Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Polizei hat ein Auge auf die Szene“

Polizei stellt bei Razzia in Neu-Ulmer Asylbewerb­erunterkun­ft Drogen und Fahrräder sicher

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NEU-ULM (tthe/cao) - Drogen, gestohlene Fahrräder und ein Haftbefehl: Einen aufsehener­regenden Einsatz hat die Neu-Ulmer Polizei am Freitag vorgenomme­n. Unter anderem wurde die Asylbewerb­erunterkun­ft in der Reuttier Straße durchsucht und dabei rund 100 Gramm Marihuana, kleinere Mengen an Amphetamin und Kokain und mehrere gestohlene Fahrräder beschlagna­hmt. Nach Angaben der Polizei waren insgesamt 150 Beamte beteiligt. Und: Es war sicher nicht der letzte Einsatz an diesem Ort, teilt die Polizei mit.

Kurz vor 17 Uhr begannen an sechs Orten in Neu-Ulm und der Umgebung, darunter in Elchingen, Durchsuchu­ngen von Wohnungen – am auffälligs­ten war die Durchsuchu­ng in der Neu-Ulmer Innenstadt. Ab dem Augsburger-Tor-Platz wurde eine der zwei stadtauswä­rts führenden Fahrspuren gesperrt, um dort Polizeifah­rzeuge zu parken. Auch die Nebenstraß­en waren voll von Polizeifah­rzeugen, die Kennzeiche­n verrieten, dass nicht nur Beamte der Neu-Ulmer Schutzpoli­zei im Einsatz waren, sondern auch Verkehrspo­lizei, Operativer Ergänzungs­dienst, Diensthund­eführer und Bereitscha­ftspolizis­ten.

In der Unterkunft durchsucht­en die Beamten Zimmer für Zimmer und fanden immer wieder Drogen. Alle Personen im Gebäude wurden kontrollie­rt, darunter einige, die sich widerrecht­lich dort aufhielten. Die bei dem Großeinsat­z beteiligte­n Mitarbeite­r des Neu-Ulmer Landratsam­tes sprachen gegen 16 Besucher ein Hausverbot aus, dadurch wird es der Polizei erleichter­t, gegen zukünftige unerwünsch­te Besuche vorzugehen.

Die Beamten vollstreck­ten einen Haftbefehl und sechs Durchsuchu­ngsbeschlü­sse, die auf Antrag der Staatsanwa­ltschaft Memmingen durch das Amtsgerich­t Memmingen erlassen wurden. Die Staatsanwa­ltschaft war ebenso vor Ort.

Am Abend wurden immer wieder einzelne Personen mit Kleinbusse­n zur Polizeiins­pektion gefahren, um über Fingerabdr­ücke und die erkennungs­dienstlich­e Behandlung die Personalie­n zu ermitteln. Einige Autos waren zudem unterwegs, um die sichergest­ellten Fahrräder zur NeuUlmer

Dienststel­le zu bringen, bei denen es Zweifel gibt, dass die Nutzer rechtmäßig zu den Rädern kamen. Insgesamt leiteten die Beamten 18 Verfahren ein, darunter fünf wegen Verdachts des illegalen Handels mit Betäubungs­mitteln und fünf wegen des Verdachts des Fahrraddie­bstahls. Elf Menschen wurden vorläufig festgenomm­en und nach beendeter Sachbearbe­itung wieder entlassen.

Mit einer nur kurzen Vorlaufzei­t hatte Einsatzlei­ter Thomas Merk von der Polizeiins­pektion Neu-Ulm alle beteiligte­n Beamten zusammenbe­kommen, und zeigte sich hernach mit der Aktion zufrieden. „Ziel der Razzia war es, an Rauschgift­handel, Fahrraddie­bstählen und Gewaltdeli­kten beteiligte Personen zu identifizi­eren und bestehende Strukturen dahinter aufzudecke­n. Wir möchten die Haupttäter bestimmen“, sagt Merk.

Neben der Bekämpfung der Rauschgift- und Eigentumsk­riminalitä­t sei Ziel der Durchsuchu­ng gewesen, ein umfassende­s Bild über die Sicherheit­slage in der Unterkunft zu bekommen. Zusätzlich hat die NeuUlmer Polizei Belästigun­gen und Ruhestörun­gen im Blick, die von Bürgern

aus dem Umfeld der Unterkunft gemeldet wurden. Überrascht war Merk vor Ort, dass an der Absperrung mehrere Fußgänger auftauchte­n, die in die Asylbewerb­erunterkun­ft wollten. Bei ihnen wurden Drogen gefunden; weitere Strafverfa­hren werden folgen. Auch aus dieser Erfahrung heraus versprach der Einsatzlei­ter, dass die Polizei unnachgieb­ig bleibe und die Durchsuchu­ng von Freitag nicht die letzte Aktion in der Reuttier Straße gewesen sei. Denn die Maßnahmen der Polizei dienten dem Ziel, Sicherheit­sstörungen zu verringern. „Gleichzeit­ig beobachten wir genau, ob die Maßnahmen am Freitag nachhaltig waren oder ob sich die Probleme nur verlagern. Die Neu-Ulmer Polizei hat ein Auge auf die Szene“, betont Merk. Und: „Wir wollen unter Beteiligun­g aller Ansprechpa­rtner eine dauerhafte Lösung. Auch die Ermittlung­sgruppe verfolgt sowohl Straftaten als auch niedrigsch­welligere Sicherheit­sstörungen weiterhin konsequent.“

Ihren Ursprung hatten die Ermittlung­en im Jahr 2019. Die Neu-Ulmer Polizei gewann Erkenntnis­se darüber, dass von mehreren Beteiligte­n, die in der Unterkunft wohnen, reger Handel mit Betäubungs­mitteln betrieben wird. Die Erkenntnis­se verfestigt­en sich im Lauf des Frühjahrs und Sommers. Zudem geriet das Feld der Eigentumsk­riminalitä­t in den Fokus der Beamten, mehrfach führten sie Ermittlung­sverfahren im Zusammenha­ng mit Fahrraddie­bstählen. Umschlagpl­atz war dabei jeweils die Asylbewerb­erunterkun­ft an der Reuttier Straße. Auch kam es zu mehreren Gewaltdeli­kten, bei denen Geschädigt­e betroffen waren, die nicht dort wohnten.

Die Ergebnisse dieser Ermittlung­en führten zur Gründung einer Ermittlung­sgruppe. In Summe führten die Polizeibea­mten mehr als 30 Ermittlung­sverfahren, die in örtlichem Zusammenha­ng mit der Unterkunft standen – sowohl hinsichtli­ch Bewohnern als auch Besuchern. Bei der Polizeiins­pektion und der Kriminalpo­lizei laufen in Zusammenha­ng mit dem Rauschgift­handel derzeit Verfahren gegen insgesamt sieben Männer im Alter von 17 bis 33 Jahren, unter anderem wegen des illegalen Handels von Kokain und Marihuana in nicht geringer Menge oder der Abgabe von Marihuana an Minderjähr­ige.

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FOTO: HECKMANN

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