Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Karten der SS im Bubenzimmer und ein weißes Pony
SZ-Serie zum Kriegsende vor 75 Jahren: Pater Benno Baumeister erinnert sich an den 21. April 1945 zurück
WESTERHEIM - Er ist im Februar 1938 geboren, erlebte als Junge den Krieg mit. So auch den 21. April 1945, als seine Heimatgemeinde Westerheim in wenigen Stunden in Schutt und Asche gelegt wurde. „Ich war sieben Jahre alt. Ich erinnere mich nicht an alle Details, aber ich weiß, dass es in der Nacht vorher große Sprengungen gab“, erzählt Pater Benno Baumeister, der in der Region auf der Alb bekannt ist – unter anderem auch durch die Hilfsaktion „Helfen bringt Freude“der „Schwäbischen Zeitung“. Seit eineinhalb Jahren lebt er in einer Gemeinschaft von älteren Afrika-Missionaren in Hechingen.
Am 21. April gehörten seine Gedanken allerdings seiner Heimat Westerheim. Er erinnert sich an den Tag vor 75 Jahren zurück: „Ich wollte damals in die Kirche, da hieß es, dass dort Tote sind. Als ich nach Hause kam, hatte die SS in meinem Bubenzimmer Karten ausgebreitet. Die sehe ich noch heute vor mir.“Pater Benno Baumeister lacht im Telefongespräch leicht auf und erklärt: „Ich war schon immer neugierig und steckte so eben sprichwörtlich auch meine Nase ins Zimmer.“Sein Vater war als Rotkreuzhelfer engagiert. „Unser Haus ist stehengeblieben. Leute wollten bei uns unterkommen. Das Haus war dann voll“, berichtet Pater Benno Baumeister weiter. Seine Familie hatte sechs/sieben Kühe im Stall. „Und ein weißes Pony. Ich weiß nicht, ob sie es uns gelassen haben. Mein Vater hatte es für ein Pfund Butter gekauft“, erinnert sich Baumeister zurück.
Am Abend des
21. April sei er gewarnt worden, Vorsicht walten zu lassen, falls doch noch weiter geschossen werde. Der Vater brachte ihn, seine Schwester sowie Mutter mit Bettzeug in den Wald. Dort verharrte die Familie zwei Tage lang. „Mein Vater kam immer wieder, um zu sehen, ob wir noch leben.“Die Rückkehr nach Westerheim sei ein Schock gewesen. „Es herrschte große Trauer, weil so viele gestorben waren“, so Baumeister weiter.
Der Krieg habe Erfahrungen gebracht. „Erfahrungen, die ich auch als Missionar mit Krieg und Frieden machte. In Afrika war das sozusagen unser täglich Brot“, berichtet Pater Benno Baumeister. Er lebte und wirkte in Burundi – unterstützt Projekte vor Ort noch heute. Pater Benno Baumeister sei dankbar für alles. „Für schlechte und auch gute Gegebenheiten. Das formt Menschen und gibt Kraft, sich auch für andere Menschen einzusetzen“, ist er der Meinung.
Wo Zerstörung war, gehöre für ihn aber unbedingt auch Wiederaufbau dazu. So auch für seine Heimat Westerheim. Der Wiederaufbau dort (wir berichteten) habe für Baumeister Signalwirkung: „Es war einfach eine tolle Sache, wie die Leute zusammengearbeitet und sich gegenseitig geholfen haben. Die Hilfe war unwahrscheinlich groß“, sagt er und fügt an: „Das hat uns stolz gemacht. Da hatte Westerheim einen Namen. Das hat Westerheim geformt – die Menschen, die Häuser und die Solidarität.“