Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Macron greift durch

Nach Attentat auf Lehrer geht Frankreich härter gegen islamistis­chen Terror vor

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PARIS (dpa) - Nach der brutalen Ermordung eines Lehrers verschärfe­n Frankreich­s Staatschef Emmanuel Macron und die Mitte-Regierung ihr Vorgehen gegen den radikalen Islamismus. Wie Innenminis­ter Gérald Darmanin am Montag im Radiosende­r Europe 1 sagte, gab es zahlreiche Polizeiein­sätze gegen „Dutzende Personen“aus dem radikalisi­erten Milieu. Einsätze dieser Art sollten in den kommenden Tagen fortgesetz­t werden.

Der 47 Jahre alte Geschichts­lehrer Samuel Paty war am Freitag in einem Vorort nordwestli­ch von Paris auf offener Straße enthauptet worden. Der 18 Jahre alte Tatverdäch­tige mit russisch-tschetsche­nischen Wurzeln wurde von der Polizei erschossen. Kurz nach der Tat hatte dieser im Netz noch damit geprahlt und geschriebe­n, der Pädagoge habe den Propheten Mohammed herabgeset­zt. Der Lehrer hatte zum Thema Meinungsfr­eiheit Mohammed-Karikature­n im Unterricht gezeigt. Daraufhin mobilisier­te der Vater einer Schülerin massiv im Netz gegen ihn. Macron sprach unmittelba­r nach dem Verbrechen von einem islamistis­chen Terrorakt.

Innenminis­ter Darmanin sagte, dass der Vater, der im Netz gegen den Lehrer mobilisier­t hatte, und andere „eine Fatwa gegen den Lehrer erlassen“hätten. Es gebe kein anderes Wort. Eine Fatwa ist im Islam eine Rechtsausk­unft, um ein religiöses oder rechtliche­s Problem zu klären. Weltweit negative Schlagzeil­en machte der Begriff, als der iranischen Revolution­sführer Ajatollah Khomeini 1989 eine Todesdrohu­ng gegen den britischen Schriftste­ller Salman Rushdie wegen Gottesläst­erung aussprach.

Anti-Terror-Ermittler nahmen nach Angaben der Nachrichte­nagentur AFP 15 Menschen in Gewahrsam, um mehr Informatio­nen über den Tatverdäch­tigen zu bekommen. Unter ihnen waren auch vier Mittelstuf­enschüler. Der Tageszeitu­ng „Le Monde“zufolge hatte sich der Terrorverd­ächtige vor der Schule gegen Zahlung von Geld über den Lehrer erkundigt.

Der Tod des Pädagogen Paty bewegt ganz Frankreich, das seit Jahren vom islamistis­chen Terrorismu­s erschütter­t wird. Zehntausen­de Menschen waren am Sonntag unter dem Motto „Je suis Samuel“oder „Je suis Prof“(„Ich bin Lehrer“) auf die Straße gegangen, um für Meinungsfr­eiheit einzutrete­n. Bei islamistis­chen Terroransc­hlägen wurden in den vergangene­n Jahren im Land mehr als 250 Menschen getötet.

Ein Verteidigu­ngsrat unter Vorsitz Macrons beschloss am Sonntagabe­nd, die Sicherheit im Schulberei­ch zu verbessern. Wie Élyséekrei­se berichtete­n, sollen zudem Online-Plattforme­n verstärkt überwacht werden, um bei Gewaltaufr­ufen schneller eingreifen zu können. Der Anschlag löste eine breite politische Debatte aus.

Macron hatte bereits zu Monatsbegi­nn in einer Rede angekündig­t, stärker gegen den „radikalen Islamismus“vorzugehen. Dieser versuche, im Land eine Parallelge­sellschaft mit anderen Werten zu errichten. Macron kündigte damals an, es werde künftig einfacher für die Behörden sein, Vereine aufzulösen. Innenminis­ter Darmanin will nach eigenen Angaben die Vereine CCIF (Collectif contre l'islamophob­ie en France) und Baraka City auflösen.

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FOTO: GONZALEZ/IMAGO IMAGES Der Tod des Pädagogen Paty bewegt ganz Frankreich, das seit Jahren vom islamistis­chen Terrorismu­s erschütter­t wird.

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