Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Nur deutschsprachige Schulen öffnen
In Südtirol machen Vor- und Grundschulen auf – viel früher als im Rest Italiens
ROM - Atemschutzmasken für die Lehrer, Gruppen von maximal sechs Kindern und, wenn möglich, Aktivitäten unter freiem Himmel. Bevor die Kinder in die Einrichtungen hineindürfen, muss ihre Temperatur mit einem Fieberthermometer gemessen werden. Liegt die Körpertemperatur bei über 37.5 Grad, müssen die Eltern ihre Kinder wieder mit nach Hause nehmen.
Während im Rest Italiens Vorund Grundschulen sowie alle anderen Bildungseinrichtungen bis hin zu den Universitäten bis auf Weiteres geschlossen bleiben, geht Südtirol einen Sonderweg. Ab Montag sind in der politisch autonomen Region Vorund Grundschulen wieder offen.
Landeshauptmann Arno Kompatscher erklärte, dass die Entscheidung für die Öffnung der Vor- und Grundschulen keinen Widerspruch zu der Entscheidung des Bildungsministeriums in Rom darstelle. „Es handelt sich bei diesen Einrichtungen“, sagte Kompatscher, „um keine richtigen Schulen und wir als Provinz haben ja auch kein Recht, von uns aus Schulen zu öffnen.“
Die Entscheidung zur Wiedereröffnung dieser Einrichtungen sei vielmehr, sagte der Landeshauptmann von Südtirol der Tageszeitung „Corriere della sera“gegenüber, ein „Notdienst, um Familien zu helfen, in denen ein behindertes Kind lebt oder beide Elternteile in strategischen Bereichen arbeiten, wie etwa dem Gesundheitswesen, der öffentlichen Ordnung oder dem Katastrophenschutz“.
Die Betreuer und Lehrer der nun geöffneten Vor- und Grundschulen haben sich freiwillig zu ihrer Arbeit bereitgestellt. Auf diese Weise werden rund 1000 Kinder wieder betreut.
Doch nur die deutschsprachigen Vor- und Grundschulen sollten zunächst wieder geöffnet werden. Die Leiter der italienischsprachigen Einrichtungen erklärten, dass sie auch weiterhin der Vorgabe des Bildungsministeriums in Rom Folge leisten werden und keine Ausnahmen gestatten werden.
In einem Brief an die Provinzregierung schrieben die Schulleiter, so berichten italienische Zeitungen, dass zu viele Unsicherheiten in Sachen Gesundheit bestehen würden, und sie deshalb ihre Einrichtungen nicht öffnen werden.
Diese Entscheidung hat wiederum bei italienischsprachigen Eltern der Provinz heftige Proteste hervorgerufen. Dieser Protest führte dazu, dass Giuliano Vettorato, Schulassessor in Südtirol, ab 27. Mai einen Notdienst auch für die italienischsprachigen Vor- und Grundschulen einrichten wird. Die Betreuung der Kinder in diesen Einrichtungen erfolgt aber nicht durch Lehrerinnen und Lehrer, sondern durch die Mitarbeiter
von drei lokalen Freiwilligenorganisationen.
Die Vorschriften werden die gleichen sein wie bei den deutschsprachigen Vor- und Grundschulen. Nicht ausgeschlossen ist, dass dieser Notdienst auch während der Sommerpause weiterbestehen wird.
Nicht nur beim Thema Schulen geht damit die autonome Region Südtirol einen Sonderweg.
Schon Tage vor der von der Regierung in Rom genehmigten Wiederöffnung von Bars und Restaurants, Museen, Friseuren und Schönheitssalons gab die Region Bozen grünes Licht. Früher als anderswo dürfen in Südtirol Hotelzimmer gebucht und Fahrkarten für die Seilbahnen erworben werden. Die stark vom Tourismus abhängige Provinz will schnell zu einer relativen Normalität zurückkehren.
Rom habe, so Landeshauptmann Kompatscher italienischen Medien gegenüber, „dem wochenlangen Drängen für regionale Handlungsspielräume nicht Gehör geschenkt“. Aus diesem Grund, so der Politiker, „haben wir uns für einen eigenen gesetzgeberischen Weg aus der Corona-Krise entschieden“.