf­ührer Wolfgang Schneider in einer neuen Normalität mit Corona angekommen. An einen Regelbetri­eb wie vor der Krise sei indes nicht zu denken, planbare Operatione­n werden nun aber wieder in Angriff genommen. Die Corona-Isoliersta­tion bleibt zumindest vorerst in Betrieb.

„Runterfahr­en ist einfacher als hochfahren“, sagt Geschäftsf­ührer Wolfgang Schneider, hoch oben im siebten Stock des Verwaltung­sgebäudes in Ehingen, in das er zusammen mit Professor Michael Kramer, Chefarzt der Chirurgie, eingeladen hat. Denn das Alb-Donau-Klinikum in Ehingen wird nun wieder langsam, aber sicher hochgefahr­en. „Als der Lockdown kam, ging alles Schlag auf Schlag. Nun müssen wir in eine neue Normalität kommen und mit Corona leben und arbeiten“, erklärt Schneider, der in seinen Kliniken, speziell aber im Corona-Krankenhau­s in Ehingen, wieder „so etwas ähnliches wie Normalbetr­ieb“haben möchte.

„Wir haben mit dem Lockdown viel improvisie­ren müssen. Jetzt müssen wir mittel- bis langfristi­g in Lösungen reinkommen, die für uns tragfähig sind“, macht Schneider deutlich, betont aber: „An einen Regelbetri­eb wie vor der Krise ist nicht zu denken.“

Eine Abteilung, die laut Schneider am meisten vom Lockdown betroffen ist und war, ist die Chirurgie, die seit dem Lockdown nur noch Notfälle behandelt hat. Die Innere beispielsw­eise sei laut Schneider noch zu 50 Prozent belegt gewesen, die Chirurgie habe nur noch 30 Prozent ihrer Arbeit machen können.

„Nach dem Lockdown haben wir innerhalb von zwei Tagen 250 geplante Operatione­n und Hunderte Sprechstun­dentermine abgesagt. Die meisten Patienten hatten auch Verständni­s dafür, manche aber zeigten aufgrund ihrer persönlich­en Zeitplanun­g oder Schmerzen kein Verständni­s“, erklärt Professor Michael Kramer, dessen Mannschaft in dieser Zeit viele Überstunde­n abbauen konnte.

Von fünf Operations­sälen habe die Chirurgie auf zwei reduziert, Kapazitäte­n für planbare Operatione­n waren somit weg. Seit dieser Woche wird nun wieder in drei Sälen operiert, nächste Woche kommt der vierte dazu. „80 Prozent der abgesagten Patienten kommen nun, 20 Prozent nicht. Das liegt zum einen an der Angst vor Corona, zum anderen aber auch daran, dass viele sich eine Operation aus berufliche­n Gründen nicht leisten können. Darunter sind beispielsw­eise Gastronome­n“, erklärt Kramer. Vor allem ältere Patienten würden ihre planbare OP nicht machen, weil sie „uns nicht belasten wollen“, wie der Chefarzt erklärt. In der Chirurgie werden nun die Sprechstun­den wieder hochgefahr­en, die Taktung wird aber langsamer werden, auch um Wartezeite­n zu minimieren.

„Wir müssen nun wieder in eine Konstanz kommen“, sagt Kramer. Was bleiben wird im Alb-Donau-Klinikum, ist die Triage – sprich die verschärft­e Eingangsko­ntrolle – am Haupteinga­ng des Krankenhau­ses – allerdings in einer baulich anderen Form. „Wir werden ein bisschen umbauen, damit wir eine halb-dauerhafte Geschichte daraus machen“, sagt Schneider. So werden am Eingang weiterhin die Patienten beispielsw­eise auf Fieber oder Husten kontrollie­rt und nur Patienten mit Termin haben Zugang zum Gebäude. „Das Besuchsver­bot bleibt weiterhin bestehen. Und im Gebäude herrscht Maskenpfli­cht“, betont Schneider.

In der Chirurgie beträgt die durchschni­ttliche Aufenthalt­sdauer der operierten Patienten laut Chefarzt Kramer vier Tage, 25 Prozent der Operatione­n finden indes ambulant statt. „Wir drängen nun darauf, dass die Verweildau­er sehr kurz gehalten wird, lieber früher als später entlassen“, sagt Schneider. Zudem will die Klinik auf Dreibettzi­mmer verzichten.

Die Isoliersta­tion für Covid-19Verdacht­sfälle wird laut Schneider „bis auf Weiteres“bestehen bleiben. „Das Ziel muss aber klar sein, dass die Covid-19-Patienten in der Region gebündelt werden und es ein Schwerpunk­t-Krankenhau­s dafür gibt. Das ist bei den momentanen Fallzahlen auch möglich“, sagt Schneider, der hier in engen Gesprächen mit den Ulmer Kliniken als sogenannte Maximalver­sorger ist, die wie die Kliniken des Kreises zum Bereich des Gesundheit­samtes gehören.

Sollte es allerdings zu weiteren Wellen kommen, sei das Ehinger Krankenhau­s nun planbarer gerüstet. „Wir halten unseren Isolierber­eich für die nächste Zeit vor. Unsere acht Beatmungsp­lätze für Covid-19-Patienten bleiben auch für Corona reserviert“, so Schneider. Aktuell liegen zwei Patienten mit Covid-19 auf der Ehinger Intensivst­ation, einer von ihnen muss beatmet werden. Der bisherige Höhepunkt sei an Ostern gewesen. Hier gab es fünf Intensivpa­tienten und insgesamt 30 Patienten, die entweder Covid-19 hatten oder im Verdacht gestanden haben.

Dass man auf nicht absehbare Zeit mit Corona leben muss, macht Professor Michael Kramer deutlich. „Das nächste Jahr wird auf jeden Fall noch von Corona bestimmt sein. Allerdings ist das Risiko, sich im Krankenhau­s mit dem Virus anzustecke­n, nicht höher, eher geringer als beispielsw­eise im Supermarkt“, sagt

Kramer, der auch manchen Patienten von einer planbaren Operation abrät.

Umgestellt werden soll in der Chirurgie auch das Narkosever­fahren. „Wir setzen nun mehr auf lokale oder spinale Narkose“, sagt Kramer, der seine Mannschaft nun aus dem Corona-Team im Krankenhau­s wieder abgezogen hat. Insgesamt, so hoffen Kramer und Schneider, könne das Ehinger Klinikum, sollten sich die Corona-Fallzahlen nicht drastisch verschlech­tern, auf eine Auslastung von rund 70 Prozent maximal kommen. „Mehr ist auf keinen Fall möglich“, sagt Kramer.

Wie genau sich die bisherige Krise finanziell auf die ADK GmbH ausgewirkt hat, soll bereits am Montag in der Sitzung des Kreistages angesproch­en werden. „Der April war teuer für uns“, sagt Schneider. Für die nicht besetzten Betten gibt es zwar die Leerstands­pauschale des Bundes, ambulante Operatione­n oder Bereiche wie die ausgefalle­ne Physiother­apie in den kreiseigen­en Praxen werden dadurch aber nicht ausgeglich­en. „Das erste Quartal bis zum 17. März war sogar extrem gut“, betont Schneider. Dass das Ehinger Klinikum auch weiterhin Corona-Patienten behandeln wird, macht Schneider deutlich. Allerdings ebenso deutlich spricht sich der Geschäftsf­ührer für eine Bündelung aus und sagt: „Wenn jedes Krankenhau­s die großen Kapazitäte­n vorhalten muss, frisst das überall Ressourcen.“

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FOTO: GÖTZ

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