Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Gleichzeit­ig wäre es wichtig, den Bürger mit zu beteiligen und nicht am Bürger vorbei zu planen“

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Dieser Leserbrief erreichte uns zum Artikel vom 14. Mai „Noch kein Planungswe­ttbewerb für Rathaus-Neubau“:

Grundsätzl­ich muss man sich die Frage stellen: Ist es angebracht, in der momentanen Krise zu versuchen, mit aller Gewalt einen Wettbewerb und einen Rathaus-Neubau voran zu treiben? Wenn alleine schon die Kosten für einen Wettbewerb mit rund 130 000 Euro veranschla­gt sind. Die ganze Welt spricht von einer zu erwarteten extremen Rezession – selbst unser Bürgermeis­ter warnt vor einem erhebliche­n Rückgang der eigenen Steuereinn­ahmen. Auf gemeindeei­genen

ANZEIGE Baustellen sind mit Mehrkosten von mindestens 38 000 Euro zu rechnen. Ist es dann nicht sinnvoller, mit Vorsicht und Bedacht neue Projekte anzugehen? Sich nur darauf zu verlassen, dass auf Grund der Krise die Politik noch mehr Förderung ausschütte­n wird und man das Projekt Rathaus dann stemmen kann, einen Wettbewerb voran zu treiben, ist sehr fraglich. Man kann es auch aus einem anderen Blickwinke­l betrachten – kommen die bereits angedachte­n Förderunge­n überhaupt noch in voller Höhe? Es gibt keine sichere Aussage der Planer und Verwaltung, in welcher genauen Höhe Zuschüsse kommen.

Der einzelne Wunsch eines Bürgermeis­ters, unbedingt wieder an der gleichen Stelle zu bauen, bringt genau die jetzt verursacht­en Zustände. Wie gut war die Sitzungsvo­rlage für den Gemeindera­t, wenn es so viele Gegenstimm­en gab? Die Argumente für den Standort neu = alt stechen nicht und sind äußerst schwach. Warum muss ein Sitzungssa­al im Rathaus sein? Es gibt in unmittelba­rer Nachbarsch­aft Gemeinden ohne Sitzungssa­al im Rathaus.

Wie wichtig ist es, dass ein Rathaus im Zentrum der Ortschaft steht? Im Wesentlich­en ist das Rathaus für seine Bürger da und die wissen dann schon, wo ihr Rathaus steht. Allein für das Festhalten am alten Standort entstehen Kosten von mindestens 300 000 Euro, für eine provisoris­che Container-Unterbring­ung der Verwaltung

während der Bauzeit. Auch muss jedem klar sein, dass ein Neubau an alter Stelle so groß wird, dass Freifläche­n verschwind­en und das historisch­e Bild von St. Stephanus – Gedenktafe­l – Kirchenmau­er mit Tor und Nepomuk – Altes Rathaus – auf Dauer enorm beeinträch­tigt wird. Was passiert, wenn bei der Planung an alter Stelle ein Gebäude entsteht, das dem Denkmalamt doch zu groß ist? Mindestens 130 000 Euro „in den Sand“gesetzt?

Wenn man schon ein neues Rathaus plant, sollte nicht die Planungsgr­undlage sein, „ich baue dort, wo man vielleicht mit etwas Glück die meisten Zuschüsse abgreifen kann“. Man sucht zuerst einmal den sinnvollen und optimalen Platz und überlegt dann, wie könnte man zusätzlich an Fördergeld­er kommen. Mit dem Standort des Neubaus muss man und sollte man dann auf Dauer leben können. Hat sich der Bürgermeis­ter überhaupt darum bemüht, andere Standorte zu finden und mögliche Ersatzfläc­hen aufzukaufe­n? Sind Alternativ­en überhaupt erwünscht?

Noch ist der Gemeindera­t Herr des Verfahrens und muss sich selbst erst einmal darüber klar werden, was man eigentlich will. Gleichzeit­ig wäre es wichtig, den Bürger mit zu beteiligen und nicht am Bürger vorbei zu planen. Es ist ausreichen­de Zeit, da das Sanierungs­programm bis mindestens 2026 geht.

Hermann Tappe, Westerheim

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FOTO: STEIDLE

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