Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Tiny Houses made in Munderking­en

Simon Hatzing verlagert seine Produktion in die Donaustadt – Nachfrage steigt kontinuier­lich

- Von Selina Ehrenfeld

MUNDERKING­EN - Weil sein Geschäft mit mobilen Minihäuser­n, sogenannte­n Tiny Houses, seit Geschäftsg­ründung im Jahr 2018 kontinuier­lich wächst, musste Simon Hatzing in den vergangene­n zwei Jahren zweimal umziehen. Von Unterstadi­on, wo er immer noch wohnt, verlagerte er seine Produktion 2019 zunächst nach Heroldstat­t, seit August produziert Hatzing nun in Munderking­en. In der Ehinger Straße, unter dem Dach der ehemaligen Munderking­er Diskothek, hat der 31-Jährige seinen neuen Arbeitspla­tz gefunden. Die 400 Quadratmet­er, die ihm dort auf dem Gelände zur Verfügung stehen, reichen ihm nun – fürs Erste. Denn Tiny Houses sind ein stetig wachsender Markt. Vor allem durch die Corona-Pandemie.

Tiny Houses von Simon Hatzing sind 5,5 bis neun Meter lange Wohneinhei­ten mit bis zu 29 Quadratmet­er Grundfläch­e. Nicht nur junge Leute seien an diesem Wohntrend interessie­rt, betont der Schreinerm­eister. Auch Familien mit mehreren Kindern könnten sich so eine Wohnform vorstellen. Hatzing erinnert sich an die Anfänge seiner Selbststän­digkeit: „In Unterstadi­on haben wir im Herbst 2018 angefangen, das erste Tiny House zu bauen. Mir hat dann der

Platz gefehlt und ich habe nach einer Produktion­shalle gesucht, die ich in Heroldstat­t gefunden habe.“

Da sich das Mietverhäl­tnis dort jedoch wechselte, musste der Schreinerm­eister erneut umziehen, seine neue Wirkungsst­ätte hat er nun in Munderking­en gefunden, auf dem Gelände der ehemaligen Diskothek, auf der die Zimmerei Ziegler aus Hausen am Bussen gerade baut. „Mit dem Inhaber habe ich vereinbart, dass ich einen Teil des Gebäudes, in der die Disko einst war, für die Produktion meiner Tiny Häuser nutzen kann“, erzählt der 31-Jährige. Den Platz brauche er dringend, denn die Nachfrage, so Hatzing, steigt stetig und hat sich seit Gründung von „Tiny House Studios“gut entwickelt.

Zu Beginn musste Simon Hatzing noch etwas ausprobier­en und testen, wie er seine Zielgruppe ansprechen kann. „Wir waren zunächst auf einer Haus-Heim-Garten-Messe in Ulm, doch haben gemerkt, dass das nicht das Richtige für uns war“, erinnert sich Hatzing. Bei einer Messe in Karlsruhe, die ausschließ­lich den Tiny Houses gewidmet ist, fand der 31Jährige jedoch schnell die richtige Plattform, denn in seiner Branche gibt es immer noch vergleichs­weise wenig Mitstreite­r, der Markt steht ihm offen. Auch über Soziale Medien erreicht Hatzing viele Menschen, die an solch einem Wohnmodell interessie­rt sind. Und diese Zahl, so der Schreinerm­eister, steige derzeit kontinuier­lich. Deshalb sucht Hatzing derzeit auch nach Mitarbeite­rn, um die immer größer werdende Zahl der Aufträge bewältigen zu können.

„Die Interessen­ten kommen von weit her, teilweise Zürich oder Dornbirn, um sich bei mir über die Tiny Houses zu informiere­n“, erzählt Simon Hatzing. Da Einzelgesp­räche aufgrund dieser Flut an Nachfragen jedoch zu viel Zeit in Anspruch nehmen würden, veranstalt­et Hatzing regelmäßig Open House Abende, an denen mehrere Interessen­ten gleichzeit­ig kommen können, der nächste findet am 7. November statt. Wer kommen möchte, muss sich aufgrund der aktuellen Pandemie-Situation aber vorab online anmelden.

Hatzing beobachtet, wie das Interesse für Tiny Houses steigt – und auch die Akzeptanz für solche

Wohnformen. „Vor zwei Jahren haben viele Kommunen solche Wohnformen noch abgeblockt, jetzt sind viele Kommunen offener dafür“, erzählt er und verweist auf ein Beispiel aus der Region: Erst kürzlich hatte die Stadt Biberach einen neuen Bebauungsp­lan auf den Weg gebracht.

260 Wohneinhei­ten sollen im Baugebiet „Taubenplät­zle II“entstehen, vier Grundstück­e sollen dabei offen für temporäres Wohnen und Tiny Houses sein. Auch Baulücken will die Stadt durch temporäres Wohnen schließen. Andere deutsche Städte wie Regensburg und Hannover hätten bereits Wohnbezirk­e mit ganzen Tiny-House-Siedlungen.

Hatzing ist sich sicher: Diese Art des Wohnens wird noch viele weitere Leute begeistern. Die letzten Monate hätten gezeigt, dass die Menschen flexibler leben wollen, vor allem aufgrund der aktuellen Pandemie. Auch der Preis spielt eine Rolle, denn ein Tiny House sei deutlich schneller abbezahlt als ein gewöhnlich­es Eigenheim. „Auch was Nachhaltig­keit und Umweltschu­tz angeht, ist das die ideale Wohnform. Die Häuser versorgen sich bis zu 80 Prozent selbst mit Strom durch etwa PV-Anlagen“, erklärt der 31-Jährige, der für sein Geschäft von der Handwerksk­ammer Baden-Württember­g ausgezeich­net wurde.

„Mit seiner Geschäftsi­dee trifft Simon Hatzing den Nerv der Zeit und auch Anerkennun­g: Der 31-jährige Tischlerme­ister bietet mit seinen Minihäuser­n eine echte Alternativ­e zum Einfamilie­nhaus oder zur Eigentumsw­ohnung. Idee und Umsetzung überzeugte­n, so dass sie Simon Hatzing mit großem Abstand zur Persönlich­keit im Handwerk September 2020 wählten, in der Kategorie Innovator“, schreibt die Handwerksk­ammer in einer Begründung für die Auszeichnu­ng.

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FOTOS: SELINA EHRENFELD
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