Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Wie wir beten können
schieben. Darüber spricht man nicht, das zeigt man nicht. Nein, das meint Jesus nicht. Klar darf man sehen, dass Christen beten, nicht nur zuhause. Jesus hat selbst offen vor Menschen gebetet. Aber das ist keine fromme Pflicht und Leistung. Denn Beten ist und bleibt „ein Reden des Herzens mit Gott“(Luther).
Bete kurz, sagt Jesus. Nein, es geht ihm nicht um schnell mal nebenbei. Das Gebet braucht geschützte Zeiten, jeden Tag. Lang, auch mal anders beten kann hilfreich sein. Jesus selbst hat oft die ganze Nacht gebetet. Das kann uns helfen, aber viele Worte ändern für Gott nichts. Das Vaterunser selbst ist ein kurzes Gebet.
Jesus lehrt uns mit dem Vaterunser nicht zuerst Worte, sondern eine Haltung.
Es geht nicht um etwas, das ich mache, sondern um eine Begegnung, auf die ich mich einlasse.
Beten heißt: Ich laufe zu meinem himmlischen Vater, der stark ist, absolut verlässlich und das liebende Herz einer Mutter hat.
Ich darf „Vater“zum Schöpfer des Universums sagen, nur im christlichen Glauben gibt es das. Ich darf zu dem kommen, der alles weiß und alles versteht. Zu ihm, der mich unerschütterlich liebt und mir immer neu sagt: „Ich freue mich so, dass du kommst. Mein geliebtes Kind, ich bin ganz Ohr. Ich habe Zeit, ich habe ein Herz für dich.“
Es geht nicht darum, etwas (richtig) zu machen. Beten ist Begegnung, Begegnung mit Gott. Ich laufe zu meinem Vater, ich möchte in seiner Nähe sein, mein Herz ausschütten – und ihm zuhören.
Beten bedeutet dann, dass ich Gott meine leeren Hände hinhalte, damit er sie füllt.
Überraschend ist, worum wir beten sollen. Nicht vor allem, dass unsere Wünsche erfüllen, dass zum Beispiel Corona bald vorbeigeht und alles wieder beim Alten ist. Nicht zuerst, dass es bei uns läuft, wir immer mehr bekommen, sondern um anderes sollen wir zuerst beten: dass Gottes Name, er selbst, heilig ist, die Mitte meines Lebens und der Welt ist; dass sein Reich kommt, dass Glaube, Hoffnung und Liebe sich ausbreiten in mit und durch mich; dass sein Wille geschieht – nicht ich meinen Willen bekomme, sondern ich mich öffne, damit Gott sich mit seinen Plänen in meinem Leben breit machen darf. Gott soll in meinem Leben keine Rolle spielen, er will der Regisseur sein.
Ich halte ihm meine leeren Hände hin, damit er sie füllt.
Ich brauche nicht etwas, ich brauche zuerst ihn selbst. Das verändert Leben.
Beten schließt die Bitte um die alltäglichen Bedürfnisse mit ein.
Es fällt auf, wie kurz das angesprochen wird. Um Brot, also das Lebensnotwendige, nicht um
Um heilsame Beziehungen dürfen wir beten, um Vergebung, die dann auch anderen vergibt.
Und um Bewahrung, damit auch das Schlimmste, das mir zufallen kann, nie zur Versuchung wird, nie das Vertrauen auf Gott erstickt; mich nicht wegtreibt von seinem Reich, seiner Gegenwart; nie von seiner Kraft, die mein Leben und unsere Welt verändern kann; nie von seiner Herrlichkeit, seinem Himmel, jetzt schon immer wieder und einst umfassend und für immer. Mit dieser Anbetung endet das Vaterunser.
„Amen“, so soll es sein.
„Nach dem Amen bete weiter“
hat jemand gesagt. Das heißt so viel wie: nun rechne mit Jesus in deinen All-Tagen. Nun achte darauf, wo er dir antwortet, dir in der Bibel, im Alltag einen Impuls gibt, wo er dich ermutigt, wo er dich sendet. Dann geh mit und packe mit an. Denn „das Gebet ersetzt keine Tat, aber es ist eine Tat, die durch nichts anderes zu ersetzen ist“(H. v. Keler). Es ist die Begegnung mit unserem liebenden Vater.
Übrigens: durch Beten; wenn wir es tun, neu damit anfangen, nicht nur darüber nachdenken. Warum nicht hier und heute leise beginnen, das „Spiritual Distancing“aufheben? Wenn wir dem liebenden Vater begegnen, wird er unser Leben heilsam verändern. Hier kann die Seele Atem holen. Amen
Beten lernt man Lied: Er hört dein Gebet, EG 618