Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Diktatur nie erlebt
Zu „Wenig Abstand – krude Ideen“(18.5.):
Da demonstrieren Menschen gegen die Vorschriften einer demokratisch gewählten Regierung. Da geistern Verschwörungstheorien und immer wieder der Begriff Diktatur durch die Köpfe dieser Leute und sind auf Schildern zu lesen. Gleichzeitig befürchtet man die Abkehr von unserem Grundgesetz. Eine Diktatur unterdrückt ein Volk ohne Wenn und Aber; dies haben die Jungen nie erlebt. Wenn eine Pandemie zum zweiten Mal zuschlagen würde, wären diese Leute die Ersten, die dem Staat Versagen vorwerfen würden. Mittlerweile zeigen Untersuchungen in vielen Ländern, dass sich auch junge Leute mit diesem Virus infizieren können. Also bitte, Gehirn einschalten.
Gerhard Uhrig,
Aulendorf
Kein Grund für drastische Strafe
Zum Leitartikel „Dem Minister fehlt die klare Linie“(16.5.):
Eine der bestgepflegten Zielscheiben deutscher Politikjournalisten bestimmter Couleur ist der CSUVerkehrsminister Andreas Scheuer. Gute Arbeit wird verschwiegen, Missliebiges wird aufgeblasen bis zum vermeintlichen Skandal. Nach der Pkw-Maut geht es jetzt um ein Detail bei der Änderung der Straßenverkehrsordnung. Es betrifft den Entzug des Führerscheins bei zu schnellem Fahren. Scheuers ursprünglicher Entwurf sah die Fahrverbote gar nicht vor. Die Länderkammer wollte diese Verschärfung. Dagegen richtete sich kürzlich eine Petition im Internet. Innerhalb von nur drei Tagen hat sie ihr selbst gestecktes Ziel von 100 000 Unterschriften erreicht und bringt den riesengroßen Unmut bei Autofahrern zum Ausdruck. Seit 50 Jahren geht die Zahl der jährlichen Verkehrstoten von über 20 000 auf 3275 zurück. Im gleichen Zeitraum hat sich das Verkehrsaufkommen vervielfacht. Es besteht deshalb kein Grund, Geschwindigkeitsübertretungen so drastisch mit Führerscheinentzug zu bestrafen. Fachleute rechnen mit jährlich zwei Millionen Fällen und viele Autofahrer ahnen das. Deshalb die große Empörung.
Anton Blank, Erolzheim
Keine glaubwürdige Politik
Zu „Corona-Hotspot Schlachthof“(19.5.): Die untragbare Arbeitssituation auf den Schlachthöfen wird seit vielen Jahren angeprangert und vom Staat und den Behörden mehr oder weniger geduldet. Denn sie ist Teil des Systems der Agrarindustrie, die mit massiver politischer Unterstützung etabliert und immer weiter ausgebaut wurde. Kanzlerin Merkels Erschütterung kann also nur geheuchelt sein. Ab und zu kommt das Thema an die Öffentlichkeit, wenn Razzien und Ermittlungen illegale Arbeiter entlarven. Aber die Ursache bleibt unangetastet: Die Beauftragung ausländischer Sub-Unternehmen, die sich teils in Sub-SubUnternehmen aufspalten und Billigarbeiter heranschaffen, die den Raubbau an ihnen oft nur wenige Monate mitmachen, bevor sie ausgetauscht werden. Es ist nicht glaubwürdig, dass die Politik die „Wurzel des Übels“anpacken wird, wie Minister
Heil es wünscht. Denn das System, Fleischpreise auf Weltmarktniveau zu drücken, um Deutschland zu einem der größten Fleischexporteure zu machen, ist umfassend und in jeder Hinsicht ruinös. Die industrielle Massentierhaltung ist untrennbarer Teil davon! Hunderttausende Bauernhöfe mussten deswegen schon aufgeben, die Luft wird durch lungenschädigenden Feinstaub (resultierend aus Ammoniak) belastet, Grund- und Oberflächenwasser werden mit Nitrat vergiftet, der Klimawandel wird maßgeblich durch Massentierhaltung angeheizt und die Tiere entsetzlich gequält. Die Umstellung muss also ein gründlicher Systemwechsel sein, hin zu regionaler Schlachtung und Vermarktung, mit artgerechter Weidehaltung gesunder Tiere, die nicht krank durch Überzüchtung sind und die mit heimischem Futter ernährt werden. Nur so lässt sich das Problem lösen. Karin Ulich, Sigmarszell
Einsatz der Kirche fehlt
Zum Interview „Wir wollen doch Typen“mit Elmar Braun (13.5.): Nachdem sich so viele Menschen über die von Boris Palmer geäußerte Formulierung aufgeregt haben, war es sehr erfreulich, zu erfahren, dass es auch Leute gibt, die Palmers Äußerung im ganzen Zusammenhang gelesen haben und die nicht einfach unüberlegt ins gleiche Horn blasen. Gut, dass einzelne Menschen überlegen, differenzieren, sich aus unterschiedlichen Quellen informieren und versuchen, Maßnahmen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Solche Worte würde ich mir auch von unseren Amtskirchen wünschen, die in der Corona-Krise sehr still und zurückhaltend auftreten und alles übernehmen, was Regierung und Virologen verlangen. Vor so viel stummem Gehorsam graut mir ein wenig. Wo sind Widerstand, eigene Wünsche und vor allem der Einsatz für christliche Werte, die weit über den Gesundheitsschutz hinausgehen?
Diana Baumeister,
Westerheim
Es wird noch spannend
Zu „Streit wegen EZB-Urteil“(12.5.): Wenn der EuGH die Richtlinien der EZB für den Ankauf von Staatsanleihen als richtig bestätigt, dann hat das Europäische Parlament, das für die Kontrolle der EZB zuständig ist, die negativen Auswirkungen, von denen fast alle Deutschen betroffen sind, nicht berücksichtigt oder unbemerkt bestätigt. Das gilt auch für die Bundesregierung. Nach Ankündigung der Präsidentin der EZB, Christine Lagarde, wird die EZB weiterhin unbeirrt alles tun, was in ihren Kompetenzbereich fällt, weil die Kontrolle ausschließlich dem Europäischen Parlament obliegt. Es wurde angekündigt, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik einzuleiten. Das kann noch spannend werden. Hans Graf, Bingen