Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Erzieherinnen jäten, setzen, putzen, streichen und montieren
Neue Aufgabenfelder für das Heroldstatter Kinderhaus-Personal – Flexibilität in schwierigen Corona-Zeiten – Neue positive Erfahrungen
HEROLDSTATT - Unkraut jäten, Hecken schneiden, Bäume setzen, Fenster putzen, den Boden schrubben oder ein Holzhaus streichen: Das waren in den vergangenen Wochen Aufgaben von Erzieherinnen des Heroldstatter Kinderhauses. Besondere Zeiten und besondere Situationen bedeuteten für das Kinderhauspersonal neue Aufgaben und Herausforderungen. Die Erzieherinnen konnten bei ihren Arbeiten in neue Berufsfelder hineinschnuppern und neue Erfahrungen auf anderen Gebieten sammeln – Aufgaben, die sie insgesamt gerne ausgeführt haben. Und ein Teil der Erzieherinnen betreute die Kinder in den Notgruppen.
Wo in der Regel im Normalbetrieb rund 160 Kinder in acht Gruppen sich tummeln, da waren in den vergangenen Wochen gerade mal 18 Kinder in drei Gruppen anzutreffen, so dass von den insgesamt 29 Beschäftigten im Heroldstatter Kinderhaus (darunter auch Vertretungsund Teilzeitkräfte, aber auch Inklusionsbeauftragte, Sprachförderer und Praktikanten) nicht alle ihren eigentlichen Aufgaben nachgehen konnten. „Wir wollten und wollen das Personal sinnvoll und gut beschäftigen, im Interesse der Gemeinde wie der Erzieherinnen“, erklärt Bürgermeister Michael Weber. Eine gute Überbrückung während der CoronaEpidemie sei zu finden gewesen.
„Besondere Situationen erfordern besondere Anpassungen“, sagt der Bürgermeister, denn seit Mitte März seien das Kinderhaus und die Grundschule geschlossen, und das aus bekanntem Grund: zur Verhinderung der Ausbreitung des Covid-19-Virus, der offiziell als Coronavirus SarsCoV-2 bezeichnet wird. Plötzlich habe der Alltag der Erzieherinnen anders als gewohnt ausgesehen, vor allem für die, die nicht in der Notbetreuung
im Einsatz waren und sich um die Kinder kümmerten. Sie seien seitens der Gemeinde als Arbeitgeber anderweitig eingesetzt worden.
„Angesichts der Notlage haben wir uns entschlossen, Beschäftigte des Kinderhauses und zum Teil auch aus der Grundschule in anderen Arbeitsfeldern einzusetzen“, erklärt Michael Weber. Dies sei in Rücksprache mit der Kinderhausleiterin Silke Dieker und ihrer Stellvertreterin Tonia-Maria Hanggartner geschehen. Dem Vorschlag seien die Erzieherinnen gerne nachgekommen. So seien sie in den vergangenen zwei Wochen in einer großen und breit gefächerten Aktion an verschiedenen Einsatzorten in Heroldstatt und bei unterschiedlichen Tätigkeiten der Gemeinde anzutreffen gewesen.
So befreiten die Frauen unter anderem Pflanzbeete von Unkraut, jäteten Unkraut auf den Spielplätzen, schnitten Hecken zurück, pflanzten Apfelbäume und andere Pflanzen. Sie führten Humus- und Erdarbeiten aus oder säten Rasen ein. Auf einigen Flächen holten sie das Unkraut aus den Buchenhecken oder versahen den Untergrund von Spielplätzen zur Polsterung mit Holzhackschnitzeln.
Putz- und Reinigungsarbeiten an Schule, Kinderhaus oder Rathaus waren angesagt. Und noch eine besondere Aufgabe führten die Erzieherinnen aus: Sie montierten die neuen Verkehrszeichen, die im Zuge der Tempo-30-Regelung in Heroldstatt aufgestellt werden. Doch auch zu Pinseln griffen sie, um Streicharbeiten auszuführen. Zudem erledigten sie Einkaufsdienste für ältere oder kranke Leute. Bei einigen Aufgaben erhielten die Frauen Anweisungen und Unterstützung von den Mitarbeitern des Bauhofs.
In der Tat, vor keiner der Arbeiten scheuten sie sich. „Viele Beschäftigte zeigten ihre handwerklichen Stärken. Mit Freude und Eifer gingen sie den auferlegten Aufgaben nach. Sie stellen sich bereitwillig den neuen Herausforderungen“, erklärt Bürgermeister Weber anerkennend und dankt für das Engagement. Sie seien aus freien Stücken den Tätigkeiten nachgegangen. Für die kommenden Wochen würden noch weitere vielfältige Tätigkeiten in der Gemeinde anstehen, wie das Anbringen von Radwege-Beschilderungen, weitere Reinigungsarbeiten im Kinderhaus und an der Grundschule oder Aufräumaktionen
und Pflege von Grünanlagen. Er spricht von variablen und flexiblen Arbeitseinsätzen in den momentan schwierigen Zeiten.
„Die neuen Aufgaben haben wir gerne ausgeführt. Sie bedeuteten neue Erfahrungen“, erklärt Erzieherin Jasmin Vetter, die etwa am Donnerstag und Freitag der vergangenen Woche am Boden kniend zusammen mit ihrer Kollegin Simone FischerDiel Unkraut am Spielplatz in der Ortsmitte zupfte. So sah es auch Simone Fischer-Diel: „Warum mal nicht anderweitig tätig sein. Die besondere Lage verlangt nun mal halt eine anderweitige Beschäftigung.“Aufgrund der Umstände seien sie in anderer Form für die Kinder und die Gemeinde tätig gewesen.
Johannes Riek aus Laichingen und Angelina Hofmann aus Zainingen absolvieren gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Kinderhaus in Heroldstatt und hatten nicht gedacht, dass sie da über Tage zu Putzlappen oder Pinsel greifen oder auch handwerklich tätig sind. Sie haben zum Beispiel in der vergangenen Woche das „Kinderhäusl“auf dem Spielgelände des Kinderhauses rot angestrichen und es in neuem Glanz erstrahlen lassen. „Das hat Spaß gemacht. Ich habe gerne das Häuschen neu bemalt“, sagt Angelina Hofmann. Und ihr Kollege Johannes Riek ergänzt: „Warum nicht neue Erfahrungen auf neuen Gebieten sammeln. Die Aufgaben waren bereichernd.“
Im rollierenden System ist das Personal in den vergangenen Wochen im Einsatz gewesen. Sechs Erzieherinnen kümmerten sich um die drei Gruppen der Notbetreuung, nach einer gewissen Zeit stand Schichtwechsel an und sie putzten oder waren handwerklich tätig.
Zu Beginn der Corona-Zeit und der allgemeinen Schließungen von Schulen und Kindergärten Mitte März standen pädagogische Aufgaben, Weiterbildungen und Elterngespräche auf dem Programm. Die Erzieherinnen befassten sich mit möglichen pädagogischen Umstrukturierungen und Verbesserungen im Kinderhaus und mit neuen Unterrichtskonzepten. Ferner standen viele Elterngespräche an, Dokumentationen wurden erstellt und Verwaltungsarbeiten aufgearbeitet. Dann folgten die „Fremdarbeiten“, da für Bürgermeister Michael Weber Kurzarbeit kein Thema sein sollte.