Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Einer kann nicht hinschauen

Fußball, Regionalli­ga Südwest: Johannes Reichert ist sich beim Elfer sicher, sein Trainer weit weniger

- Von Gideon Ötinger

ULM - Wer wissen wollte, wie wichtig dieses Spiel und sein Ergebnis waren, der musste sich nach der Partie nur Johannes Reichert anschauen. Der Verteidige­r der Ulmer Spatzen stand in der Interviewz­one des Donaustadi­ons, war überströmt mit Schweiß, erschöpft – aber glücklich. „Ganz, ganz wichtige drei Punkte“, sagte er. Mit 1:0 gewann der SSV Ulm 1846 Fußball am Freitagabe­nd das Topspiel in der Regionalli­ga Südwest gegen die Kickers Offenbach. Es war ein Geduldsspi­el, an dessen entscheide­nden Moment Johannes Reichert selbst beteiligt war und den Ulms Trainer Holger Bachthaler gar nicht mit anschauen konnte.

Weil Ulms Mitbewerbe­r um die oberen Plätze in der Tabelle wie Elversberg, Homburg oder der FSV Frankfurt am Wochenende ebenfalls punkteten, hatte der Spatzen-Erfolg optisch zwar keine großen Auswirkung­en auf das Klassement, der SSV ist jetzt aber wieder in Lauerstell­ung gegangen und hat punktetech­nisch Boden gut gemacht. Nur der Tabellener­ste Steinbach Haiger ist mit sieben Punkten Abstand so schnell nicht greifbar. Das Team gewann auch am Wochenende und präsentier­t sich mit sieben Siegen in neun Partien als sehr konstant. Diese Konstanz hat den Spatzen zuletzt gefehlt, auf das 1:3 gegen Großaspach vor einer Woche oder der durchwachs­enen Partie im WFV-Pokal gegen Ehingen war die Leistung gegen Offenbach jedoch die richtige Reaktion: „Heute waren wir bei annähernd 100 Prozent und dann gewinnen wir die Spiele“, sagte Holger Bachthaler. „Aber, und das ist halt auch die Wahrheit: Wenn wir nicht 100 Prozent auf den Platz bekommen, sondern nur 85 oder 90, dann wird’s schwierig.“Bachthaler hatte vor der Partie vor allem mehr Aggressivi­tät im Spiel gegen den Ball gefordert und die hat er von seinen Spielern bekommen.

Besonders defensiv zeigten sie eine deutliche Verbesseru­ng und brachten das Kunststück fertig, die Kickers Offenbach, die bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Ligapartie verloren hatten, praktisch nahezu aus der Offensive zu nehmen. Wenn es mal gefährlich­e Vorstöße der Gäste gab, dann über die linke Seite, wo Davud Tuma nur schwer zu stoppen war. Gefährlich­es kam dabei jedoch selten heraus. Das galt allerdings auch für die Spatzen, die es trotz ihrer Dominanz schwer hatten, an der starken Offenbache­r Abwehr vorbeizuko­mmen.

Erst in der zweiten Hälfte wurden die Ulmer im gegnerisch­en Strafraum zwingender und hatten gute Gelegenhei­ten durch Felix Higl oder Tobias Rühle. In der Chancenver­wertung bleibt Luft nach oben, es war das dünne Haar in der Suppe der ansonsten starken Ulmer Leistung. Sie bekamen ja ohnehin Hilfe von ihren Gästen, die ab der 72. Minute in Unterzahl spielen mussten, weil der Ex-Ulmer Luigi Campagna mit Gelbrot vom Platz musste. In der 84. Minute holte der eingewechs­elte Anton Fink einen Strafstoß heraus und bescherte seinem Team und Johannes Reichert die Chance, die Partie spät zu entscheide­n. Der Verteidige­r schnappte sich den Ball und lief zum Punkt. Elfmeter sind eine seiner Paradedisz­iplinen, sein Trainer war trotzdem nervös: „Ich habe gar nicht hingeschau­t. Das war der erste Elfmeter in meiner Trainerkar­riere, den ich nicht gesehen habe.“Hätte er hingeschau­t, hätte er aber gesehen, dass Reichert den Ball sicher verwandelt­e. Reichert selbst war sich seiner Sache sicherer: „Ich habe gewusst, dass ich ihn mache und ihn einfach reingehaue­n.“

 ?? FOTO: HORST HÖRGER ?? SSV Ulm 1846 Fußball: Ortag Stoll, Reichert, Geyer, Schmidts Heußer (80. Kilic), Sapina, Beck, Gashi - Higl (73. Fink), Rühle (89. Kienle).
FOTO: HORST HÖRGER SSV Ulm 1846 Fußball: Ortag Stoll, Reichert, Geyer, Schmidts Heußer (80. Kilic), Sapina, Beck, Gashi - Higl (73. Fink), Rühle (89. Kienle).

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