Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Es darf gern schräg und schrill klingen“
Ulmer Sender FreeFM feiert sein 25-jähriges Bestehen. Leise wollen die Macher auch in Zukunft nicht sein
ULM - Es begab sich zu einer Zeit, als das Internet noch wirklich Neuland war und das Radio noch das schnellste und unkomplizierteste Medium, Nachrichten oder Musik zu empfangen. Die Band Rednex schmachtete „Wish you were here“, Bryan Adams fragte „Have you ever really loved a woman“und Michael Schumacher war der schnellste Autofahrer der Welt, als sich vor 25 Jahren eine Gruppe unverwüstlicher Idealisten hinters Mikrofon setzten, um mit FreeFM den bis heute einzigen nicht kommerziellen Radiosender der Region zu gründen. Seitdem arbeiten etwa 140 ehrenamtliche Mitarbeiter am täglichen Sendebetrieb aus der Ulmer Platzgasse auf der Frequenz 102,6 Megahertz.
Finanziell trägt sich der Sender hauptsächlich durch Spenden und Rundfunkgebühren. Den Vergleich mit den großen Radiostationen suchen die Macher ganz bewusst nicht. Musikredakteur Hans Patzwahl sieht es gelassen: “Einfach mal machen – es könnte ja gut werden. Auch wenn auf Sendung mal gestottert oder verhaspelt wird“, sagte er und erklärt, dass das der besondere Charme von FreeFM sei. Schließlich seien die meisten Moderatoren im Tagesprogramm Schüler oder Studenten, die über ihre ganz eigenen Themen berichten. „Vom Kleintierzüchter bis zur Quantenphysik hatten wir schon alles im Programm“, sagt Patzwahl.
Auch wenn es um die Musik geht, setzen sich die Macher von FreeFM vom Format der kommerziellen Radios ab. „Radioversionen, wie sie von den Plattenlabels angeboten werden, spielen wir fast nie“, sagt Patzwahl. Oft seien damit die Werke der Künstler von Produzenten verstümmelt worden. Kollege Sirko Güntner stimmt ihm zu: „Es darf gerne schräg und schrill klingen.“Jeweils zwölf neue Songs in einer Woche sollen die Hörer präsentiert bekommen. Ohne auf Werbeeinnahmen oder andere kommerzielle Gesichtspunkte angewiesen zu sein, ermögliche dies eine riesige Freiheit bei der Musikauswahl, erklärt Güntner. Derweil haben die Musikmacher bei FreeFM in den vergangenen zwei Jahrzehnten schon musikalisch den richtigen Riecher bewiesen, als sie etwa die österreichische Band Wanda schon im Programm hatten, als die Gruppe noch von ihren großen Erfolgen weit entfernt war. Und um möglichst jedem Genre eine musikalische Nische zu geben, haben sogar die Fans von Death Metall einen Sendeplatz erhalten.
Auf die Frage, wie sich die Musik in den vergangenen 25 Jahren verändert habe, holen die beiden Musikredakteure aus und Patzwahl erinnert sich: Früher sei der Vertrieb von Musik noch weitaus schwieriger und kostspieliger gewesen. Güntner ergänzt, dass heute Künstler auf Onlinekanälen wie Youtube mit wenig Aufwand eine riesige Reichweite erreichen würden: „Ein Sänger wie Cro wäre ohne Internet nicht möglich gewesen.“
Die Freiheit eines unabhängigen Senders bedeutet jedoch für die Macher auch die Verantwortung, ihre meist jungen Hörer vor unangemessenen Liedtexten zu bewahren. „Besonders im deutschen Hip-Hop sind Kraftausdrücke nicht mit unserem Sendekodex zu vereinbaren“, sagt Güntner. Eine Hemmschwelle zum Radio brauchen Interessierte übrigens bei FreeFM nicht überwinden, sagt Güntner: „Wir suchen immer Praktikanten jeden Alters.“Selbst für die jüngsten Nachwuchsmoderatoren im Kindesalter gibt es einen Sendeplatz unter dem Titel „Mikrowelle“.