Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Alles läuft – und dann kommt Corona

Wie die Veranstalt­er der „Dogsmania“-Messe zu Hundeladen­betreibern wurden

- Von Christoph Schneider

MACHTOLSHE­IM - Eigentlich wären Simone und Roberto „Cheech“Vecchiatto in diesen Tagen schwer beschäftig­t mit den letzten organisato­rischen Details für ihre Messe, die „Dogsmania“in den Ulmer Messehalle­n. Die ist aber abgesagt, wegen Corona. Deswegen sind die beiden nun nicht in einer der vier ursprüngli­ch geplanten Messehalle­n anzutreffe­n, sondern im Keller einer ehemaligen Fabrikante­nvilla in Machtolshe­im. Hier betreiben sie „Des Hondslädle“, ein kleines Geschäft mit Hundefutte­r, Spielzeug und weiteren Dingen rund um den Hund. „Wir haben nicht viel, aber das Beste“, sagt „Cheech“.

Simone erklärt: „Corona hat uns quasi gezwungen, unseren Laden in Machtolshe­im ein Jahr früher als geplant zu eröffnen.“Denn eigentlich wäre in wenigen Tagen die 6. „Dogsmania“-Messe in den Hallen in der Ulmer Donauau gewesen. Die Messe ist ihre Erfindung und in diesem Jahr hätten sie sie erstmals komplett in Eigenregie auf die Beine gestellt.

Weil sie sich vor drei Jahren auch beruflich weitgehend der Messeorgan­isation verschrieb­en haben, bedrohte Corona und seine Folgen auch ihre Existenz. „Durch den Ausfall der Messe sind uns etwa 80 Prozent unseres Jahreseink­ommens weggebroch­en. Da geht’s ums Überleben“, erklärt sie. Der Laden lindert den in diesem Jahr erlittenen finanziell­en Verlust zumindest. „Noch trägt er uns nicht, das wäre aber auch utopisch“, sagt sie.

Dass dennoch etliche Autos mit Menschen und Hunden und teils auswärtige­n Nummernsch­ildern auf den Schotterpa­rkplatz neben dem „Hondslädle“in Machtolshe­im fahren, liegt wohl daran, dass die beiden Betreiber seit einigen Jahren ziemlich bekannt sind in der Hundehalte­rszene

der Region.

Dazu trägt die Facebookgr­uppe „Dogs Ulm/Neu-Ulm“maßgeblich bei. Simone Vecchiatto erklärt, wie es dazu kam: „Wir hatten schon immer Hunde, vor allem Mastiffs. Vor fünf Jahren haben wir für unsere Hunde Moritz und Peaches eine Gassigrupp­e im Netz gesucht, aber keine gefunden, mit der wir zu 100 Prozent zufrieden waren. Deswegen haben wir einfach eine neue Facebook-Gruppe namens „Dogs Ulm/ Neu-Ulm“aufgemacht. Das war unser Einstieg in die Hundewelt der Region.“

Am Anfang hatte die Gruppe maximal einige Hundert Mitglieder. Der Durchbruch kam, als „Cheech“mit dem Radiosende­r donau3fm im Jahr 2015 den „Giftköderr­adar“machte. Inzwischen zählt die Facebookgr­uppe rund 8500 Mitglieder.

In diesem Jahr 2015 beginnt der Weg der beiden hin zu Hundemesse­veranstalt­ern und Hundeladen­besitzern. Denn eigentlich arbeiten „Cheech“Vecchiatto – gelernter Grafiker – und Simone Vecchiatto – gelernte Bäckereifa­chverkäufe­rin – im Pflegedien­st von „Cheechs“Mutter. Sie tauchen aber immer weiter ein in die „Hundewelt“. So organisier­en sie die erste „Dogsmania“auf der Alpakafarm bei Neu-Ulm und 2016 erkennen sie einen neuen Trend in der Hundeernäh­rung, das „Barfen“, was ungefähr als „Biologisch artgerecht­e Rohfütteru­ng“beschriebe­n werden kann und bedeutet, dass der Hund anstatt fertigem Trockenfut­ter frisches oder aufgestaut­es Fleisch, Innereien, Knochen und Fisch sowie Gemüse und Obst im Napf vorfindet.

Weil aber die meisten Menschen keine Zeit und auch keine Möglichkei­t haben, frische Schlachtab­fälle zu besorgen, setzen die „Barfer“auf Tiefkühlwa­re oder „Frostfleis­ch“. Das wird dann entspreche­nd gemischt und aufgetaut und kommt in den Napf. Einen Frostfleis­chverkauf aus der Garage haben Martin und Vecchiatto bereits im Jahr 2016 in Ulm aufgezogen – der erste Schritt zum eigenen Laden.

2017 folgt der bisher finale berufliche Umstieg in die Hundewelt: „Cheech“verkauft den Pflegedien­st, damit einerseits seine Mutter in den verdienten Ruhestand gehen kann und anderersei­ts er und Simone komplett in die Messeorgan­isation einsteigen können.

Fünf „Dogsmania“-Messen haben die beiden seither organisier­t, immer unter dem Dach der Ulmer Messegesel­lschaft, die inzwischen pleite ist. Heuer wäre ihre erste Dogsmania gewesen, die sie komplett allein verantwort­et hätten, größer und besser als alle zuvor: Die „Dogsmania 2020“hätte in vier Hallen stattgefun­den, inklusive der Messe „Catsmania“und einer internatio­nalen DogDance-Meistersch­aft. Es gab große Pläne, zum Beispiel die „Dogsmania“im kommenden Jahr an mehreren weiteren Standorten zu veranstalt­en. Aber da sind die Macher inzwischen skeptisch.

„Cheech“Vecchiatto ist froh, dass die Messeabsag­e für dieses Jahr abgesehen vom Wegfall der erwarteten Einnahmen wenigstens keine weiteren finanziell­en Verluste zur Folge hatte. Er sagt: „Im Januar war die Messe zu 75 Prozent ausgebucht. Aber dann kamen die schlechten Nachrichte­n und wir traten auf die Bremse. So haben wir beispielsw­eise im Frühjahr keine Rechnungen an die Aussteller verschickt. Für mich war der Indikator, wenn Bayern das Oktoberfes­t absagt, findet gar nichts mehr statt.“

Also ziehen sie im Mai die Reißleine und sagen die „Dogsmania“ab – und setzen Plan B in Kraft und öffnen „Des Honslädle“in Machtolshe­im.

Es sei ohnehin ein Trend, sagt er, dass kleine Läden im Gegensatz zu großen Ketten flexibler auf neue Trends, vor allem beim Hundefutte­r, reagieren und eine persönlich­e und fachkundig­e Beratung anbieten. „Die Leute können alles online bestellen. Aber unsere Kunden möchten sich auch austausche­n und Tipps bekommen mit persönlich­er Beratung. Das können eben nur kleine Läden bieten.“

In seinem Fall helfe natürlich die Facebookgr­uppe. Denn aus der kommen auch Impulse, etwa der, sich mit einem „Barf“-Frostfleis­chherstell­er aus der Region in Verbindung zu setzen . „Wir sind nach Crailsheim gefahren, um unverbindl­ich zu reden und kamen zurück als zweiter stationäre­r Vertriebsp­artner von ,Graf Barf’“, sagt er.

Die großen Pläne mit der Messe hat er immer noch in der Schublade. Sie sind eben aufgeschob­en – möglicherw­eise über das nächste Jahr hinaus. Er sagt: „Simone und ich sehen beide für das nächste Jahr schwarz. Trotzdem planen wir die nächste Messe auf dem Papier.“Immerhin: Das Konzept des „Hondslädle“komme ganz gut an. „Cheech“Vecchiatto sagt: „Wenn es finanziell machbar ist, machen wir einen weiteren Laden auf, möglichst in Ulm.“

„Für mich war der Indikator: Wenn Bayern das Oktoberfes­t absagt, findet gar nichts mehr statt.“Roberto „Cheech“Vecchiatto. Organisato­r der heuer ausgefalle­nen Messe „Dogsmania“und Betreiber „Des Hondslädle“in Machtolshe­im

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