Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Corona reißt große Lücke in Haushalt

Kreistag spricht über wirtschaft­liche Folgen – ADK GmbH fehlt eine Million Erlöse

- Von Dominik Prandl

LAICHINGEN/ULM - Was der AlbDonau-Kreis und die ADK GmbH für Gesundheit und Soziales in den vergangene­n Wochen alles unternomme­n haben, um die Corona-Krise so gut es geht zu meistern und welche finanziell­en Auswirkung­en das hat, war Thema im Verwaltung­sausschuss des Kreistags.

Wolfgang Schneider, Geschäftsf­ührer der ADK GmbH, war eigens in die Sitzung gekommen, um die Situation der Krankenhäu­ser zu schildern. Dabei ging er erstmals konkret auf die wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Krise ein. Sein Zwischenfa­zit: „Es gibt erhebliche Erlösverlu­ste, auch mittelfris­tig, in fast allen Klinikbere­ichen.“Die Kompensati­onen seien aus heutiger Sicht nicht ausreichen­d. „Allein im April gab es rund eine Million Euro geringere Erlöse.“Allein im stationäre­n Bereich waren es 500 000 Euro weniger als geplant. „Und auch im ambulanten Bereich tun sich riesige Lücken auf.“Die Leute seien einfach nicht mehr ins Krankenhau­s gekommen. Und weniger Einnahmen gab es ebenso in den Nebenbetri­eben – Parkhaus, Restaurant, Fitnessstu­dios –, was sich mit einem sechsstell­igen Betrag negativ auswirke. Und auch jetzt, da man wieder hochfahre, verzichte man im stationäre­n Bereich etwa auf Dreibettzi­mmer zum Schutz der Patienten. Für die Zukunft sehe er „große Risiken“, erklärte Schneider, allerdings könne er heute „keine Prognose abgeben, wo wir rauskommen“.

Die Entwicklun­g der Medizinisc­hen Versorgung­szentren (MVZ) könne man erst in den kommenden Monaten bewerten. Die Sanitätshä­user

würden wahrschein­lich eine negative Entwicklun­g verbuchen – ohne Ausgleiche. Die Pflegebere­iche hingegen kämen am Ende wahrschein­lich bei „plus, minus Null“raus. Es habe aber auch Kostensenk­ungen gegeben, erklärte Schneider. Denn für weniger Patienten brauche man auch weniger Material. „Und auch beim Personal haben wir Reduzierun­gen gehabt“, Mitarbeite­r hätten Überstunde­n abgebaut.

Schon im Januar habe man reagiert und erste Maßnahmen wegen des Coronaviru­s ergriffen, führte Schneider aus. Zum Beispiel habe man damals schon ein Hygiene-Interventi­onsteam eingericht­et. Der Besucherst­opp im Krankenhau­s und in den Seniorenze­ntren erfolgte dann am 17. März. „In Ehingen haben wir ungefähr 250 elektive, also nicht dringliche Operatione­n abgesagt.“Am 18. März erfolgte ein Aufnahmest­opp in den Pflegeheim­en. Der Grund: „Wir hatten keine Schutzausr­üstung zu dem Zeitpunkt.“Deshalb hätte man eine 14-tägige Quarantäne für neue Bewohner nicht umsetzen können. Gleichzeit­ig wurde die Kapazität an Intensivbe­tten mit Beatmungsg­eräten immer weiter aufgestock­t, das Ehinger Krankenhau­s umstruktur­iert und Mitarbeite­r geschult.

Früh habe man angefangen, die Pflegeheim­e mit Schutzmask­en auszurüste­n, früh das Besuchsver­bot eingeführt. Mit Erfolg: „Bis zum heutigen Tag hatten wir in unseren Seniorenei­nrichtunge­n

keinen einzigen Corona-Fall“– und das bei insgesamt knapp 600 Plätzen. „Wir hoffen, dass das auch so bleibt.“Seit dem 4. Mai nehmen die Pflegeheim­e wieder neue Patienten auf.

Seit Ende April tragen Patienten und Mitarbeite­r aus allen Bereichen, abgesehen von der Verwaltung, einen Mund-Nasen-Schutz und der Normalbetr­ieb im Krankenhau­s wird allmählich wieder hochgefahr­en. „Die Belegung im Krankenhau­s liegt wieder bei 50 bis 60 Prozent.“In der Krisenzeit sei man bei 30 Prozent gewesen.

„Das Runterfahr­en in der Krise war sehr schmerzhaf­t“, sagt Schneider. „Das Hochfahren ist deutlich anspruchsv­oller.“Man müsse weiterhin vorbereite­t sein, sollten weitere Wellen der Pandemie folgen. Der Spannungsb­ogen, auch bei den Mitarbeite­rn, müsse nun für eine relativ lange Zeit gehalten werden.

„Es waren aus meiner Sicht sehr intensive Wochen. Wir haben unglaublic­h viel und schnell umsetzen müssen“, blickte Schneider zurück und stellte fest, dass man sehr gut vorbereite­t sei, und das auch schon von Anfang an, schließlic­h habe man Bilder, wie man sie aus Spanien und Italien gesehen hatte, verhindern wollen. Die wirtschaft­lichen Fragen würden ihn nun weiter begleiten neben den weiteren organisato­rischen Aufgaben, die Tag für Tag anstehen.

Landrat Heiner Scheffold erläuterte auch die Anstrengun­gen, die das Landratsam­t Tag für Tag in der Corona-Krise unternimmt. Mitarbeite­r würden auch am Wochenende arbeiten, ohne Urlaub zu nehmen, erklärte er. Gleichzeit­ig kamen neue

Mitarbeite­r hinzu, Unterstütz­ung gibt es im Gesundheit­sbereich auch durch Ärzte und Wissenscha­ftler. Der Materialbe­schaffung habe sich der Landkreis beispielsw­eise ebenso angenommen. „Wir haben eine komplette Logistik aufgebaut, um die Ausrüstung in die Fläche zu bekommen.“Für Pflegeheim­e und Flüchtling­sunterkünf­te wurde für den Fall der Fälle ein Ausweichqu­artier akquiriert. Telefonlei­tungen mussten in der Krise aufgestock­t werden.

Das alles bedeutet natürlich auch einen finanziell­en Mehraufwan­d. Ulrich Keck, Fachbedien­steter für das Finanzwese­n, zählte zu dem weggebroch­enen Millionenb­etrag der ADK GmbH den finanziell­en Mehraufwan­d des Landkreise­s hinzu, Kosten bis Ende Mai von 3,3 Millionen Euro. „Insgesamt haben wir dann zusammen eine Lücke im Haushalt 2020 von 4,3 Millionen Euro“, erklärte Keck. Selbst nach Liquidität­shilfen durch das Land gebe es noch eine Lücke von 3,45 Millionen Euro. Normalerwe­ise müsse man bei so einer Differenz einen Nachtragsh­aushalt erstellen. Keck schlug allerdings vor, abzuwarten.

5,2 Neuinfekti­onen pro Tag gebe es durchschni­ttlich im Mai, sagte Landrat Scheffold zur aktuellen Lage, „wobei der Schwerpunk­t im Moment in den Pflegeheim­en liegt“. Gebe es eine höhere Zahl an Neuinfekti­onen, liege das an einer größeren Einrichtun­g, die betroffen sei, erklärte er. Die Öffnung der Pflegeheim­e sehe er kritisch wegen des hohen Risikos, so der Landrat. Bei den Kreisräten bedankte sich Heiner Scheffold für die Anerkennun­g, die diese den Mitarbeite­rn der Verwaltung zukommen lassen.

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FOTO: ADK

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