Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Söflinger Popstar des 12. Jahrhunderts
Meinloh von Sevelingen gilt als Minnesang-Gigant und trat wohl vor Friedrich Barbarossa auf
ULM - Meinloh von Sevelingens Lebensdaten sind unbekannt. Was relativ sicher ist: Der Söflinger dürfte ein Popstar seiner Zeit gewesen sein. Diese Zeit liegt etwa 850 Jahre zurück. Man geht davon aus, dass Meinloh von Sevelingen – der um 1170 in der Geschichte des Minnesangs, der Liebeslieder also, auftaucht – unter anderem vor Kaiser Friedrich Barbarossa sang, wenn dieser in der Ulmer Kaiserpfalz weilte. Meinloh stammte aus dem – 1220 erstmals urkundlich belegten, aber wohl deutlich älteren und dem niederen Adel angehörenden – Geschlecht derer von Sevelingen. „Sevelingen“hieß auch „die Ansiedlung“, wohl eine alamannische Gründung, aus der das heutige Söflingen hervorging.
Meinloh von Sevelingen gilt als der älteste schwäbische Minnesänger, aber auch als einer der bedeutendsten Dichter und Sänger von früher Liebeslyrik und Minnesang in der mittelhochdeutschen Sprache seiner Zeit. Eine Darstellung des Sängers ist überliefert – aber ob er so aussah, wie er im in Heidelberg aufbewahrten Codex Manesse gezeichnet ist, in der um 1300 entstandenen umfangreichsten mittelhochdeutschsprachigen Liedersammlung? Ein zierlicher Jüngling mit dunkelblondem Haar, das lockig fällt, bekleidet mit aufwendig gearbeitetem Kleid und Umhang und mit spitzen Schnabelschuhen. In den Händen hält Meinloh ein übertrieben langes Liedblatt, von dem er einer holden, ihm recht zugeneigten Schönheit vorträgt – die ist als Angehörige der Patrizierfamilie Krafft angedeutet. Über Meinloh ist sein Wappen dargestellt, drei die Zunge bleckende und Kronen tragende Löwen. Auch eine deutsche Briefmarke aus dem Jahr 1970 stellt Meinloh von
Sevelingen als blondlockigen Jüngling dar.
Wie die Stimme des Sängers klang, der offenbar einer der gefeierten Künstler des Hochmittelalters war, weiß niemand. Sie verging mit seinem Tod. Erhalten aber sind Texte Meinlohs, und die zeigen ihn am Übergang erotisch-ritterlicher Lyrik zu einem romantischen Stil fast rührender Hingabe. Dabei gibt es einstrophige Lieder aus Sicht des werbenden jungen Mannes und solche aus der Perspektive der Geliebten – und eines über behütende Aufpasser, von denen Meinloh, in gegenwartsdeutscher Übersetzung, aus der Sicht einer jungen Frau berichtet. Sie beklagt, dass diese Aufpasser ihr „übel mitgespielt“und sie grundlos ins Gerede gebracht hätten („si habent mich âne schulde in eine grôze rede brâht“). „Nu wizzen alle gelîche, daz ich sîn vríundìn bin“– alle wüssten nun, „dass ich seine Freundin bin“, erzählt der Text des Liedes über die Spione, denen sie am liebsten die Augen ausgestochen wüsste.