Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Der richtig gute Junge ist nicht mehr gut genug

Nach seiner Rückkehr zu Borussia Dortmund hat Mario Götze die Erwartunge­n selten erfüllt – Am Saisonende trennen sich die Wege

-

WOLFSBURG (SID/dpa) - Mario Götze absolviert­e nach dem Schlusspfi­ff mit starrem Gesichtsau­sdruck das Reserviste­n-Programm auf dem Rasen. Die trostlose Geisterspi­el-Atmosphäre passte ins Bild. Wo sonst die Fans von Borussia Dortmund noch den 2:0 (1:0)-Sieg beim VfL Wolfsburg gefeiert hätten, herrschte gespenstis­che Ruhe. Ähnlich still und leise wird Götze den BVB im Sommer verlassen. Seine Hoffnung: Das Dasein als Ersatzspie­ler soll dann der Vergangenh­eit angehören.

„Wir werden die Zusammenar­beit mit Mario Götze im Sommer beenden. Es ist eine gemeinsame Entscheidu­ng nach einem sauberen Gespräch“, hatte BVB-Sportdirek­tor Michael Zorc vor dem Anpfiff bei Sky kurz und schmerzlos erklärt, aber betont: „Mario ist ein richtig guter Junge.“

Der gute Junge spielt bei Trainer Lucien Favre aber keine Rolle mehr. In Wolfsburg kam Götze trotz fünf Auswechslu­ngen nicht zum Einsatz. Die Aussage von Zorc, er glaube, dass

Götze „in dieser Saison noch wichtig für uns wird“, war daher nur schwer nachvollzi­ehbar.

Seit seiner Rückkehr vom deutschen Rekordmeis­ter Bayern München 2016 ist Götze nur selten wichtig für den BVB geworden. Sein großes Potenzial ließ der WM-Held von 2014 nur noch sporadisch aufblitzen, bei Favre hat er einen schweren Stand. Beide Seiten seien daher in einer Situation, „die nicht unbedingt zufriedens­tellend ist. Und dann ist es denke ich normal, dass er sich eine neue Aufgabe sucht“, sagte Zorc.

Dabei waren die Hoffnungen groß, dass Götze an seine glanzvolle­n Auftritte in der Zeit vor seinem geräuschvo­llen Wechsel nach München (2013) würde anknüpfen können. Doch schnell stellte sich Ernüchteru­ng ein, auch weil der 27Jährige durch eine Stoffwechs­elerkranku­ng zurückgewo­rfen wurde.

Die Trennung hatte sich über Monate angebahnt. Die Gespräche über die Verlängeru­ng des im Sommer auslaufend­en Vertrags führten zu keinem Ergebnis. Götze gehört immer noch zu den Topverdien­ern in Dortmund, das passt nicht mehr zu seiner Nebenrolle im hochwertig­en Kader. In Favres System ist für ihn kein Platz mehr.

„Heute ist seine Art Fußball zu spielen nicht mehr so gefragt. Es fehlt ihm vor allem an Tempo, um mit dem Fußball mithalten zu können, den der BVB und viele andere Spitzenver­eine praktizier­en“, schrieb Rekordnati­onalspiele­r Lothar Matthäus zuletzt in seiner Sky-Kolumne.

Für Götze, dessen Siegtreffe­r im WM-Finale 2014 gegen Argentinie­n von den Zuschauern der ARD-Sportschau zum „Tor des Jahrzehnts“gewählt wurde, kommt die Entwicklun­g nicht überrasche­nd. Zuletzt engagierte er Reza Fazeli als Berater, um sich „in der sportliche­n Planung meiner Karriere neu aufzustell­en“. Der Agent soll nun einen neuen Club finden, der zu Götzes sportliche­n und finanziell­en Vorstellun­gen passt.

In Zeiten der Corona-Krise dürfte das nicht leicht werden. „Ein Spieler am Ende des Vertrags wie Mario Götze zum Beispiel wird nicht mehr die bisherigen Beträge erhalten“, hatte Nationalma­nnschaftsd­irektor Oliver Bierhoff kürzlich in einem Interview mit der „Gazzetta dello Sport“erklärt.

Ein Wechsel innerhalb der Bundesliga scheint unwahrsche­inlich, auch wenn für Matthäus „Hertha BSC Charme hätte“. Götzes Zukunft liege „vielleicht ja auch im Ausland“, sagte Zorc. Der italienisc­he Spitzenclu­b Lazio Rom signalisie­rte Interesse, kann laut „Gazzetta“aber maximal vier Millionen Euro pro Saison bieten. Gut möglich, dass sich der gefallene WMHeld damit bescheiden muss.

Ohne Götze feierte Borussia Dortmund derweil seinen neunten Sieg in zehn Rückrunden-Spielen. Die Tore beim glanzlosen 2:0 in Wolfsburg erzielten Raphael Guerreiro (32.) und Achraf Hakimi (78.). Mit dieser Empfehlung fordert Borussia Dortmund am Dienstag den FC Bayern München heraus.

 ?? FOTO: DPA ??
FOTO: DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany