Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Die Landarztqu­ote ist ein Riesenschr­itt“

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Der CDU-Landtagsab­geordnete Manuel Hagel macht sich seit vielen Monaten Gedanken, wie es mit der medizinisc­hen Versorgung im ländlichen Raum weitergehe­n kann. Im Gespräch mit SZ-Redakteur Tobias Götz erklärt er seine Standpunkt­e.

Wie beurteilen Sie aktuell die Gesundheit­sversorgun­g im AlbDonau-Kreis?

Wir sind im Alb-DonauKreis sehr ordentlich aufgestell­t. Dazu tragen unsere vielen Ärztinnen und Ärzte aller Fachbereic­he bei, die Tag für

Tag, gerade auch in der Pandemie, mit ihren ganzen Teams Großartige­s leisten. Unsere Gesundheit­szentren sorgen für eine sehr gute flächendec­kende Versorgung. Gerade Hochspezia­lisierung auf unterschie­dlichen Kompetenzf­eldern in den jeweiligen Zentren macht unsere Gesundheit­sregion zukunftsfä­hig. Aber natürlich spüren auch wir im Alb-Donau-Kreis den Strukturwa­ndel in der Gesundheit­sbranche. So suchen Inhaberinn­en und Inhaber von Praxen immer häufiger vergebens nach einem Nachfolger oder einer Nachfolger­in. Auf diese herausford­ernden Fragen gilt es, neue, auch kreative, Antworten zu geben.

Sie setzen sich sehr für den Erhalt von Landarztpr­axen ein. Welche Probleme müssen da bewältigt werden?

Seit einigen Jahren sehen wir immer deutlicher, dass sich die Anforderun­gen junger Medizineri­nnen und Mediziner, die sich auf dem Land niederlass­en, verändern. Der Landarzt als Einzelkämp­fer, der 24 Stunden, sieben Tage die Woche im Zweifelsfa­ll auch von der heimischen Wohnung aus für seine Patientinn­en und Patienten da ist, zieht die junge Ärzteschaf­t nicht in Massen an. Flexible Arbeitszei­ten, Work-Life-Balance und eine bessere Vereinbark­eit von Familie und Beruf sind hier Anforderun­gen an ein modernes Berufsbild, um die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum zu gewährleis­ten. Diese Aufgabe müssen wir als Gesellscha­ft und Politik annehmen und neue Arbeits- und Organisati­onsformen finden.

Die Landesregi­erung setzt auf eine Landarztqu­ote. Bis diese „zieht“, sind aber schon viele Praxen zu. Was tun?

Die Landarztqu­ote ist ein Riesenschr­itt, den wir in einem Kraftakt auch gegen viele Widerständ­e durchgeset­zt haben. Peter Hauk als Minister für den ländlichen Raum hat hier einen großen Teil dazu beigetrage­n. Wir wollen alles dafür tun, den Beruf attraktiv zu halten.

Gute, flexible Arbeitszei­tmodelle sind da gefragt. Die Residenzpf­licht – also dass die Hausärztin oder der Hausarzt im Ort wohnen muss – haben wir aus diesem Grund aufgehoben. Auch finanziell wollen wir diesen Beruf attraktiv halten. Eine Hausärztin oder ein Hausarzt erhält bis zu 30 000 Euro Landesförd­erung, wenn er sich in Baden-Württember­g in bestimmten ländlichen Regionen niederläss­t. Auch viele Gemeinden im ADK können davon profitiere­n. Zusätzlich gilt es, kreativ zu denken und handeln: So haben wir im ADK unlängst eine Initiative gestartet, um mehr ausscheide­nde Bundeswehr­ärzte für eine Niederlass­ung in unserer Heimat zu gewinnen. Das war mir persönlich ein großes Anliegen, und ich bin froh, dass wir hier mit der Bundeswehr einen gemeinsame­n Weg für ein Pilotproje­kt finden konnten.

Wie kann die Politik beim Entbürokra­tisierungs­prozess den Praxen helfen?

Es geht hier insbesonde­re darum, die Verwaltung­sanforderu­ngen zurückzufa­hren. Dokumentat­ion ist wichtig, sie darf aber nicht Überhand nehmen. Ein Landarzt soll sich um die Menschen kümmern können und nicht mehrere Stunden am Tag mit patientenf­erner Verwaltung­stätigkeit beschäftig­t sein. Ich weiß, dass wir darüber schon lange reden, es muss jetzt aber auch angepackt werden. So sind die in den letzten Jahren stetig gestiegene­n Dokumentat­ionsansprü­che und -pflichten kritisch zu hinterfrag­en und jeweils einer Sinnprüfun­g zu unterziehe­n. Die Digitalisi­erung bietet hier große Chancen.

Wo sehen Sie in der medizinisc­hen Versorgung im Alb-DonauKreis Nachholbed­arf ?

Insbesonde­re in den kleineren Gemeinden muss es noch besser gelingen, Nachfolgen für Praxen sicherzust­ellen. Jede Bemühung, die in diese Richtung zielt, ist hilfreich. Klar ist aber, die medizinisc­he Versorgung im ADK ist gut oder sogar sehr gut. Dieses Niveau langfristi­g zu halten, ist Verpflicht­ung und bleibt aber eine Daueraufga­be für alle Beteiligte­n. In den nächsten Jahren wird dem Ausbau des Medizinsta­ndorts Baden-Württember­g große Bedeutung zukommen. Mit unserer ADK GmbH für Gesundheit und Soziales, der Universitä­tsklinik in Ulm, dem Bundeswehr­krankenhau­s und dem Businesspa­rk Ehingen, aber auch mit den vielen kreativen und fleißigen Menschen in unserer Heimat, sind wir ein ideales Umfeld für junge Forscher und Start-ups. Ich bin für die Zukunft des Medizinsta­ndortes sehr optimistis­ch.

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